Die Bagger rollen. Sowohl an der Rems- als auch auf der Murrbahn wird fleißig gearbeitet. Doch es handelt sich überwiegend um kleine Maßnahmen und nicht den großen Wurf.
Rund 15 Personen stehen in Murrhardt am Bahnhof und unterhalten sich über das, was gerade an verschiedenen Orten entlang der Murrbahn gebaut wird. Darunter befinden sich mehrere Bürgermeister, interessierte Bürger/innen und eine Pressevertreterin. Mit meinem Landtagskollegen Ralf Nentwich hatte ich zum Lokaltermin eingeladen, um gegenseitig Informationen auszutauschen und dem Ausbauprojekt „Schienenkorridor Stuttgart – Nürnberg“ Nachdruck zu verleihen.
In Murrhardt wird gegenwärtig der Mittelbahnsteig auf eine Länge von 220 Meter verlängert. Zukünftig sollen auch längere Züge dort halten können. In Oppenweiler steht der Bagger schon bereit, den zweiten der Außenbahnsteige anzupassen und zeitgleiche Einfahrten aus beiden Richtungen zu ermöglichen. In Sulzbach wurden/werden Bahnsteige verlängert und gleichzeitige Einfahrten aus beiden Richtungen ermöglicht. In Waiblingen an Gleis 1 können die Züge schneller einfahren als früher. Beide Maßnahmen sind durch eine Anpassung des entsprechenden Gesetzes (Bundesschienenwegeausbaugesetz) 2023 ermöglicht worden. In Backnang stehen im kommenden Jahr Bahnsteigmaßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit an. In Fornsbach (2025), Fichtenberg und Gaildorf West (beide im Jahr 2027) werden Bahnsteige verlängert. In Hessental ist ein zusätzlicher Bahnsteig 4 vorgesehen, der 2029 kommen soll.
An der Remsbahn soll im kommenden Jahr in Aalen West ein neuer Bahnhalt gebaut werden. In Goldshöfe sind Bahnsteigmaßnahmen vorgesehen.
Gegen Ende des Jahres 2025 soll das neue elektronische Stellwerk in Ansbach in Betrieb gehen – früher als geplant. In Bad Cannstatt sollen in den nächsten ein bis drei Jahren einige bauliche Veränderungen vorgenommen werden: Weichenverbindungen sollen zusätzliche Fahrmöglichkeiten schaffen, Gleis 1 soll barrierefrei umgebaut und die Gleise sechs bis acht sollen verlängert werden.
Diese Maßnahmen, von denen einige früher als ursprünglich gedacht umgesetzt werden, dienen der Kapazitätserhöhung in den Zügen, der Barrierefreiheit und der Verbesserung der betrieblichen Flexibilität. Damit wird ein kleiner Beitrag für pünktlichere Züge geleistet. Immer wieder hatte ich mich dafür eingesetzt. Alle Maßnahmen begrüße ich ausdrücklich.
Leider bisher nicht vorgesehen ist, die Eingleisigkeit zwischen Backnang und Hessental durch ein zweites Gleis zu beheben. Nachdem die „Ampelkoalition“ die Vorarbeiten für einen neuen Bundesverkehrswegeplan abgeschlossen hat, sollte in der neuen Legislaturperiode eine solche Ausbaufestlegung getroffen werden. Dies muss dann auch und ganz besonders für den Schanztunnel bei Fichtenberg gelten, der aufgrund seines schlechten Zustandes neu gebaut werden muss. Der Ausbau des Schienenkorridors zwischen Stuttgart und Nürnberg ist bereits im Bundesverkehrswegeplan enthalten, wenngleich unkonkret. Der 3. Gutachterentwurf für den Deutschlandtakt sieht sowohl für die Rems- wie auch für die Murrbahn Fernverkehr vor. Wir fordern, dass ein „echter Fernverkehr“ mit schnellen Zügen und wenigen Unterwegshalten vorgesehen wird.
Hoher Sanierungsbedarf
Mit meiner aktuellen Anfrage wurden die Infrastrukturzustandsnoten der Murrbahn bekannt. Um es vorwegzunehmen: Es besteht dringender Handlungsbedarf.
Die Strecke wurde in der Betrachtung (vereinfacht dargestellt) in drei Abschnitte eingeteilt: Der westliche Abschnitt reicht bis Schwäbisch Hall-Hessental, der mittlere bis Crailsheim und der östliche bis Nürnberg. Das Bewertungssystem entspricht dem von Schulnoten (eins bis sechs). Am schlechtesten schneiden die Bahnübergänge ab (Schulnoten 4,9 im Westen, 5,2 in der Mitte und 5,0 im Osten). Kaum besser stellt sich der Zustand der Stellwerke dar: 4,7, 4,8 und 3,9. Befriedigend stehen die Brücken dar. Ähnlich, wenngleich etwas schlechter sieht es bei den Weichen aus. Gut bis befriedigend werden die Oberleitungen und die Stützwände bewertet. Im westlichen Abschnitt fallen zudem die Tunnel mit der Note 4,2 auf. Gut ist, dass zumindest der Schanztunnel jetzt saniert wird. Der alte Tunnelsollte für einen möglichen zweigleisigen Betrieb erhalten bleiben, wenn im Zuge der Sanierung eine zweite Röhre gebaut wird.
Meine Kommentierung des Sanierungsbedarfs:
„Unter grüner Regierungsbeteiligung wurden die Investitionsmittel für die Schiene um 85 Prozent auf über 16 Milliarden Euro erhöht. Es wird saniert und ausgebaut wie nie zuvor. Die neue Bundesregierung sollte diesen Kurs unbedingt fortsetzen. Es braucht eine ausreichende und zuverlässige Finanzierung der Schiene. Der Zustand an der Murrbahn zeigt, dass häufig gerade die für einen verlässlichen Betrieb relevanten Gewerke wie die Bahnübergänge und die Stellwerke marode sind. Das Ziel ist klar: Weniger Störungen und mehr Kapazität.“
Mangel an Wagenmaterial
Für den Regionalverkehr stehen elf Fahrzeuge (spezielle Baureihe Flirt 3 XL für die Linie RE 90, Tür-/Bahnsteighöhe 76 Zentimeter) zur Verfügung. Drei der Fahrzeuge befinden sich in ETCS-Ausrüstung für den digitalen Knoten Stuttgart und drei Fahrzeuge stehen wegen Ersatzteilmangel schon länger in der Werkstatt. Ein Umlauf wird mit älteren Fahrzeugen von TRI gefahren. Im Ergebnis stehen leider nicht ausreichend Fahrzeugkapazitäten zur Verfügung, was zu häufig überfüllten Zügen und Unmut seitens der Fahrgäste führt. Da der Fernverkehr auf dieser Strecke nicht wirklich schnell ist, erfreuen sich die Regionalzüge Dank des Deutschlandtickets einer hohen Nachfrage.
Mit Stuttgart 21 und der Auslieferung der Coradia-Züge werden diese Doppelstockfahrzeuge auf der Murrbahn als MEX nach Gaildorf West/Schwäbisch Hall-Hessental zum Einsatz kommen.