Leserbrief zur demokratischen Legitimation von Stuttgart 21

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Ver­öf­fent­licht in der Fil­der-Zei­tung am 05.09.2015

Kritisch begleiten

Zu den Leser­brie­fen auf den Arti­kel „Gastel kri­ti­siert Eier­tanz um die S‑21-Bau­pha­se”, Fil­der-Zei­tung vom 18. August:

Wer etwas ändern will, benö­tigt in einer Demo­kra­tie Mehr­hei­ten. In den gewähl­ten Gre­mi­en der Stutt­gart 21-Pro­jekt­part­ner, dem Gemein­de­rat der Lan­des­haupt­stadt, dem Ver­band Regi­on Stutt­gart und dem Land­tag ste­hen nach wie vor Mehr­hei­ten von über 70 Pro­zent unein­ge­schränkt für das Mil­li­ar­den­pro­jekt – inklu­si­ve der Anbin­dung des Flug­ha­fens durch Gäu­bahn-Fern­zü­ge über die Glei­se der S‑Bahn.

Im Bun­des­tag muss ich immer wie­der erle­ben, dass es noch nicht ein­mal die Bereit­schaft bei Uni­on und SPD dafür gibt, sich ernst­haft mit kri­ti­schen Fra­gen zu befas­sen. Das Mehr­heits­prin­zip gilt auch dann, wenn der Sinn die­ser Flug­ha­fen­an­bin­dung nicht belegt und eine Gefähr­dung der Zuver­läs­sig­keit der S‑Bahnen nicht wider­legt wer­den konn­te. Dass mit einem drit­ten Gleis am Flug­ha­fen und einer leis­tungs­fä­hi­gen Rohrer Kur­ve aller­dings Kon­flikt­punk­te ent­schärft wur­den, kann nicht igno­riert wer­den. Hier hat Ver­kehrs­mi­nis­ter Win­fried Her­mann das Maxi­mum des­sen her­aus­ge­holt, was ange­sichts der beschrie­be­nen Mehr­heits­ver­hält­nis­se bei den Pro­jekt­part­nern und eines ver­track­ten Finan­zie­rungs­ver­tra­ges mög­lich war.

Da for­dert eine der Leser­brief­schrei­be­rin­nen mehr direk­te Demo­kra­tie. Grün-Rot hat den Bür­ge­rin­nen und Bür­gern das ers­te Mal in der Lan­des­ge­schich­te die Mit­be­stim­mung in einer Sach­fra­ge – näm­lich der Mit­fi­nan­zie­rung von Stutt­gart 21 durch das Land in Höhe von fast einer Mil­li­ar­de Euro – ermög­licht. Inten­siv hat­ten Befür­wor­ter wie Geg­ner des Bahn­pro­jek­tes im Vor­feld die Gele­gen­heit, mit ihren Argu­men­ten für ein “Ja” bzw. “Nein” zum Aus­stieg aus der Mit­fi­nan­zie­rung zu wer­ben. Der Aus­gang ist bekannt. Wir Grü­nen hat­ten für ein ande­res Ergeb­nis gekämpft. Der Mehr­heits­wil­len ist aber unter Demo­kra­ten zu akzep­tie­ren. Seit­her heißt es für uns Grü­ne, S 21 kri­tisch zu beglei­ten. Ich sel­ber mache dies mit zahl­rei­chen Bun­des­tags-Initia­ti­ven. Dabei geht es bei­spiels­wei­se um die Sicher­heits­ri­si­ken und betrieb­li­chen Ein­schrän­kun­gen durch die ein­ma­lig star­ke Gleis­nei­gung im geplan­ten Tief­bahn­hof in Stutt­gart und ande­re frag­wür­di­ge Aspek­te des zu Recht nach wie vor strit­ti­gen Mil­li­ar­den­pro­jek­tes.

Mat­thi­as Gastel, MdB, Fil­der­stadt