Für mehr Radverkehr hochschalten statt ausbremsen!

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Rad-Forum 15.04.2016

12.05.2016

Am Mor­gen des Fahr­rad-Forums hat die grü­ne Bun­des­tags­frak­ti­on eine klei­ne Rad­tour durch Ber­lin unter­nom­men, um für eine ande­re Rad­ver­kehrs­po­li­tik zu wer­ben.

 

Grünes Fahrrad-Forum im Bundestag: Hochschalten statt ausbremsen!

Im April 2016 hat die grü­ne Bun­des­tags­frak­ti­on das 1. Fahr­rad-Forum ver­an­stal­tet und damit ver­deut­licht: Wir wol­len den Rad­ver­kehr zu einem zen­tra­len ver­kehrs­po­li­ti­schen The­ma in Deutsch­land machen. Rund 140 Exper­tIn­nen und Inter­es­sier­te aus Poli­tik, Ver­kehrs­welt und Fahr­rad­sze­ne sind der Ein­la­dung in den Bun­des­tag gefolgt und haben über unser grü­nes The­sen­pa­pier “Für einen Neu­start in der Rad­po­li­tik” dis­ku­tiert. Beson­de­re Beach­tung fan­den auch die The­men Fahr­rad­in­fra­struk­tur, Stra­ßen­ver­kehrs­recht und die wirt­schaft­li­che Bedeu­tung des Fahr­rads. Aus der Frak­ti­on waren unser Vor­sit­zen­der Toni Hof­rei­ter, der ver­kehrs­po­li­ti­sche Spre­cher Ste­phan Kühn, der umwelt­po­li­ti­sche Spre­cher Peter Mei­wald und ich mit von der Par­tie.

In der Debat­te wur­de deut­lich, dass die Ver­kehrs­la­ge in Deutsch­land im Wan­del ist. Immer mehr Men­schen nut­zen das Fahr­rad auch im All­tag, weil es bequem, schnell, gesund und güns­tig ist. 82 Pro­zent der Deut­schen wün­schen sich in Städ­ten weni­ger Autos und mehr Rad­ver­kehr, Zufuß­ge­hen und ÖPNV, wie Mar­tin Schmied vom Umwelt­bun­des­amt berich­te­te. Für die Blog­ge­rin Andrea Reidl ist das Fahr­rad heu­te zumin­dest in der Stadt ein Syn­onym für Frei­heit und Unab­hän­gig­keit. Das Auto ste­he hin­ge­gen für Stau, Park­platz­su­che und hohe Kos­ten.

In wei­te­ren Wort­bei­trä­gen wur­de deut­lich, dass der Mobi­li­täts­wan­del gesell­schaft­lich stär­ker akzep­tiert und prak­ti­ziert wird, als es wei­te Tei­le der Poli­tik bis­lang nach­voll­zie­hen. Ins­be­son­de­re die Bun­des­re­gie­rung ist hier nicht auf der Höhe der Zeit wie auch die Aus­füh­run­gen des par­la­men­ta­ri­schen Staats­se­kre­tärs Nor­bert Barth­le ver­deut­lich­ten. Barth­le sprach sich gegen mehr Tem­po 30 in Städ­ten, gegen Ent­schei­dungs­frei­heit der Kom­mu­nen in die­ser Fra­ge und gegen die Auf­nah­me von über­re­gio­na­len Rad­we­gen in den Bun­des­ver­kehrs­we­ge­plan aus. Das sind anti­quier­te Posi­tio­nen, die Geschwin­dig­keit höher bewer­ten als Ver­kehrs­si­cher­heit und die Akzep­tanz der Men­schen vor Ort. Und das, obwohl bereits heu­te die real gefah­re­ne Durch­schnitts­ge­schwin­dig­keit in deut­schen Städ­ten deut­lich unter 30 km/h liegt, wie ADFC-Bun­des­ge­schäfts­füh­rer Burk­hard Stork anmerk­te.

Um mehr Men­schen das Rad­fah­ren zu ermög­li­chen, ist die Erneue­rung der Rad­in­fra­struk­tur eine wesent­li­che Stell­schrau­be. Gute Infra­struk­tur pro­du­ziert gute Rad­fah­re­rIn­nen! Das zei­gen nicht nur bekann­te Bei­spie­le aus dem Fahr­rad­land Nie­der­lan­de oder aus Kopen­ha­gen. Aktu­ell ent­wi­ckelt sich zum Bei­spiel New York City in rasan­tem Tem­po zur Fahr­rad­stadt.

