Gespräch mit Buchautorinnen
Was ist soziale Arbeit und was zeichnet sie aus? In welchen Arbeitsfeldern wirkt diese? Was hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert? Was charakterisiert verschiedene Arbeitsfelder in Theorie und Praxis? Davon handelt ein neu erschienenes Buch. Mit zwei der Autorinnen traf ich mich zum Gespräch.
Regine Glück unterstützte bis zu ihrem Renteneintritt Menschen, die von Obdachlosigkeit bedroht oder betroffen waren. Nora Buchartz hatte in der Kinder- und Jugend- sowie der Behindertenhilfe gearbeitet. Döndü Oktay ist in der Behindertenarbeit beschäftigt. Die Drei sind die Autorinnen des Buchs „Soziale Geschichte(n)“. In diesem kommen 37 Autorinnen und Autoren zu Wort, die aus der Kinder- und Jugendhilfe, der Altenhilfe, der Obdachlosenhilfe, der Straffälligenarbeit, der Arbeitslosenhilfe und weiteren Arbeitsfeldern sozialer Arbeit kommen. Sie unterstützen hilfebedürftige Menschen praktisch und direkt im Alltag und/oder beratend. In den Berichten geht es um den praktischen Alltag und den theoretischen Überbau, wie mir Burchartz und Glück im Gespräch in einem Nürtinger Café erklärten. Die Idee für das Buch sei Mitte 2020 entstanden. Sie wollten damit die Wirkungskräfte in der Vielfalt der sozialen Arbeit zur Geltung bringen. Ihr Wunsch: Mehr Selbstbewusstsein für den Berufsstand. Das Buch sei für alle gedacht, die sich für soziale Arbeit interessieren und ein tieferes Verständnis dafür erlangen wollen. Die drei Frauen kommen aus dem Raum Nürtingen, ebenso wie die meisten der Autorinnen und Autoren, die auf 230 Seiten aus ihren Arbeitsfeldern berichten und dabei häufig wissenschaftliche Sichtweisen mit individuellen Berufserfahrungen verknüpfen und dabei aus ihren langjährigen Erfahrungen auch so manche Wandlung in der sozialen Arbeit beschreiben. Herausgearbeitet wird, dass soziale Arbeit häufig ganz wesentlich über den Aufbau von Beziehungen funktioniert und stets ein Blick auf die Stärken und Ressourcen sein sollte. Daraus leiten sich wesentliche Anforderungen an die im Sozialbereich Tätigen ab: „Neben inhaltlicher Kompetenz viel Herzblut, Neugier und eine große Offenheit allen neuen Menschen, Themen und Herausforderungen gegenüber“, wie eine der Autorinnen schildert. Ein anderer Autor schildert so manche Spannungen und Widersprüche: „Die Theorie zu kennen, zu wissen, wie das Recht in der Praxis angewandt werden soll, wie Gruppen sich verhalten, wie notwendig politisches Bewusstsein ist und dann die Praxis zu erleben – das war oft verwirrend.“
Auffallend fand ich beim Lesen, dass in dem Buch oft nicht der „gewöhnliche“ Alltag, also das, was in ähnlicher Weise immer wieder getan wird und sich ereignet, sondern die Besonderheiten geschildert werden, die den Akteurinnen und Akteuren im Rückblick auf ein meist langes berufliches Leben eindrucksvoll in Erinnerung geblieben sind. Beschrieben wird oftmals auch die sich stark veränderte Rechtsgeschichte, die der Klientel zunehmend individuelle Rechte zubilligt, und die Veränderung der gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen für die soziale Arbeit.