Ausbau kommt nicht voran

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03.04.2020 

DB verbaut selbst zu geringe Mittel nicht

Der Bedarfs­plan ist die Grund­la­ge für den Aus­bau der Schie­nen­we­ge. Die Pro­jek­te, die sich dar­in wie­der­fin­den, wer­den von der Deut­schen Bahn geplant und vom Bund finan­ziert. Doch wie kommt die Umset­zung vor­an?

Das woll­ten wir mit einer Klei­nen Anfra­ge an die Bun­des­re­gie­rung in Erfah­rung brin­gen. Im lau­fen­den Jahr ste­hen im Bun­des­haus­halt 1,5 Mil­li­ar­den Euro für den Aus- und Neu­bau der Bun­des­schie­nen­we­ge zur Ver­fü­gung. Das ist – allen Lip­pen­be­kennt­nis­sen zum Trotz – eine leich­te Kür­zung gegen­über dem Vor­jahr. Im kom­men­den Jahr soll sich nur wenig ändern (1,56 Mil­li­ar­den Euro). Erst in den bei­den Fol­ge­jah­ren sind stär­ke­re Stei­ge­run­gen auf 1,9 bzw. 2 Mil­li­ar­den Euro ange­dacht. Die­ses Niveau reicht nicht aus, um die Vor­ha­ben des Bedarfs­plans („Bun­des­ver­kehrs­we­ge­plan“) umzu­set­zen, geschwei­ge denn, das zu rea­li­sie­ren, was tat­säch­lich not­wen­dig ist. Trau­rig ist, dass die Deut­sche Bahn – trotz enor­mer Bau­preis­stei­ge­run­gen – die ver­füg­ba­ren Mit­tel in kei­nem der letz­ten Jah­re voll­stän­dig ver­bau­en konn­te. Zuletzt blie­ben 109 Mil­lio­nen Euro lie­gen. Der Aus­ga­ben­rest, der nach der bis­he­ri­gen Haus­halts­sys­te­ma­tik nicht ver­fällt, beläuft sich inzwi­schen auf 724 Mil­lio­nen Euro. Die Bun­des­re­gie­rung schreibt zur Begrün­dung, ursäch­lich sei­en „vor allem ein unzu­rei­chen­des Port­fo­lio von in Pla­nung befind­li­chen Pro­jek­ten und Ver­zö­ge­run­gen in der Pla­nungs­pha­se.“ Mit ande­ren Wor­ten: Die Bun­des­re­gie­rung hat zu weni­ge Pro­jek­te zur Pla­nung und zum Bau frei­ge­ge­ben. Natür­lich hat die Deut­sche Bahn aber auch zu lang­sam geplant. Aktu­ell sind 17 (!) Pro­jek­te, die sich in der Pla­nung befin­den, nicht ter­min­ge­recht unter­wegs. Das könn­te in Zukunft (hof­fent­lich!) bes­ser wer­den. Denn es ist der Deut­schen Bahn gelun­gen, ihre Pla­nungs­ka­pa­zi­tä­ten deut­lich auf­zu­sto­cken. Im „Res­sort Groß­pro­jek­te“ der DB Netz AG gibt es heu­te mit 1.800 Stel­len dop­pelt so vie­le wie noch vor fünf Jah­ren. Erst­mal sieht es aber in der Pra­xis noch schlecht aus: Es liegt für kein ein­zi­ges noch nicht im Bau befind­li­ches Pro­jekt ein rechts­kräf­ti­ger Bau­be­schluss vor. Damit bleibt unklar, woher die Bun­des­re­gie­rung ihren Opti­mis­mus nimmt mit der Ein­schät­zung, in 2020 könn­ten alle Haus­halts­mit­tel ver­baut wer­den.

Erläu­te­rung: Im Bedarfs­plan geht es aus­schließ­lich um den Aus- und Neu­bau, nicht um die Sanie­rung oder Erneue­rung von bestehen­den Stre­cken.

Mein Kom­men­tar:

„Der Neu- und Aus­bau des Schie­nen­net­zes kommt trotz voll­mun­di­ger Ankün­di­gun­gen von Bun­des­ver­kehrs­mi­nis­ter Andre­as Scheu­er nicht in Schwung. Die Bun­des­re­gie­rung gesteht ein, dass sie in der Ver­gan­gen­heit zu wenig in die Pla­nung inves­tiert hat und daher jetzt kaum bau­rei­fe Schie­nen­pro­jek­te vor­lie­gen. Aller­dings konn­te die Deut­sche Bahn seit Jah­ren die ihr im Bun­des­haus­halt bereit­ge­stell­ten Mit­tel nie kom­plett ver­bau­en – eine schwa­che Leis­tung. Aller­dings blie­ben 2019 schon wie­der rund 110 Mil­lio­nen Euro lie­gen. Ins­ge­samt lie­gen der­zeit 735 Mil­lio­nen Euro nicht ver­aus­gab­ter Aus- und Neu­bau­mit­tel auf der hohen Kan­te. Den Man­gel an bau­rei­fen Schie­nen­pro­jek­ten hat die Bun­des­re­gie­rung zu ver­ant­wor­ten, denn sie hat zuge­las­sen, dass das Pro­jekt­port­fo­lio zu pla­nen­der Vor­ha­ben vor Jah­ren immer wei­ter run­ter­ge­fah­ren wur­de. Was wir jetzt erle­ben ist qua­si der Bume­rang­ef­fekt – wer nicht recht­zei­tig plant, kann spä­ter auch nicht bau­en. Ins­ge­samt rei­chen die Haus­halts­mit­tel für den Neu- und Aus­bau des Schie­nen­net­zes nicht aus, um allein die Vor­ha­ben des Vor­dring­li­chen Bedarfs bis 2030 in wei­ten Tei­len abzu­schlie­ßen bzw. min­des­tens mit dem Bau zu begin­nen. Dafür brau­chen wir eher heu­te als mor­gen 3 Mil­li­ar­den Euro jähr­lich. Und wenn wir die Pro­jek­te des Deutsch­land­takts umset­zen – die bis heu­te noch nicht ein­mal bewer­tet sind – und die Ver­kehrs­wen­de ein­lei­ten, dann muss auf die­sen Betrag noch eine ordent­li­che Schip­pe drauf­ge­legt wer­den. Auch die ver­kehrs­po­li­ti­sche Unwucht muss besei­tigt wer­den: Mit 2,8 Mil­li­ar­den Euro inves­tiert der Bund 2020 fast dop­pelt so viel in sei­ne Fern­stra­ßen­in­fra­struk­tur wie in die Bun­des­schie­nen­we­ge. Das ist ange­sichts der kli­ma­po­li­ti­schen Zie­le kon­tra­pro­duk­tiv und in Anbe­tracht des dich­ten und gut aus­ge­bau­ten Stra­ßen­net­zes auch über­flüs­sig.“