Mobile Sprechstunde in der S‑Bahn

Gemein­sam mit dem Chef der S‑Bahn Stutt­gart hat­te ich zur Fahr­gast-Sprech­stun­de in zwei S‑Bahnen der Linie S 1 ein­ge­la­den. Dabei wur­den eini­ge Fra­ge­stel­lun­gen the­ma­ti­siert.

Lei­der wur­den wir mit einer der bei­den geplan­ten Fahr­ten, näm­lich von Kirch­heim unter Teck nach Böb­lin­gen, Opfer einer feh­ler­haf­ten Kom­mu­ni­ka­ti­on der Abfahrt­zeit in Kirch­heim (Teck). Die in Kirch­heim ankom­men­de S‑Bahn war deut­lich zu spät. Da die S‑Bahn in Kirch­heim wen­det, wur­de bei der pro­gnos­ti­zier­ten Abfahrt­zeit zurück nach Stutt­gart die Ankunfts­ver­spä­tung auf die plan­mä­ßi­ge Abfahrts­zeit auf­ge­schla­gen. Somit war die pro­gnos­ti­zier­te Ver­spä­tung der zurück nach Stutt­gart fah­ren­den Fahrt gleich hoch wie die­je­ni­ge aus der ankom­men­den Fahrt zuvor. Aller­dings fuhr die S‑Bahn letzt­end­lich, abwei­chend von den Anzei­gen am Bahn­steig und auf der App, sie­ben Minu­ten frü­her in ab, da deut­lich schnel­ler gewen­det wur­de als pro­gnos­ti­ziert.

Jedoch posi­tiv an der Sache: Der Lok­füh­rer der S‑Bahn hat sich beeilt, mög­lichst schnell sei­nen Zug in Kirch­heim zu wen­den. Damit konn­te die Fahrt zurück nach Stutt­gart ganz im Sin­ne der meis­ten betrof­fe­nen Fahr­gäs­te mit deut­lich weni­ger Ver­spä­tung begin­nen, als ursprüng­lich pro­gnos­ti­ziert war.

Dafür hat­ten wir gleich ein zen­tra­les The­ma gefun­den: Die unzu­ver­läs­si­ge Kom­mu­ni­ka­ti­on gegen­über den Fahr­gäs­ten. Die vie­len Ver­spä­tun­gen, zuletzt durch eine Viel­zahl von Bau­stel­len, Signal­stö­run­gen und am besag­ten Tag auch durch medi­zi­ni­sche Not­fäl­le und Poli­zei­ein­sät­ze in der Stamm­stre­cke aus­ge­löst, brin­gen Dis­po­nen­ten und Infor­ma­ti­ons­sys­te­me, die noch immer viel­fach von Hand gepflegt wer­den müs­sen, ans und teil­wei­se über das Limit.

Auf der Fahrt in der S‑Bahn zwi­schen Böb­lin­gen und Stutt­gart Haupt­bahn­hof ging es in Gesprä­chen mit Fahr­gäs­ten denn auch um die Pünkt­lich­keit. Die­se befin­det sich auf einem Jah­res­tief­punkt. S‑Bahn-Chef Dr. Mat­thi­as Glaub erklär­te, dass man dabei sei, gemein­sam mit ande­ren S‑Bahnen eine KI für die Unter­stüt­zung der Dis­po­nen­ten zu ent­wi­ckeln. Momen­tan wird die Dis­po­si­ti­on noch rein hän­disch durch die Dis­po­nen­ten in der Leit­stel­le abge­wi­ckelt. Die hier­bei zu tref­fen­den Ent­schei­dun­gen kön­nen kom­plex sein und unter­lie­gen vie­len Ein­fluss­fak­to­ren. Bei­spiel: Aus dem Nor­den kom­mend fah­ren meh­re­re S‑Bahnen auf die Stamm­stre­cke zu. Es muss ent­schie­den wer­den, wel­che Linie als ers­tes in die Stamm­stre­cke ein­fährt. Dabei sind ver­schie­de­ne Fak­to­ren zu berück­sich­ti­gen, so bei­spiels­wei­se even­tu­el­le Aus­wir­kun­gen auf Ver­spä­tun­gen, die Aus­las­tung der Züge oder auch mög­li­che Umstei­ge­an­ge­bo­te und Anschlüs­se., Da die Dis­po­si­ti­ons­ent­schei­dun­gen teil­wei­se sehr kurz­fris­tig erfol­gen und die Über­tra­gung in die Aus­kunfts­sys­te­me meist hän­disch erfolgt, zei­gen App und Moni­to­re immer wie­der meh­re­re Züge mit glei­cher Ankunfts­zeit an. Da die eigent­li­che Dis­po­si­ti­on und das „Füt­tern“ der Aus­kunfts­sys­te­me immer noch zwei hän­di­sche Schrit­te sind, dau­ert das sei­ne Zeit, bis letzt­end­lich auch alles kor­rekt im Aus­kunfts­sys­tem ange­zeigt wird!

