„Was heißt Polizeiarbeit heute?“

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10.12.2020

Grüne und Polizei — Rassismus bei der Polizei

Die Poli­zei muss sich gegen­wär­tig vie­len Fra­gen stel­len: Mal geht es um chao­ti­sche Poli­zei­ein­sät­ze, wie bei der Quer­denker­de­mo in Leip­zig, mal um rechts­extre­me Chat­grup­pen inner­halb der Poli­zei. Zugleich wird der Poli­zei oft respekt­los begeg­net oder sie wird gar zum Ziel von Angrif­fen, so in der Kra­wall­nacht im Juni in Stutt­gart. Dar­über sprach ich in einem öffent­li­chen Video­chat mit einem erfah­re­nen Poli­zis­ten.

Armin Boh­nert ist seit 34 Jah­ren bei der Poli­zei. Vom Strei­fen­dienst über den Ver­kehrs­un­fall­dienst, der Lei­tung eines Reviers und der Tätig­keit als Dozent an der Hoch­schu­le der Poli­zei bis hin zu einer Lei­tungs­funk­ti­on im Poli­zei­prä­si­di­um Frei­burg hat er vie­le Sta­tio­nen durch­lau­fen. Irgend­wann wur­de er Mit­glied bei den Grü­nen und grün­de­te „Poli­zei­Grün“, ein grün-nahe Poli­zei­or­ga­ni­sa­ti­on mit. Damit war er der idea­le Gesprächs­part­ner für mei­ne Gesprächs­rei­he rund um die Poli­zei­ar­beit.

Wie hat sich das Ver­hält­nis der Grü­nen zur Poli­zei und der Poli­zei gegen­über den Grü­nen ver­än­dert? Das war eine unse­rer Fra­gen. „Das Ver­ständ­nis der Grü­nen für die Arbeit der Poli­zei ist deut­lich bes­ser gewor­den“ meint Boh­nert. Dies zei­ge sich an der Ent­wick­lung der Wahl­pro­gram­me und auch dar­an, dass es pro­fi­lier­te Abge­ord­ne­te in Bund und Land gäbe, die sich mit der Poli­zei­ar­beit beschäf­ti­gen. Man wer­de bei der Poli­zei nicht mehr schräg ange­schaut, wenn man bei den Grü­nen sei. Aller­dings wür­den in Tei­len der Poli­zei auch noch Feind­bil­der gepflegt. Ins­ge­samt sei­en aber kei­ne Grä­ben mehr zwi­schen den Grü­nen und der Poli­zei mehr erkenn­bar.

Was hat sich zwi­schen Gesell­schaft und Poli­zei ver­än­dert? Es wer­de mehr hin­ter­fragt, Men­schen wür­den ihre Rech­te bes­ser ken­nen. In Begeg­nun­gen mit der Poli­zei müs­se die­se häu­fi­ger als frü­her einen unan­ge­mes­se­nen Ton­fall hin­neh­men und erfah­re einen gerin­ge­ren Respekt bis hin zu Aggres­si­on. Oft­mals sei Alko­hol im Spiel. Belei­di­gun­gen und Tät­lich­kei­ten wür­den heu­te viel häu­fi­ger zur Anzei­ge gebracht. Ob die Gewalt gegen­über Poli­zis­tin­nen und Pol­zis­ten tat­säch­lich zuge­nom­men habe las­se sich daher schwer beant­wor­ten.

Natür­lich sprach ich auch die Pro­ble­ma­tik des Ras­sis­mus inner­halb der Poli­zei an. Ein Ziel der Arbeit von Armin Boh­nert ist die vor­ur­teils­freie Poli­zei­ar­beit. Nach sei­ner Wahr­neh­mung sei es hei­kel, die­ses The­ma intern anzu­spre­chen. Es gebe zu vie­le Ras­sis­mus­fäl­le, um von „Ein­zel­fäl­len“ spre­chen zu kön­nen. Ein Gesamt­bild feh­le aber. Man wis­se auch nicht, in wel­chem Umfang Ras­sis­mus in die Poli­zei durch den Nach­wuchs hin­ein­ge­tra­gen und zu wel­chem Anteil sich eine sol­che Ein­stel­lung im Lau­fe der Dienst­jah­re ent­wick­le. Eine Stu­die kön­ne daher auf­schluss­rei­che Ergeb­nis­se lie­fern und ein vali­des Bild kön­ne dazu bei­tra­gen, bes­ser zu wer­den und Vor­ur­tei­le gezielt abzu­bau­en. Armin Boh­nert glaubt, die Poli­zei wür­de in einer sol­chen Stu­die ins­ge­samt gar nicht schlecht abschnei­den. Auch, aber nicht aus­schließ­lich in die­sem Zusam­men­hang warf ich die Frag auf, inwie­fern Kame­rad­schaft bei der Poli­zei not­wen­dig ist und wann die­se zur Gefahr wer­den kann. Armin Boh­nert beton­te, dass Team­geist bei der Poli­zei wich­tig, blin­des Ver­trau­en jedoch gefähr­lich sei, weil es Reflek­ti­on ver­hin­de­re. Es hand­le sich aber um kei­ne poli­zei­spe­zi­fi­sche The­ma­tik.

Im wei­te­ren Gesprächs­ver­lauf ging es noch um „racial pro­fil­ing“ („Kon­trol­len stel­len oft einen schma­len Grad dar. Kon­troll­nach­wei­se kön­nen für Nasch­voll­zieh­bar­keit sor­gen.“), um Wei­ter­bil­dung („Die Ange­bo­te sind auch in Baden-Würt­tem­berg aus­bau­fä­hig.“) sowie um die Aus­stat­tung der Poli­zei („hat sich sehr gut ent­wi­ckelt“).

Auch die Gäs­te hat­ten sich mit eini­gen Fra­gen am Gespräch betei­ligt. Dabei ging es bei­spiels­wei­se um das Ver­hält­nis der Grü­nen zur Poli­zei und die Arbeit von Poli­zei­Grün.