Bundestagswahl 2017 – Vom Rück- zum Ausblick

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14.10.2017 

Will man jeman­dem erklä­ren, was unter „rela­tiv“ zu ver­ste­hen ist, lässt sich unser Wahl­er­geb­nis als opti­ma­les Bei­spiel her­an­zie­hen: Gemes­sen an der Stim­mung vor einem hal­ben oder drei­vier­tel Jahr haben wir ein beschei­de­nes Ergeb­nis erzielt. Aber wenn man sieht, dass wir in den Mona­ten vor der Wahl in den Umfra­gen wie fest­bo­niert bei acht, teil­wei­se bei nur sechs bis sie­ben Pro­zent gese­hen wur­den, sind die 8,9 Pro­zent doch recht gut. Wir tra­ten rela­tiv geschlos­sen auf und die Die­sel- und Abgas­skan­da­le sowie Fipro­nil in Eiern rück­ten unse­re The­men, die Umwelt- und Ver­brau­cher­po­li­tik, in den Fokus.

Wir leg­ten um 0,5 Pro­zent­punk­te im Bund und gar 2,4 im Land zu; 180.000 der hin­zu­ge­won­nen 460.000 Stim­men stam­men aus Baden-Würt­tem­berg. Die Anzahl der baden-würt­tem­ber­gi­schen Grü­nen-Abge­ord­ne­ten wuchs von bis­lang 10 auf 13 – wir stel­len damit die größ­te Lan­des­grup­pe! Erfreu­lich ist, dass uns unse­re Wähler*innen zu 73 Pro­zent aus Über­zeu­gung wähl­ten. Nach­denk­lich stim­men muss uns Grü­ne, dass uns außer­halb unse­res Mar­ken­kerns, der Umwelt­po­li­tik (mit 56 Pro­zent sehr hohe Kom­pe­tenz­zu­schrei­bung), rela­tiv gerin­ge Kom­pe­te­nen bei Wirt­schaft, Arbeits­markt­po­li­tik und ande­ren wich­ti­gen The­men zuge­schrie­ben wer­den.

Kurs auf Jamai­ka?

Vor der Bun­des­tags­wahl konn­te sich die Öffent­lich­keit noch kaum „Jamai­ka“, also eine Koali­ti­on aus CDU, CSU, FDP und Grü­nen, vor­stel­len. Der Prag­ma­tis­mus ließ die Zustim­mung bereits am Tag nach der Wahl deut­lich in die Höhe schnel­len. Gut fin­den ein sol­ches Bünd­nis inter­es­san­ter­wei­se vor allem unse­re Wäh­ler (rund 80 Pro­zent). Die inhalt­li­chen Hür­den für solch eine Kon­stel­la­ti­on sind gleich­wohl äußerst hoch. Die Unter­schie­de der vier Par­tei­en sind groß. Daher haben wir erklärt: Es gibt kei­nen Auto­ma­tis­mus für eine Regie­rungs­be­tei­li­gung. Selbst­ver­ständ­lich ist für uns, dass wir in die­ser Situa­ti­on – zumal nach dem erklär­ten Gang der SPD in die Oppo­si­ti­on – die Gesprä­che sehr ernst­haft füh­ren wer­den. Wir sind dar­auf gut vor­be­rei­tet. Ich freue mich, die Son­die­rungs­ge­sprä­che in der Arbeits­grup­pe „Ver­kehr, Umwelt, Ener­gie und Bauen/Wohnen“ aus dem Hin­ter­grund aktiv mit­be­glei­ten zu dür­fen. Die kom­men­den Wochen blei­ben span­nend …

Ein­schät­zung der AfD

Hier las­se ich M. Jung von der For­schungs­grup­pe Wah­len zu Wort kom­men:

„Die AfD ist kei­ne kon­ser­va­ti­ve Par­tei, son­dern ein Sam­mel­be­cken von Unzu­frie­de­nen ganz unter­schied­li­cher Art. Men­schen, die Angst haben vor den Umbrü­chen in unse­rer Gesell­schaft und im Arbeits­le­ben, vor den Zukunfts­aus­sich­ten Deutsch­lands und Euro­pas in einer glo­ba­li­sier­ten Welt und auch vor der Rela­ti­vie­rung mora­li­scher Gewiss­hei­ten. Die gehen dann zur Wahl­ur­ne oppo­nie­ren gegen die­se Ver­än­de­run­gen. Sie ver­su­chen sich damit eine Welt im Wohl­stand zu wün­schen, nur ohne chi­ne­si­sche Kon­kur­renz, ohne Schwu­le, ohne Online-Ban­king, mit Frau­en am Herd und ohne Flücht­lin­ge.“