Messbare Veränderungen im Mobilitätsverhalten

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14.07.2018

Studie „Mobilität in Deutschland“

Nach 2002 und 2008 wur­de zum drit­ten Male im Rah­men einer umfang­rei­chen Befra­gung die Nut­zungs­in­ten­si­tät der ver­schie­de­nen Ver­kehrs­an­ge­bo­te unter­sucht. Die Stu­die wur­de vom Bun­des­ver­kehrs­mi­nis­te­ri­um beim Insti­tut für ange­wand­te Sozi­al­wis­sen­schaft beauf­tragt. Befragt wur­den zwi­schen Mai 2016 und Sep­tem­ber 2017 ins­ge­samt über 300.000 Per­so­nen.

Ver­än­de­rung der Mobi­li­tät ins­ge­samt

Gegen­über dem Jahr 2008 wur­den etwas weni­ger Wege zurück­ge­legt (3,1 statt 3,4 Wege pro Tag), dafür fie­len die­se etwas län­ger aus (39 statt zuvor 37 Kilo­me­ter pro Tag). Sie bean­spruch­ten unver­än­dert 1:19 Stun­den pro Tag. Der Rück­gang bei den zurück­ge­leg­ten Wegen fiel bei Kin­dern, Jugend­li­chen sowie bei Haus­hal­ten mit nied­ri­gem öko­no­mi­schen Sta­tus über­durch­schnitt­lich aus.

Unter den Ver­kehrs­trä­gern leg­ten Bus und Bahn sowie das Fahr­rad spür­bar zu.

Auto

Die pri­va­te Pkw-Flot­te ist auf 43 Mil­lio­nen Fahr­zeu­ge ange­wach­sen. Die Aus­stat­tung wächst vor allem in den ost­deut­schen Län­dern und in länd­li­chen Regio­nen. 78 Pro­zent der Haus­hal­te ver­fü­gen über min­des­tens ein Auto (die­ser Anteil ist leicht gesun­ken), in den Metro­po­len sind es 60 und außer­halb der Städ­te inzwi­schen 90 Pro­zent. Der durch­schnitt­li­che Pkw-Beset­zungs­grad liegt unver­än­dert bei etwa 1,5. Der Pkw-Füh­rer­schein­be­sitz hat sich leicht redu­ziert. 87 Pro­zent der ab 17-Jäh­ri­gen ver­fü­gen aktu­ell über einen sol­chen, zwei Pro­zent­punk­te weni­ger als noch im Jahr 2008. Der Anteil ver­rin­ger­te sich ins­be­son­de­re in der Grup­pe der unter 30-Jäh­ri­gen. Bei den Senio­ren und vor allem den Senio­rin­nen stieg der Anteil hin­ge­gen. Dazu heißt es in der Stu­die: „Wäh­rend die All­tags­mo­bi­li­tät ins­be­son­de­re in den jün­ge­ren Gene­ra­tio­nen nicht mehr so ganz ein­deu­tig vom Auto geprägt ist, wächst des­sen Bedeu­tung in der älte­ren Gene­ra­ti­on.“ Am häu­figs­ten nutzt übri­gens die Alters­grup­pe der 40- bis 49-Jäh­ri­gen das Auto. Die­se Gene­ra­ti­on sagt über sich auch am häu­figs­ten, dass sie ger­ne mit dem Auto fah­re.

Wie auch bei der Unter­su­chung im Jahr 2008, wur­den in 2017 43 Pro­zent der Wege mit dem Auto zurück­ge­legt. 2002 waren es 44 Pro­zent. Fürs Mit­fah­ren im Auto wur­den rück­läu­fi­ge Wege­an­tei­le von 16 (im Jahr 2002) über 15 auf nun­mehr 14 Pro­zent ermit­telt. Die Fahr­leis­tung, gemes­sen in Per­so­nen­ki­lo­me­ter, stieg bei den Selbst­fah­rern um 2,7 Pro­zent gegen­über den Jah­ren 2002 und 2008 an. Bei den Mit­fah­ren­den fiel sie hin­ge­gen auf das Niveau von 2002 zurück. Unter dem Strich ergab sich jedoch eine Zunah­me der mit dem Auto zurück­ge­leg­ten Per­so­nen­ki­lo­me­ter.

