Zukunft für die Ablachtalbahn?

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Mit Andrea Bogner-Unden (MdL, Wahl­kreis Sig­ma­rin­gen) an der Ablach­tal­bahn.

01.10.2018

Verbindung zwischen Donau und Bodensee

Die in den 1870er-Jah­ren eröff­ne­te Ablach­tal­bahn zwi­schen Stock­ach und Men­gen kann auf eine abwechs­lungs­rei­che Geschich­te zurück­bli­cken. Aktu­ell wird sie nur auf einem Abschnitt von gele­gent­li­chen Güter­ver­keh­ren genutzt. Hat sie Zukunfts­per­spek­ti­ven?

Die ein­glei­si­ge, nicht elek­tri­fi­zier­te Stre­cke zweigt bei Men­gen, einem Ort öst­lich von Sig­ma­rin­gen mit 10.000 Ein­woh­nern (EW), von der Donau­tal­bahn ab und führt in Nord-Süd-Rich­tung über Krau­chen­wies (5.000 EW), Meß­kirch (8.500 EW) und Saul­dorf (2.600 EW) nach Stock­ach (17.000 EW). Die Bahn­stre­cke zwi­schen Stock­ach und Radolf­zell wur­de 1996 reak­ti­viert und wird vom „See­häs­le“ erfolg­reich bedient. Die­sen Stre­cken­ab­schnitt las­se ich im Fol­gen­den außer Acht.

Der Per­so­nen­ver­kehr wur­de bis 1982 nach und nach auf allen Stre­cken­ab­schnit­ten ein­ge­stellt und die Stre­cke wur­de spä­ter für den Per­so­nen­ver­kehr still­ge­legt. Güter­ver­keh­re fuh­ren die meis­te Zeit zumin­dest spo­ra­disch auf ein­zel­nen Abschnit­ten. Im Jahr 2004 wur­de die Stre­cke (Men­gen – Stock­ach) durch die Ablach­tal GmbH über­nom­men. Aktu­ell wird auf dem Abschnitt Krau­chen­wies – Men­gen, teil­wei­se bereits ab Saul­dorf, Güter­ver­kehr für die Fir­ma Tego­me­tall, die meh­re­re Stand­or­te ent­lang der Stre­cke betreibt, durch­ge­führt. Der Tego­me­tall-Geschäfts­füh­rer ist Inha­ber der Ablach­tal-Infra­struk­tur. Als Eisen­bahn­ver­kehrs­un­ter­neh­men ist die Hohen­zol­le­ri­sche Lan­des­bahn tätig (gehört zur SWEG Süd­west­deut­sche Lan­des­ver­kehrs-AG mit dem Land als Haupt­ak­tio­när und fährt auch das See­häs­le). Der süd­li­che Abschnitt zwi­schen Saul­dorf und Stock­ach ist wegen Ober­bau­män­geln gesperrt. Hier hat der Biber so viel Was­ser auf­ge­staut, dass der 100 Jah­re alte Damm durch­weicht wur­de und nun ver­mut­lich saniert wer­den müss­te. Für die­sen Stre­cken­ab­schnitt besteht momen­tan aber lei­der kei­ne Nach­fra­ge.

In den nächs­ten Jah­ren ist vor­ge­se­hen, die Bahn­über­gangs­tech­nik zwi­schen Men­gen und Saul­dorf zu erneu­ern bzw. her­zu­stel­len. Bei Men­gen ist außer­dem die Schot­ter­rei­ni­gung und die Erneue­rung der Bahn­schwel­len vor­ge­se­hen. In den letz­ten drei Jah­ren sind 1,5 Mil­lio­nen Euro an Lan­des­mit­teln in den Stre­cken­er­halt geflos­sen. Das Land wur­de für sein Inter­es­se an der Bahn­stre­cke im Gespräch (sie­he unten) mehr­fach gelobt.

