Gespräche zur Meinungsbildung über das Gesetzgebungsverfahren zum “Assistierten Suizid”

Hinweis: Dieser Beitrag ist schon älter und wurde möglicherweise noch nicht in das neue Format umgewandelt.

Old and young holding hands on light background, closeup28.05.2015 (auf Grund­la­ge einer Pres­se­infor­ma­ti­on)

Im Herbst wer­den die Mit­glie­der des Deut­schen Bun­des­ta­ges eine schwie­ri­ge Ent­schei­dung zu tref­fen haben: Es geht um den „Assis­tier­ten Sui­zid“, also die Bei­hil­fe zur Selbst­tö­tung. Anders als sonst üblich wird es kei­ne gesetz­ge­be­ri­sche Initia­ti­ve der Bun­des­re­gie­rung geben. Die Abge­ord­ne­ten wer­den sich dann zwi­schen ver­schie­de­nen Gesetz­ent­wür­fen, die alle aus der Mit­te des Par­la­men­tes stam­men, ent­schei­den müs­sen – die ers­ten zwei Gesetz­ent­wür­fe lie­gen inzwi­schen vor. Es wird auch kei­ne Abstim­mungs­emp­feh­lun­gen oder gar ‑vor­ga­ben der Frak­tio­nen geben. Viel­mehr ent­schei­det jede Par­la­men­ta­rie­rin und jeder Par­la­men­ta­ri­er nach dem eige­nen Gewis­sen und eige­nen Wer­te­vor­stel­lun­gen. Der Grü­nen-Abge­ord­ne­te Mat­thi­as Gastel, des­sen Arbeits­schwer­punkt die Ver­kehrs­po­li­tik dar­stellt, hat sich die letz­ten Mona­te inten­siv ins für ihn fach­frem­de The­ma ein­ge­ar­bei­tet. Dafür hat er bis­lang drei Gesprächs­run­den in Nür­tin­gen, Kirch­heim und Fil­der­stadt mit Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­tern von Kir­chen, Kran­ken­häu­sern und Hos­piz­grup­pen geführt. Bei die­sen Gesprächs­früh­stü­cken wur­de in ver­trau­li­cher Atmo­sphä­re über die ver­schie­de­nen Aspek­te des „assis­tier­ten Sui­zids“ gespro­chen. Beim „assis­tier­ten Sui­zid“ geht es um die Selbst­tö­tung eines Men­schen unter Mit­hil­fe einer Per­son, die dafür das Mit­tel (meist ein töd­li­ches Medi­ka­ment) bereit­stellt. Dies ist straf­frei. Die meis­ten Juris­ten argu­men­tie­ren, dass der Sui­zid an sich straf­frei sei und damit die Bei­hil­fe nicht mit Stra­fe bewehrt wer­den kön­ne. Die Par­la­men­ta­ri­er wer­den in eini­gen Mona­ten dar­über zu befin­den haben, ob dies so blei­ben soll. Außer­dem soll recht­lich geklärt wer­den, ob die orga­ni­sier­te Ster­be­hil­fe in Form von Ster­be­hil­fe­ver­ei­nen erlaubt oder ver­bo­ten wer­den soll. Die­se Fra­ge ist bis­lang unge­klärt. Und schließ­lich wird es um die Rol­le der Ärz­te gehen, deren berufs­stän­di­sche Ver­bän­de in den Bun­des­län­dern unter­schied­li­che Vor­ga­ben erlas­sen haben. Noch liegt kein ein­zi­ger Gesetz­ent­wurf vor. Für Gastel ist aber in ein­zel­nen Aspek­ten klar, was er will bzw. was er nicht will: An der Straf­frei­heit bei der Sui­zid­hil­fe will er nichts ändern. „Der Staat soll­te nicht bis in die letz­te Ent­schei­dung des Ein­zel­nen ein­grei­fen.“ Was der Staat jedoch drin­gend unter­neh­men muss, ist für den Abge­ord­ne­ten von den Fil­dern klar: „Die Pal­lia­tiv­me­di­zin muss wei­ter aus­ge­baut wer­den. Dar­in sind sich alle im Bun­des­tag einig. Aber auch Selbst­hil­fe­grup­pen und Bera­tungs­stel­len für Men­schen in schwie­ri­gen Lebens­la­gen, wie der Arbeits­kreis Leben im Land­kreis Ess­lin­gen, gehört bes­ser geför­dert. Und das spielt lei­der in der bis­he­ri­gen Dis­kus­si­on über­haupt kei­ne Rol­le“. Mat­thi­as Gastel ver­weist dar­auf, dass sich in Deutsch­land jähr­lich rund 10.000 Men­schen das Leben neh­men. Ein Groß­teil von ihnen lei­det nicht an einer unheil­ba­ren, töd­lich enden­den Krank­heit. „Die meis­ten sehen kei­nen Aus­weg aus schwie­ri­gen Lebens­la­gen und sind psy­chisch krank. Auch und beson­ders für die­se Men­schen müs­sen die Hil­fen ver­bes­sert wer­den“, for­dert Gastel. Kri­tisch setzt sich der Grü­nen-Poli­ti­ker mit den stan­des­recht­li­chen Rege­lun­gen der Ärz­te aus­ein­an­der. Die­se unter­schei­den sich von Bun­des­land zu Bun­des­land. Wäh­rend der Gesetz­ge­ber die Assis­tenz nicht unter Stra­fe stellt, kön­nen Ärz­te in eini­gen Bun­des­län­dern dafür nach den inter­nen berufs­stän­di­schen Vor­ga­ben ihre Zulas­sung ver­lie­ren. Dies hält Mat­thi­as Gastel für falsch. Auch Ärz­te sol­len sei­ner Mei­nung nach auf Grund­la­ge des Geset­zes und nach ihrem Gewis­sen han­deln dür­fen. Bis zur Ent­schei­dung im Bun­des­tag wird der Abge­ord­ne­te Mat­thi­as Gastel noch eini­ge wei­te­re Gesprä­che mit Kir­chen und Hos­piz­grup­pen füh­ren sowie sehr genau die Gesetz­ent­wür­fe stu­die­ren, um sich bis zum Herbst eine fun­dier­te Mei­nung gebil­det zu haben.