Drei Tage zu Fuß durch den Wahlkreis

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08.08.2021

Von Naturschutz in Weinbergen, historischen Türen, Alpakas und Tiny Häusern

Wie­der mal war ich drei Tage zu Fuß durch mei­nen Wahl­kreis unter­wegs – dies­mal in den Umge­bun­gen von Nür­tin­gen und Kirch­heim unter Teck. Immer wie­der wur­de ich auf ein­zel­nen Abschnit­ten von Bürger/innen beglei­tet. Ande­re stie­ßen kurz­zei­tig an den Sta­tio­nen hin­zu. Ent­lang des Weges habe ich zahl­rei­che infor­ma­ti­ve Sta­tio­nen ein­ge­legt und vie­le Gesprä­che mit Men­schen geführt, die inter­es­san­te Din­ge machen.

Los ging es in Nür­tin­gen. Auf Anre­gung des Jugend­ra­tes wur­den im Gal­gen­berg­park in Nür­tin­gen eini­ge frei zugäng­li­che Fit­ness­ge­rä­te auf­ge­stellt. An die­sen kön­nen in der fri­schen Luft ver­schie­de­ne Mus­kel­grup­pen wie Rücken, Bauch oder Schul­ter trai­niert wer­den. Finan­ziert wur­den die Gerä­te aus Spen­den­mit­teln. Natür­lich habe ich es mir nicht neh­men las­sen, gemein­sam mit der Spre­che­rin des Jugend­ra­tes, Cla­ra Schwei­zer, alle Gerä­te aus­gie­big zu tes­ten …

Rund 100 Men­schen mit über­wie­gend geis­ti­ger Behin­de­rung wer­den in ver­schie­de­nen Tätig­keits­fel­dern der Behin­der­ten­för­de­rung Lin­sen­ho­fen am Stand­ort in Fri­cken­hau­sen beschäf­tigt und qua­li­fi­ziert. Unter­stützt wer­den sie dar­in von Gruppenleiter/innen, die ver­schie­de­ne Hand­werks- und Indus­trie­be­ru­fe erlernt haben und son­der­päd­ago­gi­sche Zusatz­qua­li­fi­ka­ti­on erwor­ben haben. Arbei­ten, die von den Men­schen mit Behin­de­rung erbracht wer­den, sind bei­spiels­wei­se ein­fa­che Mon­ta­ge­ar­bei­ten bis hin zu kom­ple­xen CNC-Fer­ti­gun­gen. Die Kun­den kom­men meist aus der Indus­trie. Mit einem eige­nen Küchen­team, ange­führt von einem gelern­ten Koch, nennt sich das Pro­jekt „fri­sche Küche“. Für inter­ne und exter­ne Kun­den wer­den dabei täg­lich wech­seln­de, frisch gekoch­te Gerich­te ange­bo­ten. Es kom­men täg­lich bis zu 80 Gäs­te über­wie­gend aus den Fir­men des Gewer­be­ge­bie­tes zum Essen. Der Spei­se­saal dient nicht nur dem Essen, son­dern auch dem Aus­tausch. Bei einem Mit­tag­essen ließ ich mir das Kon­zept der Ein­rich­tung mit ihren drei Insti­tu­tio­nen erläu­tern und kam dabei auch mit eini­gen Men­schen mit Han­di­cap ins Gespräch, die auf Außen­ar­beits­plät­zen ein­ge­setzt wer­den. Sol­che Stel­len gibt es bei benach­bar­ten Fir­men und beim ört­li­chen Bau­hof.

