Corona in Praxis und Thoerie

31.12.2021

Ein Mediziner berichtet – Kretschmann macht sich Gedanken

Zwei sehr infor­ma­ti­ve bzw. klu­ge Inter­views haben mich die letz­ten Tage beschäf­tigt. Boris Nohé, Chef­arzt im Zol­lernalb-Kli­ni­kum, spricht aus der Pra­xis im Umgang mit Covid. Minis­ter­prä­si­dent Kret­sch­mann macht sich Gedan­ken über Frei­heit und Ver­anw­tor­tung.

Der Medi­zi­ner Nohé beschreibt die Aus­wir­kun­gen der vier­ten Wel­le auf den kli­ni­schen All­tag. Er spricht von erschöpf­ten Kapa­zi­tä­ten, dem nach fast zwei Pan­de­mie­jah­ren aus­ge­laug­ten Per­so­nal – und unbe­re­chen­ba­ren Krank­heits­ver­läu­fen sowie vom Tod, der auch jün­ge­re Infi­zier­te erei­len kann. Anschau­lich schil­dert er Dis­kus­sio­nen mit Coro­na­leug­nern und Impf­geg­nern unter den schwer Erkrank­ten. So habe ein Pati­ent bis zu sei­nem letz­ten Atem­zug geleug­net, über­haupt an Coro­na erkrankt zu sein. Aktu­ell sei­en 90 Pro­zent der Inten­siv­pa­ti­en­ten nicht geimpft. Die Vak­zi­ne sei­en mitt­ler­wei­le mil­li­ar­den­fach ver­ab­reicht wor­den. Kein Impf­stoff sei jemals so gut unter­sucht und über­wacht wor­den. Auch jene nicht, die sich Urlau­ber ver­ab­rei­chen las­sen wür­den, um in exo­ti­sche Län­der flie­gen zu kön­nen – und die oft­mals vor Risi­ken schüt­zen, die sehr unwahr­schein­lich sind. Die Gefahr, an Covid zu erkran­ken, sei dage­gen sehr real – und deut­lich höher als das Risi­ko der Imp­fung. Kla­re Wor­te aus der medi­zi­ni­schen Pra­xis!

Klug fin­de ich die Aus­sa­gen von Win­fried Kret­sch­mann im taz-Inter­view. Er bezeich­net es als ver­stö­rend, dass sich in der Pan­de­mie eine star­ke Min­der­heit wei­gert, sich „auf der Grund­la­ge von Tat­sa­chen“ imp­fen zu las­sen. Spä­tes­tens seit Kant sei der Frei­heits­be­griff immer an die Ver­nunft gebun­den. Die bestehen­de Ent­schei­dungs­frei­heit des Ein­zel­nen, sich jetzt nicht imp­fen zu las­sen, begren­ze die Frei­heits­spiel­räu­me der vie­len auf lan­ge Sicht in erheb­li­chem Maße. In einer funk­tio­nie­ren­den Gesell­schaft müss­ten Bür­ger einen Teil ihrer Ent­schei­dungs­frei­heit und damit einen Teil ihrer per­sön­li­chen Frei­heit abge­ben, um ein Mehr an Frei­heit für alle im mensch­li­chen Zusam­men­le­ben zu ermög­li­chen.

Beson­ders des Nach­den­kens wert fin­de ich die­se Aus­sa­ge Kret­sch­manns: „Wir hören ja im Moment, dass die Dis­kus­si­on über das Imp­fen, Fami­li­en und Freund­schaf­ten sprengt. Mit der Impf­pflicht zieht der Staat den Kon­flikt aus der Gesell­schaft her­aus, und die Bür­ger müs­sen sich nicht gegen­sei­tig mora­lisch behar­ken. Ich bin davon über­zeugt: Das befrie­det die Gesell­schaft mit­tel­fris­tig.“

Quel­len:

https://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.chefarzt-im-zollernalbkreis-ein-patient-leugnete-corona-bis-zum-letzten-atemzug.502e520d-927f-4ab9-812e-cc5a7c43915c.html

https://taz.de/Kretschmann-ueber-Klima-und-Pandemie/!5817676/