Besuch in der DB-Werkstatt in Ulm

Hinweis: Dieser Beitrag ist schon älter und wurde möglicherweise noch nicht in das neue Format umgewandelt.

22.03.2018

Wartung für die regionalen Netze

Die Instand­set­zungs- und Repa­ra­tur­werk­statt der DB Regio in Ulm stand in der Ver­gan­gen­heit häu­fig in der Kri­tik als Ver­ur­sa­cher für die zahl­rei­chen Pro­ble­me im Regio­nal­ver­kehr um Stutt­gart, Ulm und den Boden­see­raum. Das war für mich der Anlass, der Werk­statt in Ulm einen Besuch abzu­stat­ten. Ich habe mit dem Werk­statt­lei­ter Oli­ver Herd­lit­sch­ke und dem Ver­kehrs­ver­trags­ma­na­ger der DB Regio für die Regi­on Alb-Boden­see, Mar­kus Kaup­per, über die Situa­ti­on in der Werk­statt und den Umbau der Die­sel­flot­te gespro­chen. Danach konn­te ich noch die Werk­statt besich­ti­gen und mir die Arbeit an den Zügen sowie die moder­ni­sier­ten Trieb­wa­gen anse­hen.

Die Werk­statt, bei der DB kurz FIBA (Fahr­zeug-Instand­hal­tungs‑, Behand­lungs- und Abstell­an­la­ge) genannt, ist seit Dezem­ber 2013 in Betrieb. Dort wer­den im 24-Stun­den-Schicht­be­trieb etwa 410 Fahr­zeu­ge von DB Regio instand­ge­hal­ten. Dafür sind ins­ge­samt 130 Mit­ar­bei­ter beschäf­tigt. Außer­dem gibt es 40 Aus­zu­bil­den­de zu Mecha­tro­ni­kern und Elek­tro­ni­kern.

In der Aus­bil­dung wer­den aller­dings „nur“ die Grund­qua­li­fi­ka­tio­nen gelernt. Eine gro­ße Her­aus­for­de­rung bei der Instand­hal­tung von Zügen ist, dass die Arbei­ter für jede Bau­rei­he und jede Bau­art eines Fahr­zeugs zusätz­li­che Qua­li­fi­ka­tio­nen benö­ti­gen. Allei­ne in Ulm gibt es 25 Bau­ar­ten und die Mit­ar­bei­ter müs­sen zusam­men ins­ge­samt 400 ver­schie­de­ne Qua­li­fi­ka­tio­nen besit­zen, um alle Arbei­ten durch­füh­ren zu kön­nen. Bei­spiels­wei­se sind in jeder Bau­rei­he unter­schied­li­che Tür­sys­te­me ver­baut, die jeweils eige­ne Qua­li­fi­ka­tio­nen erfor­dern.

Umbau Die­sel­flot­te

Die Die­sel­trieb­wa­gen der DB Regio in Baden-Würt­tem­berg wer­den der­zeit umge­baut und im neu­en Lan­des­de­sign moder­ni­siert. Dazu gehö­ren die Fahr­zeu­ge der Bau­rei­he 612, die die älte­ren Fahr­zeu­ge der Bau­rei­he 611 erset­zen wer­den. Sie wer­den zukünf­tig im Nei­ge­tech­nik­netz „Donau-Ost­alb“ ein­ge­setzt. Der­zeit sind sie schon auf der Stre­cke Stutt­gart-Tübin­gen-Aulen­dor­f/Rot­ten­burg unter­wegs. Ab 1. Mai („Beginn der Rad­sai­son“) wer­den auch die Donau­tal­bahn und die Stre­cke Ulm-Sin­gen-Basel mit den erneu­er­ten Zügen bedient. Auf der Brenz­bahn wird es im Lau­fe des Mai soweit sein, da zwei umge­bau­te Fahr­zeu­ge ver­mut­lich nicht frü­her zur Ver­fü­gung ste­hen. An ihnen gab es nach lan­gen Stand­zei­ten im Zuge des Umbaus (teil­wei­se über 2 Jah­re) grö­ße­re Was­ser­schä­den.

Auf der Donau­tal­bahn wer­den zwei Züge am Tag als Fahr­rad­zug mit einem extra Fahr­rad­wa­gen mit einem Lade­hel­fer ver­keh­ren. Dort kommt dann auch wie­der älte­res Wagen­ma­te­ri­al zum Ein­satz. Für den bar­rie­re­frei­en Zustieg wird ein Wagen mit Hub­lift aus­ge­stat­tet sein.