Eine wei­te­re Sta­ti­on führ­te mich am ers­ten Tag zum Wein­berg von Gerd Kiehl­ne­ker in Neuf­fen, am Hang unter­halb der Burg Hohen­neuf­fen gele­gen. Es han­delt sich um einen his­to­ri­schen Wein­berg, da noch vie­le Reben aus dem Anfangs­jahr 1952 vor­zu­fin­den sind. Die Reben­rei­hen sind nicht hang­ab­wärts, son­dern quer zum Hang ange­legt. Dies hat mit der extrem stei­len Lage und der mit die­ser Reben­rei­he gerin­ge­ren Abschwemm­ge­fahr zu tun. Nach einem Rund­gang durch den Wein­berg mit sei­ner unge­wöhn­lich arten­rei­chen Tier- und Pflan­zen­welt (Neun­tö­ter, Schling­nat­ter) setz­ten wir uns gemein­sam mit Ver­tre­tern des Alb­ver­eins und des Nabu zu einer Wein­pro­be vor die Alb­ver­eins­hüt­te. Dabei ging es die angren­zen­de Hei­de und deren Pfle­ge.

Der zwei­te Tag führ­te mich vom Über­nach­tungs­ort Neuf­fen nach Beu­ren. Die dor­ti­ge Klein­schwimm­hal­le ist in die Jah­re gekom­men. Die Alter­na­ti­ven lau­ten: Sanie­rung oder Still­le­gung. Da die­ses Bad auch für die Kin­der der umlie­gen­den Gemein­den (Neuf­fen, Erken­b­rechts­wei­ler, Len­nin­gen und Fri­cken­hau­sen) eine wich­ti­ge Bedeu­tung hat, wird um den Erhalt gerun­gen. 4,6 Mil­lio­nen Euro wer­den benö­tigt. Gemein­sam mit mei­nen Abgeordnetenkolleg*innen habe ich mich gegen­über dem Bund für die Auf­nah­me des Pro­jek­tes in ein För­der­pro­gramm ein­ge­setzt. Mit Erfolg: Drei Mil­lio­nen Euro wer­den vom Bund nach Beu­ren flie­ßen. Ein erst im ver­gan­gen Jahr gegrün­de­ter För­der­ver­ein hat bereits 87.000 Euro über­wie­sen. Sein Ziel ist ein Bei­trag von über 200.000 Euro. Mit Bür­ger­meis­ter Glui­ber, mit dem ich mich an und im Bad traf, sprach ich außer­dem über den Tou­ris­mus, die Hotel­le­rie und die Gas­tro­no­mie im Ort sowie über die geplan­ten Wohn­mo­bil-Stell­plät­ze.

Das ist dann auch schon das pas­sen­de Stich­wort für mei­nen Ter­min eini­ge Kilo­me­ter wei­ter, näm­lich in Owen. Dort traf ich mich mit Bür­ger­meis­te­rin Vere­na Gröt­zin­ger, der Tou­ris­mus­för­de­rin und einem Gemein­de­rats­mit­glied am Sport­platz. Dort ist näm­lich eben­falls ein Wohn­mo­bil­stell­platz vor­ge­se­hen. Dabei wird an 7 bis 10 Stell­plät­ze gedacht. Wir schau­ten uns den vor­ge­se­he­nen Stand­ort neben den Ten­nis­an­la­gen an und spra­chen über den Tou­ris­mus in der Gegend. Dabei stell­ten wir fest, dass es immer weni­ger Gas­tro­no­mie und wenig Über­nach­tungs­mög­lich­kei­ten im Len­nin­ger Tal gibt – obwohl der Ort und die Umge­bung sehr viel zu bie­ten haben.