In Deutsch­land ist die Rad­in­fra­struk­tur in vie­len Städ­ten und Regio­nen – sofern über­haupt vor­han­den – nicht auf dem aktu­el­len Stand der Tech­nik. Die Hälf­te aller Deut­schen fühlt sich beim Rad­fah­ren nicht sicher. Schlech­te und unsi­che­re Rad­we­ge hal­ten die Men­schen von der Nut­zung des Fahr­ra­des ab. Es gibt aber auch in Deutsch­land posi­ti­ve Bei­spie­le und Ent­wick­lun­gen: Stadt­bau­rat Thi­mo Wei­tem­ei­er berich­te­te dar­über, wie es der 50.000-Einwohner Stadt Nord­horn im Ems­land durch akti­ve Rad­po­li­tik gelun­gen ist, einen Rad­an­teil von fast 40 Pro­zent aller Wege zu errei­chen. Im Ruhr­ge­biet ist das größ­te deut­sche Rad­schnell­weg-Pro­jekt im Bau, der RS1. Wenn der RS1 in vier Jah­ren voll­stän­dig fer­tig­ge­stellt ist, soll er eine 100 Kilo­me­ter lan­ge „Auto­bahn für Rad­fah­rer“ bie­ten. Mit dem Pedelec wer­den Rad­schnell­we­ge zur per­fek­ten Pend­ler­ver­bin­dung – die­ses Poten­ti­al muss eine klu­ge Kli­ma- und Ver­kehrs­po­li­tik in den nächs­ten Jah­ren heben.

Der Bund könn­te bei der Rad­för­de­rung und dem Aus­bau der Infra­struk­tur viel akti­ver wer­den als dies aktu­ell der Fall ist. Dies zeigt auch ein von der grü­nen Bun­des­tags­frak­ti­on in Auf­trag gege­be­nes Rechts­gut­ach­ten, das beim Fahr­rad-Forum dis­ku­tiert wur­de. Durch ein „Inves­ti­ti­ons­för­der­pro­gramm“ für Rad­we­ge könn­te der Bund die Län­der und Kom­mu­nen beim Aus­bau der Rad­we­ge unter­stüt­zen. Zudem ist der Bund auch bei sei­nen „eige­nen“ Bun­des­stra­ßen gefragt: Aktu­ell besit­zen näm­lich nur 39 Pro­zent aller Bun­des­stra­ßen beglei­ten­de Rad­we­ge. Fer­ner wür­den von ver­bind­li­chen und ambi­tio­nier­ten rad­po­li­ti­schen Ziel­set­zun­gen wich­ti­ge Impul­se für das gan­ze Land aus­ge­hen. Auch das Mit­den­ken und Pla­nen von über­re­gio­na­len Rad­we­gen im Bun­des­ver­kehrs­we­ge­plan ist gebo­ten. Denn durch die stau­ent­las­ten­de Wir­kung von Rad­schnell­we­gen könn­te so man­cher Auto­bahn­aus­bau ersetzt wer­den und enor­me Kos­ten ein­ge­spart wer­den. Aus grü­ner Sicht muss der Bund die­se Spiel­räu­me nut­zen, weil Rad­ver­kehr nicht nur für bes­se­re Luft und weni­ger Lärm sorgt, son­dern auch öko­no­misch und sozi­al ist.

Als wei­te­res wich­ti­ges Hand­lungs­feld iden­ti­fi­zier­ten die Exper­ten im Bereich des PKW-Par­kens in der Stadt. Das Zupar­ken von Rad- und Geh­we­gen nimmt immer stär­ker zu, auch weil die Buß­gel­der im euro­päi­schen Ver­gleich sehr gering sind und vie­len Ord­nungs­äm­tern das Per­so­nal zur Kon­trol­le fehlt. Auch Thie­mo Schalk vom BMW-Kom­pe­tenz­zen­trum für urba­ne Mobi­li­tät war der Ansicht, dass es zu vie­le gepark­te Autos in den Städ­ten gebe, die den öffent­li­chen Raum ver­sper­ren. Car­sha­ring und ein bes­se­res Park­raum­ma­nage­ment sei­en die Instru­men­te, um die Autos raus den Städ­ten zu bekom­men. Davon wür­den alle Men­schen pro­fi­tie­ren.