CETA: Berechtigte Kritik am Abkommen, Europas Handlungsfähigkeit geschwächt

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29.10.2016, ergänzt am 31.10.2016

CETA ist viel mehr ist als ein rei­nes Frei­han­dels­ab­kom­men zwi­schen der EU und Kana­da. Die Kri­tik am Ver­trags­text, der seit Febru­ar vor­liegt, ist klar. Weil die bel­gi­sche Regi­on Wal­lo­ni­en blo­ckier­te, wur­de die für den 27. Okto­ber ange­setz­te Unter­zeich­nung nun kurz­fris­tig ver­scho­ben.

Die Kri­tik an CETA, die aus vie­len Tei­len Euro­pas zu hören war, lässt sich auf drei Punk­te ein­damp­fen: Kla­ge­pri­vi­le­gi­en für Inves­to­ren, durch die bestehen­de Rechts­sys­te­me auf bei­den Sei­ten aus­ge­he­belt wer­den kön­nen. Eine Unter­gra­bung des in Euro­pa übli­chen Vor­sor­ge­prin­zips, das Kana­da in die­ser Form nicht kennt. Und die befürch­te­te Libe­ra­li­sie­rung von Dienst­leis­tun­gen zu Las­ten von Kom­mu­nen und Bürger*innen. Die SPD hat­te denn auch auf ihrem Par­tei­kon­vent kla­re Vor­ga­ben an eine Zustim­mung geknüpft: Der Inves­to­ren­schutz muss sich auf die Nicht­dis­kri­mi­nie­rung beschrän­ken und die Daseins­vor­sor­ge ist kom­plett her­aus­zu­neh­men. Im Bun­des­tag begnüg­te sich die SPD hin­ge­gen auf eine – gut­ach­ter­lich beleg­te – nichts­sa­gen­de Aus­le­gungs­er­klä­rung. In den letz­ten Tagen, war es aus­ge­rech­net EU-Par­la­ments­prä­si­dent Mar­tin Schulz (SPD), der CETA trotz des Wider­stan­des aus Wal­lo­ni­en unbe­dingt durch­drü­cken woll­te.

In der Sache wäre das Schei­tern DIESES Abkom­mens auf­grund der berech­tig­ten Kri­tik erfreu­lich gewe­sen. Das Hin und Her zeigt, dass die euro­päi­sche Han­dels­po­li­tik einen Neu­start braucht. Die Archi­tek­ten des Frei­han­dels­ab­kom­men haben die zivil­ge­sell­schaft­li­che Kri­tik viel zu lan­ge nicht ernst genom­men. Han­dels­ver­trä­ge sol­len Erleich­te­run­gen bei Zöl­len und tech­ni­schen Stan­dards brin­gen, dür­fen aber nicht in die euro­päi­sche Demo­kra­tie und Rechts­staat­lich­keit ein­grei­fen. Euro­pa und Kana­da soll­ten nun die Gele­gen­heit nut­zen und das Abkom­men umfas­send über­ar­bei­ten.

Für die Hand­lungs­fä­hig­keit der EU ist die Nicht-Unter­zeich­nung des Abkom­mens und die kurz­fris­ti­ge Absa­ge des EU-Kana­da-Gip­fels aber ein wei­te­rer schwe­rer Rück­schlag. Ich sehe es wie Sven Gie­gold (MdEP), der gesagt hat­te: „Ganz unab­hän­gig davon, wie man zu CETA steht, ist es demo­kra­tisch nicht hin­nehm­bar, dass ein­zel­ne Regio­nen ganz Euro­pa hand­lungs­un­fä­hig machen, auch in Berei­chen euro­päi­scher Kom­pe­tenz“. Wir brau­chen drin­gend Refor­men, um die euro­päi­schen Ent­schei­dungs­pro­zes­se effi­zi­en­ter zu machen.

Wie es nun wei­ter­geht: Die EU und Kana­da haben CETA unter­zeich­net. Damit das Abkom­men in Tei­len (sofern es aus­schließ­lich die euro­päi­sche Kom­pe­tenz betrifft) in Kraft tre­ten kann, bedarf es noch der Zustim­mung des Euro­päi­schen Par­la­ments. Die Abstim­mung ist um den Jah­res­wech­sel 2016/2017 vor­ge­se­hen. In den Fol­ge­mo­na­ten, viel­leicht auch Fol­ge­jah­ren, wer­den die natio­na­len Par­la­men­te abstim­men. Im Deut­schen Bun­des­tag wird dies vor­aus­sicht­lich erst nach der Bun­des­tags­wahl sein. Schließ­lich kommt CETA auch noch in den Bun­des­rat. Ins­ge­samt 28 natio­na­le und 14 regio­na­le Par­la­men­te müs­sen über das Abkom­men befin­den. Die eigent­li­chen Hür­den kom­men also erst noch …