Am Fuße des Teck­bergs ging es wei­ter bis Det­tin­gen zur Obst­an­la­ge von Ursu­la und Hans Ker­ner. Dort ließ ich mir die Zwetschgen‑, Kirsch‑, Apfel- und Bir­nen­bäu­me auf zwei ein­ge­zäun­ten Grund­stü­cken zei­gen. Die Fami­lie hat dazu noch Streu­obst­wie­sen – alles im Neben­er­werb. Der „inte­grier­te Anbau“ kann zwi­schen kon­ven­tio­nell und bio­lo­gisch ein­ge­stuft wer­den. Es darf mehr gespritzt wer­den als im bio­lo­gi­schen Obst­bau, aber nicht alles, was im kon­ven­tio­nel­len zuläs­sig ist. Zudem wer­den Nütz­lin­ge wie Mari­en­kä­fer und Ohrenzwi­cker gezielt ein­ge­setzt. Wir spra­chen über die Pro­ble­me, Hilfs­kräf­te für Schnit­te und die Ern­te zu fin­den und über die Betriebs­nach­fol­ge, die sich ange­sichts der nicht üppi­gen Ver­dienst­aus­sich­ten bei erfor­der­li­chem hohem Ein­satz eben­falls nicht ein­fach gestal­tet. Einig waren wir uns, dass gesun­de und regio­na­le Lebens­mit­tel von zu vie­len Men­schen nicht aus­rei­chend wert geschätzt wer­den. Alles muss makel­los und haupt­säch­lich bil­lig sein. Wir fuhren/liefen in den Ort hin­ein zum Kräu­ter­gar­ten der Toch­ter, einer Kräu­ter­päd­ago­gin, und dem Hof­la­den. Im strö­men­den Regen schau­ten wir uns den Gar­ten mit geschätzt 50 Kräu­ter­ar­ten an und pro­bier­ten mal ein Blatt und mal eine Blü­te.

Ein paar Regen­trop­fen, die noch vom Him­mel fie­len, hiel­ten uns nicht vom Wei­ter­lau­fen nach Kirch­heim unter Teck ab. Wird bei­spiels­wei­se ein Haus abge­bro­chen, so wird übli­cher­wei­se im Zer­klei­ne­rungs­ver­fah­ren nach Wert­stof­fen aus­sor­tiert als Mas­sen­bau­stof­fe vor allem im Stra­ßen­bau ein­ge­setzt. Beim selek­ti­ven Gebäu­de­rück­bau wird größ­ten­teils per Hand eine Tren­nung der Mate­ria­li­en bereits bei der Demon­ta­ge erreicht. Beim Pro­dukt­re­cy­cling wer­den beim Abbruch die brauch­ba­ren Bau­ma­te­ria­li­en und Gegen­stän­de wie Türen und Zäu­ne sorg­sam und unver­sehrt ent­nom­men und unver­än­dert ein­ge­setzt. Ein ent­nom­me­ner Mau­er­stein wird in einem ande­ren Bau wie­der als Mau­er­stein ein­ge­setzt. Das­sel­be gilt für Par­kett oder Git­ter. Das Unter­neh­men „Kreis­lauf“ in Kirch­heim unter Teck hat sich ein Netz­werk von Restau­ra­to­ren und Hand­wer­kern mit spe­zi­el­len Fähig­kei­ten auf­ge­baut. Mit dem Chef-Brü­der­paar David und Juli­an Bloos schau­ten wir uns die Ver­kaufs­räu­me an, die bis­wei­len an ein Hei­mat­mu­se­um erin­nern. Wir sahen bis zu 500 Jah­re alte Türen, von denen eini­ge weni­ge soge­nann­te „Fet­zen­tü­ren“ waren, bei denen Metall­plat­ten anein­an­der genie­tet waren, weil zu dama­li­gen Zei­ten kei­ne gro­ßen Metall­plat­ten am Stück gefer­tigt wer­den konn­ten. Wasch­be­cken, Flie­sen und alte Eichen­bret­ter für Fuß­bö­den oder zur Her­stel­lung von Tischen waren eben­so zu sehen wie alte Lam­pen, Tür­grif­fe und Ver­schlä­ge. Bis­wei­len ver­leiht das Unter­neh­men auch Requi­si­ten für Film­pro­duk­tio­nen.

