Haushaltskrise als Anlass für eine Neuaufstellung der Finanzierung

Kri­sen kön­nen Anlass geben, nicht mehr zeit­ge­mä­ße Din­ge auf ihre Sinn­haf­tig­keit zu prü­fen und den Gege­ben­hei­ten anzu­pas­sen. Für die Poli­tik im Bereich der Schie­ne bedeu­tet das vor allem: Die Finan­zie­rung der Schie­ne auf neue, dau­er­haft sta­bi­le Füße zu stel­len. Es ist gut, dass die Schie­ne deut­lich mehr Finanz­mit­tel bekommt. Allein 2024 steigt die Finan­zie­rung in Ver­gleich zu 2023 von 9 auf 16 Mil­li­ar­den Euro. Nicht gut ist jedoch, dass dies wei­ter nur ein drin­gend benö­tig­ter Ret­tungs­ring ist, aber wei­ter­hin kei­ne grund­sätz­li­che Ent­schei­dung über die Neu­auf­stel­lung der Schie­nen­fi­nan­zie­rung getrof­fen wur­de. Der Blick ins benach­bar­te Aus­land zeigt jedoch, dass gera­de aus Kri­sen der Schie­ne dau­er­haft funk­tio­nie­ren­de Finan­zie­rungs­sys­te­me ent­wi­ckelt wur­den.

Die Schweiz erhielt ihren fast schon sagen­um­wo­be­nen Bahn­fonds als Ant­wort auf die damals nicht geklär­te Fra­ge der Finan­zie­rung der NEAT (dem Bau der bei­den neu­en Alpen­trans­ver­sa­len durch die Schwei­zer Alpen). Er gilt inzwi­schen als bewähr­tes Finan­zie­rungs­in­stru­ment zum Aus­bau und dem Erhalt der Schie­nen­in­fra­struk­tur der Schweiz. In Deutsch­land gibt es unzäh­li­ge For­de­run­gen nach der Errich­tung eines Bahn­fonds, zum Bei­spiel im Abschluss­be­richt der “Beschleu­ni­gungs­kom­mis­si­on Schie­ne“. Der Schwei­zer Fonds zeich­net sich dabei durch jähr­lich zuge­si­cher­te Finan­zie­rungs­quel­len aus, zum Bei­spiel aus dem Schwei­zer äqui­va­lent der Lkw-Maut und sogar aus der Mehr­wert­steu­er. Eine kre­dit­fi­nan­zier­ten Aus­bau der Infra­struk­tur kennt die Schweiz dage­gen nicht (mehr).

Ein sol­ches Modell könn­te Deutsch­land ins­be­son­de­re für den Erhalt sei­ner bestehen­den Schie­nen­in­fra­struk­tur über­neh­men. Die in Deutsch­land exis­tie­ren­de Leis­tungs- und Finan­zie­rungs­ver­ein­ba­rung ist dafür nicht geeig­net. Sie setzt mas­sivs­te Fehl­an­rei­ze, da nur der Ersatz, nicht aber die Instand­hal­tung abge­deckt ist. Zudem könn­te sie kei­ne Sen­kung der Tras­sen­prei­se abbil­den – wie es in der Schweiz mög­lich ist, da der Bahn­fonds auch Mit­tel für Betriebs­kos­ten bereit­stel­len kann und so Deckungs­de­fi­zi­te aus­glei­chen kann. Dazu kommt ein gutes Funk­tio­nie­ren auf Augen­hö­he zwi­schen den Schwei­zer Infra­struk­tur­un­ter­neh­men und dem Bun­des­amt für Ver­kehr. Die­se Auf­ga­be kann das Eisen­bahn­bun­des­amt gar nicht über­neh­men, da es einen rei­nen Auf­trag für einen siche­ren Bahn­ver­kehr hat, nicht aber einen gestal­te­ri­schen Auf­trag zur Zunah­me des Schie­nen­ver­kehrs. Die­ses Bei­spiel zeigt auch: Eine neue Finan­zie­rungs­ar­chi­tek­tur muss Hand in Hand mit pas­sen­den – und damit in Deutsch­land neu­en – Behör­den­struk­tu­ren ein­her­ge­hen.

Für den Neu- und Aus­bau lohnt es sich, in ein ande­res Land zu bli­cken. Öster­reich hat nach einer Ver­schlech­te­rung sei­ner Bahn­in­fra­struk­tur und den abseh­ba­ren Aus­bau­be­dar­fen eben­falls sei­ne Schie­nen­in­fra­struk­tur­fi­nan­zie­rung neu auf­ge­stellt – also auch aus einer Finan­zie­rungs­kri­se her­aus. Ins­be­son­de­re erwäh­nens­wert ist hier die Finan­zie­rung von Neu- und Aus­bau: Durch Kre­dit­auf­nah­men einer staat­li­chen GmbH und einer staat­lich zuge­si­cher­ten Über­nah­me von Zins und Til­gung durch den Bund (je nach Pro­jekt 80% – 100% über 30 bis 50 Jah­re) kön­nen enor­me Finanz­mit­tel für die zahl­rei­chen Erwei­te­rungs­vor­ha­ben in Öster­reich gestemmt wer­den. Der Deutsch­land­takt mit sei­ner noch zu erar­bei­ten­den Etap­pie­rung kann nur mit einem sol­chen Modell finan­ziert wer­den, das die Finan­zie­rung auf die Lebens­dau­er der Infra­struk­tur ver­teilt. Und es ist auch logisch: War­um soll­te die heu­ti­ge Gene­ra­ti­on die voll­stän­di­ge Finan­zie­rung von neu­en Schie­nen­stre­cken ermög­li­chen, wenn doch meh­re­re Gene­ra­tio­nen danach von ihr pro­fi­tie­ren wer­den?

Der Text erschien in der Fach­zeit­schrift “Eisen­bahn­in­ge­nieur“, Aus­ga­be Janu­ar 2024 und wur­de für die­sen Bei­trag leicht aktua­li­siert.