Nach dem Umbau wer­den die 41 VT 612-Fahr­zeu­ge jeweils drei Mehr­zweck­be­rei­che mit ins­ge­samt 18 Fahr­rad­stell­plät­zen haben und mit soge­nann­ter Kom­fort-IT, d. h. WLAN, Video­über­wa­chung und digi­ta­len Fahr­gast­in­for­ma­ti­ons­sys­te­men aus­ge­stat­tet sein. Außer­dem wer­den Fuß­bö­den, Sitz­pols­ter und Tische aus­ge­tauscht und die Fahr­zeu­ge in den Far­ben des Lan­des­de­signs lackiert. Der bar­rie­re­freie Ein­stieg wird über einen Hub­lift gewähr­leis­tet. Damit dau­ert ein Ein-/Aus­stei­ge­vor­gang etwa drei Minu­ten. Die Toi­let­ten kön­nen von Roll­stuhl­fah­rern genutzt wer­den. Ein Umbau dau­ert pro Fahr­zeug im Regel­fall rund 60 Arbeits­ta­ge also ca. 3 Mona­te.

Zum The­ma Nei­ge­tech­nik hat die DB Regio inter­es­san­ter­wei­se eine ande­re Posi­ti­on als ihr Mut­ter­kon­zern. Die Züge wer­den wei­ter­hin mit Nei­ge­tech­nik fah­ren und auch in der Instand­hal­tung sei das kein wesent­li­cher Unter­schied. Die Tech­nik wird benö­tigt, um der­zei­ti­ge Fahr­zei­ten ein­hal­ten zu kön­nen. Dem­entspre­chend wird auch über eine Hybri­di­sie­rung des VT 612 und ein Fol­ge­fahr­zeug nach­ge­dacht. Frag­lich ist aber, ob die Bahn­in­dus­trie sol­che Auf­trä­ge anneh­men wür­de.

Die Regio-Shut­tle (Bau­rei­he 650), die auf Süd­bahn, Boden­see­gür­tel­bahn, Zol­lern-Alb- und All­gäu-Bahn fah­ren, wer­den eben­falls umge­baut. Sie erhal­ten wie die Bau­rei­he 612 grö­ße­re Mehr­zweck­be­rei­che, Kom­fort-IT und neue Sitz­be­zü­ge. Ziel ist es, dass alle 35 Fahr­zeu­ge auch zum 1. Mai umge­baut zur Ver­fü­gung ste­hen.

Der Umbau der Dop­pel­stock­wa­gen, die auf Fils­tal- und Süd­bahn unter­wegs sind, ist bereits abge­schlos­sen. Dort hat nun ein Zug mit vier Wagen 50 Fahr­rad­stell­plät­ze. Ver­bes­sert hat sich die Situa­ti­on auf der Süd­bahn auch durch stär­ke­re Loks. Dadurch kön­nen zwi­schen Ulm und Fried­richs­ha­fen vier bis sechs Minu­ten gut gemacht wer­den.

Der Umbau der Fahr­zeu­ge fin­det nicht in Ulm statt, son­dern in Werk­stät­ten von Ver­trags­part­nern in Wit­ten­ber­ge und Kas­sel. In Ulm wer­den die Fahr­zeu­ge aber der Ein­gangs­un­ter­su­chung unter­zo­gen. Die­se Unter­su­chun­gen müs­sen par­al­lel zum regu­lä­ren Werk­statt­be­trieb durch­ge­führt wer­den und belas­ten die Werk­statt so zusätz­lich.

Ein wei­te­res The­ma war die Digi­ta­li­sie­rung der Instand­hal­tung. Für Güter­wa­gen wird der­zeit dar­über nach­ge­dacht, Sen­so­rik ein­zu­bau­en, damit sich der Wagen selbst­stän­dig mel­den kann, wenn War­tungs- oder Repa­ra­tur­ar­bei­ten durch­ge­führt wer­den müs­sen. Ich habe gefragt, ob so etwas auch im Per­so­nen­ver­kehr mög­lich wäre. Herr Herd­lit­sch­ke sag­te dazu, dass gewis­se Prü­fun­gen und Arbei­ten immer not­wen­dig sein wer­den, aber im Prin­zip wären sol­che Ansät­ze sehr hilf­reich. Ein Pro­blem sieht er in der Viel­zahl der Her­stel­ler, von denen die Bahn Fahr­zeu­ge ein­setzt und die alle ihre eige­nen Sys­te­me anbie­ten.