Der drit­te Tag star­te­te in Kirch­heim unter Teck, wo ich über­nach­tet hat­te. Wir lie­ßen uns den dor­ti­gen Unver­packt-Laden von Nad­ja Scho­ser vor­stel­len. Das Sor­ti­ment besteht über­wie­gend aus Tro­cken­wa­re. Am häu­figs­ten ver­kauft wer­den Hafer­flo­cken und Nudeln. Die­se wer­den meist in die von der Kund­schaft mit­ge­brach­te Glä­ser abge­füllt. Das Sor­ti­ment umfasst aber auch Hygie­ne­pro­duk­te, eine klei­ne Aus­wahl an Kühl­pro­duk­ten und fri­schem Gemü­se sowie Eier. Ange­bo­ten wird auch ein frisch gekoch­tes Mit­tag­essen zum Mit­neh­men.

„Lim­burg-Ranch“ nennt sich das Anwe­sen mit gro­ßem Gar­ten hin­ter dem alten Haus von Jas­min und D´Arci Stroh­mai­er in Weil­heim. Seit 1,5 Jah­ren woh­nen die bei­den in Weil­heim. Sie hal­ten sich zwei Alpa­kas und eini­ge Ponys sowie (auf der Wei­de) Pfer­de. Der klei­ne „Zoo“ wird kom­plet­tiert durch Hüh­ner einer alten Ras­se, Hasen, Hun­de und Kat­zen. Rei­ten wird gegen eine Fut­ter­kos­ten­be­tei­li­gung ange­bo­ten. Wir saßen im Gar­ten zusam­men und spra­chen über die Hal­tung so vie­ler Tie­re und die Ver­ein­bar­keit mit den Haupt­be­ru­fen. Beson­ders schön war, dass wir von Alpa­kas, Pony und Hun­den und deren „Herr­chen“ auf einem Teil des Weges zur letz­ten Sta­ti­on die­ser drei­tä­gi­gen Wan­de­rung beglei­tet wur­den.

Die Holz­bau-Fami­lie Hep­per­le aus Neid­lin­gen hat bereits eini­ges an Erfah­run­gen mit dem Bau von Tiny Häu­sern sam­meln kön­nen. Vor weni­gen Jah­ren bau­te sich Sohn Tim sein eige­nes fahr­taug­li­ches Holz­haus, um dar­in am Stu­di­en­ort in Ober­schwa­ben leben zu kön­nen. Mitt­ler­wei­le haben er und sein Vater (betreibt ein Holz­bau­un­ter­neh­men) einen Stan­dard ent­wi­ckelt mit opti­mier­ter Däm­mung aus Natur­stof­fen, mit Fuß­bo­den­hei­zung und begeh­ba­rem Dach (optio­nal mit Gemü­se­beet). In Weil­heim an der Teck wird dar­über nach­ge­dacht, in zukünf­ti­gen Neu­bau­ge­bie­ten Tiny-Haus-Plät­ze anzu­bie­ten. Ähn­li­ches wird auch aus Lein­fel­den-Ech­ter­din­gen berich­tet. Das ist aber alles nicht so ganz tri­vi­al, denn für jedes Tiny Haus wird eine ganz nor­ma­le Bau­ge­neh­mi­gung benö­tigt. Wir spra­chen mit den Eltern über die zeit­wei­se unzu­rei­chen­de Ver­füg­bar­keit von Bau­stof­fen. So wird inzwi­schen eher von der Däm­mung mit Holz­wol­le abge­se­hen und auf gehäck­sel­tes Stroh gesetzt.

Mein Fazit: Dies dürf­te mei­ne 13. Drei-Tages-Wan­de­rung durch mei­nen Wahl­kreis und/oder die Regi­on gewe­sen sein. Wie­der durf­te ich mei­nen Wahl­kreis noch ein Stück­chen bes­ser ken­nen ler­nen und vie­le gute Gesprä­che mit Bür­ge­rin­nen und Bür­gern füh­ren. Ich freue mich, dem­nächst erneut drei Tage durch mei­nen Wahl­kreis wan­dern zu kön­nen. Dann wird es über die Fil­der und in den Schön­buch hin­ein gehen.