Mit Andrea Bogner-Unden (MdL aus dem Wahl­kreis Sig­ma­rin­gen) habe ich die Stre­cke bereist und mich mit dem Geschäfts­füh­rer von Tego­me­tall sowie dem Bür­ger­meis­ter von Meß­kirch getrof­fen. Das Unter­neh­men Tego­me­tall beschäf­tigt an ver­schie­de­nen Stand­or­ten der Regi­on rund 900 Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter, davon 150 in Krau­chen­wies, unse­rem Treff­punkt. Schon dem Vater des heu­ti­gen Seni­or­chefs war der Schie­nen­an­schluss wich­tig. Bis zu 80.000 Ton­nen Stahl wur­den in den bes­ten Jah­ren per Bahn ange­lie­fert. Heu­te ist es „etwas weni­ger“. Pro­du­ziert wer­den Rega­le für den Laden­bau. Kun­den sind bei­spiels­wei­se Lidl und Ikea, denen die Regal­tei­le per Lkw direkt an die Laden­stand­or­te ange­lie­fert wer­den. Vom Unter­neh­men war zu hören, dass die Suche nach Fach­kräf­ten und Azu­bis mit einem Per­so­nen­bahn­hof in direk­ter Näher deut­lich ein­fa­cher wäre. Aus Rich­tung Süden ist die Anfahrt sehr umständ­lich.

Es lie­gen meh­re­re Stu­di­en zur Reak­ti­vie­rung der Bahn­stre­cke vor. So hat­te SMA (Zürich) in den Jah­ren 2001 und 2016, Vier­egg-Röss­ler im Jahr 2004 und PTV im Jahr 2017 die Poten­tia­le und die Wirt­schaft­lich­keit unter­sucht. Dem­nach ist das Nach­fra­ge­po­ten­ti­al eher beschei­den, man bräuch­te vor­aus­sicht­lich 1.000 Fahr­gäs­te pro Tag. Dafür müss­te die Stre­cke ertüch­tigt und auf höhe­re Geschwin­dig­kei­ten als die heu­te mög­li­chen 60 Stun­den­ki­lo­me­ter (gefah­ren wird mit 50, um die Stre­cke beim Befah­ren mit den sehr schwe­ren Güter­zü­gen zu scho­nen) aus­ge­baut wer­den. Ande­rer­seits kann die­se Stre­cke eine gute Ergän­zung zur (ein­glei­si­gen und stark aus­ge­las­te­ten) Boden­see­gür­tel­bahn (Fried­richs­ha­fen – Radolf­zell) bie­ten. Ein Teil der Gemein­den ent­lang der Stre­cke set­zen sich für die Reak­ti­vie­rung ein. Dies gilt vor allem für die Bür­ger­meis­ter von Mess­kich (des­sen Bür­ger­meis­ter am Gespräch teil­nahm), Saul­dorf und Stock­ach, aber auch für den Land­kreis Kon­stanz. Bedau­er­li­cher­wei­se war von der IHK in der Ver­gan­gen­heit nicht viel zum The­ma zu ver­neh­men.

Mit dem Cam­pus Gal­li, einer besu­cher­of­fe­nen Bau­stel­le zum Nach­bau einer mit­tel­al­ter­li­chen Klos­ter­an­la­ge, befin­det sich unweit von Meß­kirch ein Besu­cher­ma­gnet, der jähr­lich 85.000 Besu­che­rin­nen und Besu­cher anzieht. Hin­zu kom­men unweit das Schloss Sig­ma­rin­gen und der Fahr­rad­tou­ris­mus zwi­schen Donau und Boden­see. Daher sahen unse­rer Gesprächs­part­ner im Aus­flugs­ver­kehr eine Chan­ce für die Stre­cken­re­ak­ti­vie­rung für den Per­so­nen­ver­kehr. Hin­zu kommt der Schü­ler­ver­kehr. Aller­dings müss­ten dafür Sta­tio­nen errich­tet wer­den. Im Güter­ver­kehr könn­ten die Kies­wer­ke, die voll­stän­dig auf den Lkw set­zen, ein Poten­ti­al dar­stel­len.

Andrea Bogner-Unden und ich set­zen sich für Schrit­te hin zur Reak­ti­vie­rung ein. Dafür wer­den wir in den nächs­ten Schrit­ten um Unter­stüt­zer wer­ben.