Öffent­li­che Ver­kehrs­mit­tel

26 Pro­zent der Befrag­ten nut­zen nie Bus und Bahn (das ist ein etwas gerin­ge­rer Anteil als in frü­he­ren Befra­gun­gen).

Der Anteil der Wege, die mit Bus oder Bahn zurück­ge­legt wur­de, stieg gegen­über den Jah­ren 2002 und 2008 (jeweils 8 Pro­zent) auf nun 10 Pro­zent.

Auch die Anzahl der tag­täg­lich mit dem ÖV zurück geleg­ten Wege stieg – von 21 Mil­lio­nen im Jahr 2002 auf 27 im Jahr 2017. Die mit den öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln zurück­ge­leg­ten Weg­stre­cken wuch­sen bin­nen der 15 Jah­re gar um 34 Pro­zent.

Am stärks­ten genutzt wer­den Bus­se und Bah­nen in Ber­lin und Ham­burg.

Fahr­rad

78 Pro­zent der Haus­hal­te ver­fü­gen über min­des­tens ein ver­kehrs­tüch­ti­ges Fahr­rad.

Die Rad­nut­zung stiegt kon­ti­nu­ier­lich, von 9 Pro­zent (bezo­gen auf den Anteil aller zurück­ge­leg­ten Wege) über 10 auf nun­mehr 11 Pro­zent. Die Anzahl der Wege, die mit Rad zurück­ge­legt wer­den, nahm in den letz­ten 15 Jah­ren um 21 Pro­zent zu. Noch stär­ker wuchs die damit zurück­ge­leg­te Gesamt­stre­cke, näm­lich um 29 Pro­zent.

Unter den Bun­des­län­dern wies Bre­men den mit gro­ßem Abstand höchs­ten Rad­ver­kehrs­an­teil auf. Thü­rin­gen und vor allem das Saar­land bil­den das Schluss­licht.

Zu Fuß gehen

Die Füße als das ursprüng­lichs­te aller Ver­kehrs­mit­tel wur­den im Jahr 2017 etwas geschont. Der Anteil der Wege, die zu Fuß zurück­ge­legt wur­den, ent­wi­ckel­te sich von 23 (im Jahr 2002) auf 24 Pro­zent und fiel in der jüngs­ten Befra­gung auf 22 Pro­zent zurück.

Am häu­figs­ten wird in Ber­lin und Ham­burg, aber auch in Bre­men und Thü­rin­gen gegan­gen.

Wege­zwe­cke

Der Anteil der Wege, die in einem beruf­li­chen Kon­text ste­hen (zur Arbeit/Ausbildung oder Dienst­rei­sen etc.), stieg von 29 (im Jahr 2002) auf nun­mehr 34 Pro­zent. Hier wirkt sich das höhe­re Beschäf­ti­gungs­ni­veau aus. Auch der beruf­li­che Anteil an den ins­ge­samt zurück­ge­leg­ten Wege­län­gen stieg ent­spre­chend.

Der Anteil des Frei­zeit­ver­kehrs sank ent­spre­chend, wenn­gleich er mit 28 (beim Anteil der Wege) bzw. 34 Pro­zent (Anteil der Per­so­nen­ki­lo­me­ter) immer noch sehr hoch lie­gen.

Fazit

Die Stu­die kommt zum Ergeb­nis, dass „trotz der unver­än­der­ten Domi­nanz des Autos Ver­än­de­run­gen beleg­bar sind“, da „der in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten regel­mä­ßig zu ver­zeich­nen­de deut­li­che Zuwachs des moto­ri­sier­ten Indi­vi­du­al­ver­kehrs in die­ser Form nicht mehr besteht“.

Also kei­ne Revo­lu­ti­on im Ver­kehrs­ver­hal­ten, wohl aber ein lang­sam von­stat­ten gehen­der Ver­än­de­rungs­pro­zess. Es liegt an der Poli­tik, die­sen zu ver­ste­ti­gen und zu beschleu­ni­gen.