Anhydrit-Tunnelbautechnik noch nicht bewährt

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PRESSEMITTEILUNGdezember-2016
Fil­der­stadt, 03.01.2017

Tunnelbau im Anhydrit: Bundesregierung erschreckend ahnungslos

Eini­ge Tun­nel­ab­schnit­te, die für Stutt­gart 21 gebaut wer­den müs­sen, füh­ren durch Anhy­drit­schich­ten. Das Pro­blem dabei ist, dass Anhy­drit auf­quillt, wenn es mit Was­ser in Ver­bin­dung kommt. Des­halb betont die Deut­sche Bahn immer wie­der, dass sie ein spe­zi­el­les Tun­nel­bau­ver­fah­ren anwen­det. Die­ses habe Prof. Wal­ter Witt­ke ent­wi­ckelt, der die Bahn beim Tun­nel­bau bei Stutt­gart 21 berät. Mat­thi­as Gastel, Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ter der Grü­nen aus Fil­der­stadt, hat bei der Bun­des­re­gie­rung nach­ge­fragt, ob es bereits fer­tig­ge­stell­te Tun­nel gibt, die nach die­sem Ver­fah­ren gebaut wur­den und ob es im Nach­hin­ein Pro­ble­me durch auf­quel­len­des Anhy­drit gege­ben hat. Die Bun­des­re­gie­rung konn­te jedoch trotz mehr­ma­li­ger Nach­fra­gen – und obwohl sie sich erfah­rungs­ge­mäß bei der­ar­ti­gen Fra­gen bei der Deut­schen Bahn erkun­digt – kei­nen ein­zi­gen Tun­nel benen­nen, der in die­ser Bau­wei­se gebaut und in bereits in Betrieb genom­men wur­de. Schließ­lich nann­te Staats­se­kre­tär Barth­le (CDU) den Engel­berg­ba­sis­tun­nel als Bei­spiel für einen mit „bewähr­tem“ Ver­fah­ren gebau­ten Tun­nel, der durch Anhy­drit­schich­ten führt. Was der Staats­se­kre­tär nicht dazu sag­te: Für die­sen Tun­nel fie­len bereits beim Bau erheb­li­che Mehr­kos­ten wegen des Anhy­drits an und seit sei­ner Ver­kehrs­frei­ga­be im Jahr 1999 muss­te er bereits drei­mal saniert wer­den. Im Jahr 2018 steht die nächs­te teu­re Sanie­rung wegen erheb­li­cher Schä­den durch das auf­quel­len­de Gestein an. Mat­thi­as Gastel fol­gert dar­aus: „Es gibt offen­bar noch kei­nen in Betrieb genom­me­nen Tun­nel, der nach die­ser von der Deut­schen Bahn ange­prie­se­nen Bau­wei­se gebaut wur­de. Stutt­gart 21 wird mit einem nicht erprob­ten Ver­fah­ren gebaut und es steht in den Ster­nen, ob sich die Tun­nel nach eini­gen Betriebs­jah­ren bewäh­ren.“

In dem vor weni­gen Wochen an die Öffent­lich­keit gelang­ten KPMG-Gut­ach­ten, das die Deut­sche Bahn in Auf­trag gege­ben hat, wird nach­träg­lich auf­quel­len­des Gestein befürch­tet. Es bestehe, so das Gut­ach­ten, die Gefahr, dass es Jah­re nach Inbe­trieb­nah­me der Tun­nel zu umfang­rei­chen Sanie­rungs­ar­bei­ten kom­men kön­ne. Das von der DB selbst in Auf­trag gege­be­ne Gut­ach­ten schätzt die Gefah­ren durch das auf­quel­len­de Gestein offen­sicht­lich kri­ti­scher ein als das Bahn­un­ter­neh­men selbst.

Unter­des­sen räum­te die Bun­des­re­gie­rung, die sel­ber mit meh­re­ren Per­so­nen im Bahn­auf­sichts­rat ver­tre­ten ist, auf Nach­fra­ge von Mat­thi­as Gastel ein, dass sie das Gut­ach­ten nicht kennt. Zuvor hat­te schon Prof. Witt­ke ein­räu­men müs­sen, dass er das KPMG-Gut­ach­ten eben­falls nicht gese­hen hat.

Mat­thi­as Gastel zeigt sich dar­über sehr ver­wun­dert: „Die Bun­des­re­gie­rung kennt das Gut­ach­ten ihres eige­nen Bahn­kon­zerns nicht, obwohl sie dem Auf­sichts­rat ange­hört. Der Bund kommt damit sei­nen Kon­troll­pflich­ten nicht nach. Auch der Bera­ter der DB, Pro­fes­sor Witt­ke, kennt das Gut­ach­ten nicht. Das macht deut­lich, dass die Anhy­drit-Pro­ble­ma­tik weder von der Deut­schen Bahn noch von deren Kon­trol­leu­ren ernst genom­men wird. Das ver­heißt nichts Gutes.“