Evaluation des Fernbusmarktes: Lenkzeiten zu häufig überschritten

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17.02.2017, ergänzt am 18.02.2017

„Bei Verkehrssicherheit kein Auge zudrücken“

Vier Jah­re nach der Libe­ra­li­sie­rung des Fern­bus­mark­tes liegt ein Bericht der Bun­des­re­gie­rung vor. Eine Fest­stel­lung: Zu vie­le Ver­stö­ße gegen die Lenk- und Ruhe­zei­ten der Fah­rer.

25 Mil­lio­nen Fahr­gäs­te haben im Jahr 2016 den Fern­bus genutzt. Der Fern­bus­markt blickt in sei­ner kur­zen Geschich­te auf dem libe­ra­li­sier­ten Markt auf eine stür­mi­sche Ent­wick­lung zurück: Erheb­li­che Fahr­gast­zu­wäch­se, wenn­gleich sich die Kur­ve inzwi­schen deut­lich abge­flacht hat. Neue Unter­neh­men ent­stan­den und ver­schwan­den wie­der, meist durch Über­nah­men. Inzwi­schen ist Flix­bus das markt­be­herr­schen­de Unter­neh­men. Nach wie vor posi­tiv: Die Fern­bus­se bie­ten eine ver­hält­nis­mä­ßig umwelt­freund­li­che, in der Öko­bi­lanz durch­aus mit der Bahn ver­gleich­ba­re, Mobi­li­tät an und stel­len auch wegen ihrer güns­ti­gen Prei­se eine Kon­kur­renz zur Auto­mo­bi­li­tät dar. Außer­dem bin­den die Fern­bus­li­ni­en auch klei­ne­re Orte an, die vom Schie­nen­fern­ver­kehr nicht ange­fah­ren wer­den. Die Fern­bus­se sind damit ein star­kes Pfund in der Fami­lie umwelt­ver­träg­li­cher Ver­kehrs­mit­tel.

Zurück zum Bericht der Bun­des­re­gie­rung: § 66 des im Jahr 2012 geän­der­ten Per­so­nen­be­för­de­rungs­ge­set­zes (PBefG) hat die Bun­des­re­gie­rung ver­pflich­tet, dem Bun­des­tag zum 01.01.2017 eine umfas­sen­de Eva­lua­ti­on zu der Geset­zes­än­de­rung vor­zu­le­gen (ins­be­son­de­re im Hin­blick auf die Arbeits­be­din­gun­gen für das Fahr­per­so­nal). Das Bun­des­ver­kehrs­mi­nis­te­ri­um lie­fer­te den Bericht – wie bei ver­gleich­ba­ren Ange­le­gen­hei­ten so oft – nicht frist­ge­recht. Nach einer Beschwer­de unse­rer Frak­ti­on (http://www.fr-online.de/wirtschaft/fernbusse-dobrindt-tritt-auf-die-bremse,1472780,35128574.html) haben wir den Bericht inzwi­schen erhal­ten. Der Bericht ist die Grund­la­ge für etwa­ige wei­te­re Anpas­sun­gen des Rechts­rah­mens.

In Bezug auf die Fern­bus­se beson­ders inter­es­sant sind aus unse­rer Sicht die neu­en, lei­der wenig erfreu­li­chen Zah­len zu Ver­stö­ßen gegen die Lenk- und Ruhe­zei­ten. Dem­nach hat sich der Anteil der bei Kon­trol­len fest­ge­stell­ten Ver­stö­ße von 2014 auf 2015 (von 14 auf 32 Pro­zent; 2013: 22 Pro­zent) ver­dop­pelt. 2015 wur­de bei jedem drit­ten kon­trol­lier­ten Fern­bus also ein Ver­stoß fest­ge­stellt, was eine deut­lich höhe­re Quo­te dar­stellt als im Per­so­nen­ver­kehr ins­ge­samt sowie im Güter­ver­kehr. Die Bun­des­re­gie­rung kri­ti­siert dies zwar, zieht aber kei­ne Kon­se­quen­zen. Ich habe die Bun­des­re­gie­rung in der Fra­ge­stun­de des Bun­des­ta­ges auf die­se kri­ti­sche Ent­wick­lung ange­spro­chen. Für die Kon­trol­len sieht sie die Län­der in der Pflicht.

Gegen­über der Pres­se habe ich die Fest­stel­lung der Bun­des­re­gie­rung im Eva­lua­ti­ons­be­richt wie folgt kom­men­tiert:

Der sprung­haf­te Anstieg bei den Ver­stö­ßen gegen die Lenk- und Ruhe­zei­ten ist alar­mie­rend. Wäh­rend die Fern­bus­se für vie­le Men­schen attrak­ti­ve Mobi­li­täts­an­ge­bo­te geschaf­fen haben, besteht bei der Ein­hal­tung sicher­heits­re­le­van­ter Vor­schrif­ten drin­gen­der Hand­lungs­be­darf. Bei Fra­gen der Ver­kehrs­si­cher­heit darf Alex­an­der Dob­rindt kein Auge zu drü­cken. Die Bun­des­re­gie­rung muss sicher­stel­len, dass die Ver­kehrs­si­cher­heit an ers­ter Stel­le steht und die Lenk- und Ruhe­zei­ten ein­ge­hal­ten wer­den. Das Bus­ge­wer­be nur auf­zu­ru­fen, sich künf­tig zu bes­sern, reicht nicht aus. Die Bun­des­re­gie­rung muss auch den Rechts­rah­men sowie die Sank­ti­ons­mög­lich­kei­ten auf den Prüf­stand stel­len.

Dass sich die Bun­des­re­gie­rung in ihrem Bericht nicht kri­tisch mit der zuneh­men­den Mono­po­li­sie­rung auf dem Fern­bus­markt aus­ein­an­der­ge­setzt hat, ist eine ver­pass­te Chan­ce.