Da es leider selten ist, dass neue Strecken in Betrieb genommen werden, ist ein solches Ereignis einen Besuch wert. Ich habe mir in Müllheim an der Rheintalbahn die letzten Bauarbeiten eines sechs Kilometer langen Streckenabschnitts vor Inbetriebnahme angeschaut. Dort traf ich mich mit Mitarbeitenden der Deutschen Bahn zum Lokaltermin.
Im Bereich Müllheim wird ein Abschnitt der von zwei auf vier Gleisen zu erweiternden Rheintalbahn fertiggestellt. Dieser Abschnitt zwischen Freiburg und Basel bildet die nördliche Zulaufstrecke zum seit dem Jahr 2012 in Betrieb befindlichen Katzenbergtunnel. Damit wird die mit dem Tunnel und einem darauffolgenden Abschnitt bis Schliengen bestehende Viergleisigkeit nun über Auggen bis nach Müllheim um sechs Kilometer in den Norden verlängert. Die Inbetriebnahme ist für Dezember 2025 vorgesehen. Die neuen Gleise liegen direkt neben der Bestandsstrecke, die mit einer Maximalgeschwindigkeit von 160 Stundenkilometer befahren werden kann. Die Neubaustrecke ist auf 250 Stundenkilometer ausgelegt. Die Überleitweiche im Norden, wo sich der viergleisige Ausbau noch in Planung befindet, kann mit einer Geschwindigkeit von 130 Stundenkilometer befahren werden. Der ursprüngliche Planabschnitt war länger, wurde aber wegen nicht ganz unstrittiger Planungen in einen früher und einen später zu realisierenden Abschnitt aufgeteilt. Wenn ab Dezember die Fernverkehrszüge über den neuen, sechs Kilometer langen Gleisabschnitt rollen, dann sind dies Beiträge für mehr Kapazität und einen stabileren Betrieb. Die Fernzüge sparen etwa eine Minute an Fahrzeit. Auf ETCS wurde erstmal verzichtet, da dies auf der Gesamtstrecke noch nicht verbaut ist. In Auggen wurde der bestehende Haltepunkt verlegt, sodass die Fernzüge künftig auf eigenen Gleisen an den Bahnsteigen vorbeifahren. In Müllheim, wo wir uns getroffen hatten, wurde der Bahnhof modernisiert und firmiert nun unter dem neuen Namen „Müllheim im Markgräflerland“. Hier wurde eine komplett neue Unterführung gebaut mit einer Rampe zur barrierefreien Erschließung des Mittelbahnsteigs. Auf einer jetzt noch für Logistikzwecke genutzten Fläche wird ein neues Bahnhofsgebäude entstehen.
Das Gespräch mit Vertreter*innen der Deutschen Bahn nutzte ich, um über den sehr aufwändigen Bauabschnitt zwischen Offenburg und Riegel zu sprechen. Hier soll nach Fertigstellung der autobahnparallelen Neubaustrecke im Jahr 2036, die für den Güterverkehr gedacht ist, die Bestandsstrecke auf einer Länge von 13 Kilometern auf vier Gleise ausgebaut werden. Damit soll dem Fernverkehr die Überholung des Regionalverkehrs ermöglicht werden. Der Ausbau am Bestand ist extrem komplex und sorgt für viel Ärger und starke Einschränkungen. Die Pläne sehen vor, dass die Bestandsstrecke für den Ausbau über sechs Jahre (!) voll gesperrt wird. An der Neubaustrecke sollen Interimshalte (auf der Strecke, keine Ausschleifungen wie in Merklingen) für einen Teil des Regionalverkehrs eingerichtet werden. Dafür müssen dort ebenfalls interimsweise Bushalte und Pkw-Parkplätze gebaut werden. Die Alternative wäre „Bauen unter rollendem Rad“, was aber an die 10 Jahre dauern und 400 Millionen Euro mehr kosten würde. Schienenersatzverkehr wird in jedem Fall erforderlich sein. Die Variantenabwägungen wurden den Bürgermeistern der betroffenen Kommunen bereits vorgestellt. Letztlich wird der Schienenverkehr insgesamt vom Neu- und Ausbau profitieren. Der Regionalverkehr profitiert vom Bedarfsplanvorhaben des Bundes. Dies bedeutet: Neu- und ausgebaut wird für den Fern- und Güterverkehr. Der Regionalverkehr profitiert durch freiwerdende Trassen, ohne dass Land und Kommunen für die Infrastruktur bezahlen müssen.
Wo noch gebaut wird
Der Ausbau der Rheintalbahn ist in zahlreiche Planfeststellungs- und Bauabschnitte unterteilt. Im Bau befinden sich neben dem beschriebenen Abschnitt bei Müllheim unter anderem:
– Zusätzliche Gleise nördlich von Rastatt und Tunnel Rastatt (Inbetriebnahme Ende 2026)
– Ausbau zwischen Katzenbergtunnel und Basel (Inbetriebnahmen Ende 2028 und Ende 2029). Hier wird die Bestandsstrecke auf sechs Gleise erweitert, es werden Überwerfungsbauwerke für die höhenfreie Verflechtung der Bahnstrecken gebaut, sowie der Lärmschutz verbessert. Darüber hinaus werden die Bahnhöfe Haltingen und Weil am Rhein analog zum Bahnhof Müllheim komplett saniert und umgebaut.