Um die Pünkt­lich­keit der Züge zu ver­bes­sern, wird auf meh­re­re Maß­nah­men gesetzt. Die ent­schei­dends­te ist „ETCS only“. Die orts­fes­ten Signa­le wer­den im Rah­men des digi­ta­len Kno­ten Stutt­gart abge­baut und die Züge kom­mu­ni­zie­ren per Funk mit­ein­an­der. Die­se Tech­no­lo­gie ist weit weni­ger stör­an­fäl­lig und die Züge kön­nen in kür­ze­ren Abstän­den (Brems­weg­ab­stän­de) hin­ter­ein­an­der her­fah­ren. Die Kapa­zi­tät der Stre­cken ist also höher. Zwei­tens wur­den in der Stamm­stre­cke die fahr­ba­re Geschwin­dig­keit erhöht (dient als Puf­fer zum Abbau even­tu­el­ler Ver­spä­tun­gen) und es wur­den zusätz­li­che Wei­chen ein­ge­baut, um die Betriebs­ab­läu­fe im Bedarfs­fall fle­xi­bler gestal­ten zu kön­nen. Die­se letzt­ge­nann­ten Maß­nah­men wer­den im Juli 2027, mit der Inbe­trieb­nah­me von ETCS, umge­setzt. Zu ETCS: Die orts­fes­ten Signa­le im Kern­netz der S‑Bahn wer­den abge­baut, da die Züge auf dem digi­ta­len Wege gesteu­ert wer­den und mit­ein­an­der kom­mu­ni­zie­ren. Im zwei­ten Habljahr 2024 gab es lt. Ant­wort auf eine frü­he­re Anf­ra­he von mir 747 Stö­run­gen an der Tech­nik (Signa­le und Wei­chen). Mit ETCS ist mit einer deut­li­chen Ver­rin­ge­rung sol­cher Stö­run­gen zu rech­nen.

Wir spra­chen in der Sprech­stun­de auch über die neu­en bzw. rede­sign­ten Fahr­zeu­ge: Die­se wer­den alle über Steck­do­sen und zusätz­li­che Mehr­zweck­be­rei­che ver­fü­gen. Spä­tes­tens im Früh­jahr 2027 soll die Moder­ni­sie­rung der Flot­te abge­schlos­sen sein. Bereits jetzt fah­ren die ers­ten rede­sign­ten S‑Bahnen im nor­ma­len Fahr­gast­be­trieb.

Übri­gens: Die S‑Bahn von Böb­lin­gen nach Stutt­gart war pünkt­lich und die Sprech­stun­de konn­te nach Plan statt­fin­den. Lei­der nah­men dar­an nur zwei Fahr­gäs­te teil. Dar­über hin­aus konn­te ich gegen­über den DB-Ver­tre­tern Fra­gen bespre­chen, die vor­ab von Fahr­gäs­ten ein­ge­gan­gen waren.

Wei­ter­ge­hen­de Infor­ma­tio­nen: https://www.matthias-gastel.de/vorne-dabei-fuehrerstandsmitfahrt-in-s-bahn-nach-filderstadt/

Zu ETCS: https://www.matthias-gastel.de/wie-die-s-bahn-von-etcs-profitieren-soll/