Meist geht es um die Bahn, wenn über öffentliche Verkehrsmittel gesprochen wird. Dies ist bei mir – auch wegen meines fachlichen Schwerpunktes – in jedem Fall so. Doch der Bedeutung des Busses zumindest im öffentlichen Nahverkehr wird dies nicht gerecht.
Im öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) ist die Verkehrsleistung (verteilt auf die Personenkilometer) wie folgt aufgeteilt[1]: Eisenbahn 53,9 Prozent, Omnibus 31,8 Prozent und Straßen-/U‑Bahn 14,3 Prozent.
Vorteile von Bussen
Busse lassen sich sehr flexibel organisieren, da sie sich bereits bei deutlich geringerem Fahrgastaufkommen als eine Bahn etablieren lassen und auf einem sehr gut ausgebauten Straßennetz fahren können. Die Busse nutzen die bestehende Infrastruktur, die dafür nicht ausgebaut werden muss. Sie ermöglichen ein Haltestellennetz mit kurzen Abständen und eine flächenhafte Erschließung. Routen können bei Baustellen schnell angepasst werden. Linienverläufe können an Bedarfe in neuen Wohn- und Gewerbegebieten angepasst werden. Ebenso können jederzeit komplett neue Linien entworfen werden. Investitionskosten halten sich in Grenzen.
Die Schwächen von Bussen
Leider stehen Busse vielfach im Stau und können dann ihre Fahrpläne nicht einhalten. Die Fahrzeiten sind meist länger als die mit der Bahn. Fahrgäste empfinden Busse im Vergleich zu schienengebundenen Fahrzeugen als weniger komfortabel. Dies gilt insbesondere für längere Strecken. Auch der Umstieg von Bus zu Bus dürfte auf geringere Akzeptanz stoßen als der von Bus auf Bahn oder von Bahn auf Bahn. Die Erfahrung lehrt, dass hohe Fahrgastzugewinne eher mit dem Ausbau der Bahn- als der Busangebote erzielt werden können. Auch beschleunigte Expressbusse stoßen beim Fahrgastzugewinn schneller an ihre Grenzen als Bahnangebote. Busse können Bahnangebote aber in hervorragender Weise in Zu- und Abbringerfunktion ergänzen.
Entwicklungen im Landkreis Esslingen
Im Raum Nürtingen, meinem Wahlkreis, werden die Busangebote zum Glück weiter ausgebaut. So wurde im Mai ein neuer Expressbus gestartet, der Nürtingen mit Neckartailfingen, Neckartenzlingen und Reutlingen-Mittelstadt verbindet. Allerdings fährt dieser nur sechsmal pro Tag, beschränkt auf die Hauptverkehrszeiten (Montag bis Freitag). Zwischen Nürtingen und Neckartenzlingen sind die Fahrgäste 10 Minuten schneller unterwegs als bisher. Die Linie 166, die ich ziemlich häufig nutze, verbindet Nürtingen mit Kirchheim unter Teck. Die Busse sind meist sehr gut nachgefragt. Daher kommen größere Busse zum Einsatz und die Frequenz an den Samstagen wurde erhöht. Neu ist die Nachtbuslinie N87, die an Wochenenden von Nürtingen nach Neckartailfingen, Altdorf, Neckartenzlingen, Altenriet, Häslach und Schlaitdorf fährt. Auch auf weiteren Linien wurden Verbesserungen realisiert. Insgesamt umfasst das neue Angebot 200.000 zusätzliche Kilometer.[2]
Die X‑Busse der Stuttgarter Straßenbahnen (so die Linien X4 und X7) konnten nach einer längeren Hängepartie in ihrer Finanzierung und damit in ihrer Existenz abgesichert werden. Angebotsverbesserungen erfolgten, ohne dass an anderen Stellen Angebote ausgedünnt worden wären.[3]
Handlungsbedarfe
Um die Rolle von Bussen im öffentlichen Nahverkehr zu stärken, müssen Maßnahmen zur Verbesserung der Zuverlässigkeit umgesetzt werden. Hierzu zählen: Busspuren, Bevorrechtigung an Ampeln, Abschlusssicherung[4]. Letzteres bedeutet, dass Busse an Umsteigepunkten auf die Fahrgäste aus leicht verspäteten Zügen warten müssen, um durchgehende und verlässliche Reiseketten sicherzustellen. Dazu sind die Fahrer*innen über ihre Bordgeräte zu informieren, ob sie warten oder – entsprechend des Ausmaßes der Zugverspätung und der Verkehrslage auf den Straßen – doch besser pünktlich abfahren sollen. Der Fahrermangel gefährdet die Qualität des Busverkehrs und muss dringend gelöst werden. EU-Vorgaben beschleunigen den Wechsel von Diesel- auf batterieelektrische Busse. Diese bringen deutliche Umweltvorteile und bieten den Fahrgästen ein ruhiges Fahrerlebnis. Die Reichweiten sind inzwischen für die meisten Bedarfe ausreichend. Schließlich besteht an vielen Bushaltestellen Handlungsbedarf. Diese müssen barrierefrei sein, was insbesondere Hochbordsteine für den ebenerdigen Zu- und Ausstieg voraussetzt. Als Mindestausstattung sollten Sitzgelegenheiten, Überdachung und Fahrgastinformationen gelten.
[1] 2024, Statistisches Bundesamt
[2] Presseerklärung des Verkehrs- und Tarifverbundes Stuttgart (VVS) vom 09. April 2025
[3] Dazu das Landratsamt Esslingen auf meine Anfrage: Das Linienbündel ES10 im Bereich Neckartenzlingen wurde am 20.04.2025 bis Ende 2033 neu vergeben. Die Fahrgäste profitieren von vielen Verbesserungen, wobei es sich ausschließlich um neue bzw. ausgeweitete Angebote handelt, die nicht zu Lasten bestehender Angebote gehen.
[4] Mit diesem Thema befasse ich mir seit Jahrzehnten. Ich kenne zahlreiche Modelle, jedoch ist mir kein funktionierendes System bekannt.