Mobilität darf den Menschen nicht krank und die Umwelt nicht kaputt machen! Leider laufen die Entwicklungen seit Jahrzehnten in eine andere Richtung: Der Hunger nach fossilen Energien und ebenso endlichen Rohstoffen ist nach wie vor ungestillt. Immer breitere Verkehrswege ziehen sich durch zuvor unbebaute Landschaften. Die Luftqualität hat sich vielerorts zwar verbessert, für Entwarnung ist es aber noch zu früh. Der Lärm von Autos, Lastwagen, Motorrädern, Flugzeugen und Zügen kann nerven, aber auch die Gesundheit der Menschen belasten. Beim Klimaschutz ist der Verkehrssektor gar erfolgloses Schlusslicht. Es muss sich etwas ändern! Doch was? Meine sieben Thesen:
- Raus aus den Fossilen!
Europas Automobilindustrie droht zum Fossil zu werden. Auf den Leitmärkten wurde längst über die Zukunftstechnologie entschieden. Daher: Wenn Auto, dann elektrisch! Batterieelektrische Antriebe sind energieeffizient und der Strom ist bereits zu über der Hälfte erneuerbar. Bei Lastwagen geht der Trend ebenfalls, wenngleich mit größeren Herausforderungen verbunden, überwiegend in die elektrische Richtung. Der Staat kann helfen: Lade-Infrastruktur ausbauen und den Strompreis für alle, nicht nur für Konzerne, senken!
- Die Bahn für Leistungsfähigkeit und Pünktlichkeit ausbauen!
Jahrzehntelang wurde die Schiene zurückgebaut und zu wenig instandgehalten. Da braucht sich niemand über unpünktliche Züge und die vielen Lastwagen auf den Straßen zu wundern. Unter der Ampelkoalition wurde ein umfassendes Sanierungsprogramm gestartet. Zudem wurden 355 kleine und mittlere Maßnahmen für Kapazitätserhöhungen und mehr Resilienz gestartet. Über 100 davon wurden umgesetzt, darunter zusätzliche Weichen und Signale. Das reicht aber nicht. Es braucht entschlossene Entscheidungen für die ein oder andere Neubaustrecke, um starke Überlastungen auf Bestandsstrecken aufzulösen und attraktivere Fahrpläne nach dem Vorbild der Schweiz zu ermöglichen. Von Neubaustrecken können und müssen immer ganz besonders die Regionalverkehre profitieren. Mit dem Sondervermögen könnten die notwendigen Investitionen finanziert werden. Die aktuell Regierenden wollen dies aber nicht und glauben, mit dem Austausch von Spitzenpersonal bei der DB Verbesserungen zu erwirken.
- Die Bahn vollständig elektrifizieren!
Nicht nur auf der Straße, sondern auch auf der Schiene muss es sich ausdieseln! Doch es sind erst 62 Prozent des Streckennetzes elektrifiziert. Es geht schneller beim Ausbau von Oberleitungen voran, wenn die aufwändige Wirtschaftlichkeitsberechnung fällt und die Finanzierung gesichert ist. Dort, wo wenig Verkehr unterwegs ist und der Güterverkehr keine Rolle spielt, können Akkutriebzüge zum Einsatz kommen. Elektrische Züge können besser beschleunigen und einen Beitrag zu stabileren Fahrplänen leisten.
- Die Lkw von der Autobahn holen
Wenn Lastwagen mehrere hundert Kilometer auf Autobahnen fahren, zerstört das unnötig Infrastruktur, blockiert den Autoverkehr und belastet das Klima. Diese Verkehre gehören im Grundsatz auf die Schiene. Innerhalb der nächsten zehn Jahre muss die Schiene zum Haupttransportmittel für lange Distanzen werden. Das gelingt durch eine ambitionierten Erweiterung der Infrastruktur und niedrigere Trassenpreise. Verbleibende Lkw auf der Straße können durch einen Ausbau der Ladeinfrastruktur nachhaltiger betrieben werden.
- Mit Bus und Bahn Mobilität garantieren!
Von früh morgens bis spät abends und auch an Wochenenden jedes Dorf mit einem öffentlichen Verkehrsmittel anbinden: Das ist die Mobilitätsgarantie. In kleinen Orten können – perspektivisch autonome – Kleinbusse eingesetzt oder Taxiunternehmen eingebunden werden. Niemand soll vom Auto abhängig sein müssen! Finanziert werden kann dies durch eine Nahverkehrsabgabe oder eine Pkw-Maut. Für die Verbesserung von Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit ist eine Offensive zu starten: Busse brauchen auf wichtigen Streckenabschnitten eigene Spuren und müssen an allen Ampeln durch Bevorrechtigung eine grüne Welle erhalten. Busabbringer müssen im Regelfall auf die Fahrgäste leicht verspäteter Züge warten. Um Anschlüsse zwischen Zügen wieder zu verbessern, ist DB InfraGO auf diese Aufgabe zu verpflichten. Fahrgäste brauchen verlässliche durchgehende Reiseketten!
- Einfach und bezahlbar mit Bus und Bahn mobil!
Das Deutschlandticket ist mit über 13 Millionen Abonnements ein großer Erfolg! Dieser ist von Bund und Ländern dauerhaft abzusichern, ohne dass der Preis weiter steigt. Im Fernverkehr drohen wegen steigender Trassenpreise Angebote ausgedünnt zu werden und starke Verteuerungen der Tickets. Die Regierungskoalition kann dies sehr einfach abwenden, indem sie die Infrastruktur durch Baukostenzuschüsse aus dem Bundeshaushalt oder dem Sondervermögen statt durch Eigenkapitalzuschüsse für die Deutsche Bahn finanziert.
- Kurzstrecken zu Fuß und mit dem Fahrrad!
Viel zu viele Wege, die meist zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt werden könnten, werden mit dem Auto gefahren. Rund 40 Prozent der Strecken von bis zu fünf Kilimetern Länge werden mit dem Auto bewältigt. Dabei geht es zu Fuß oder mit dem Rad gesünder, preiswerter und umweltfreundlicher. Mit dem Pedelec stellen auch längere und bergige Wege für die meisten Menschen kein Hindernis mehr dar. Gut ausgebaute, sichere Wege und Abstellmöglichkeiten fürs Fahrrad machen den Umstieg einfacher. Breite und verkehrssichere Fuß- und Radwege dürfen auch mal zu Lasten des motorisierten Individualverkehrs ausgebaut werden.
Fazit
Es geht! Eine andere Verkehrspolitik ist möglich. Man muss sie nur wollen, in den Ministerien ebenso wie in den Parlamenten. Am Ende profitieren alle, Mensch wie Umwelt!
Hinweis: Eine etwas kürzere Fassung dieses Textes erschien in der „Frankfurter Rundschau“ als mein Gastbeitrag.
