Auch in diesem Jahr war ich wieder drei Tage zu Fuß in meinem Wahlkreis unterwegs. Meist war ich in Begleitung unterwegs, teilweise allein. An allen unterwegs eingelegten Stationen hatte ich Gäste dabei. Diesmal führt mich meine Route von Filderstadt über Waldenbuch, Steinenbronn (1. Übernachtung) und Schönaich (2. Übernachtung) nach Leinfelden-Echterdingen.
In Waldenbuch lief ich bei meiner ersten Station ein, die mir nicht unbekannt war: Im Eine-Welt-Lädle. Dieses ist im hinteren Bereich der Bücherei-Filiale am Rande der Altstadt zu finden. Getragen wird das Lädle von der Weltgruppe. Mit einigen der Aktiven sprachen wir über den Welthandel, die Flüchtlingsthematik und einigen Rohstofffragen. Gemeinsam stellten wir fest, dass sich die Stimmung im Land gegen Geflüchtete gedreht hat und nicht jede Diskussion darüber rational und faktenorientiert geführt wird. Ein konkretes Thema war das Lieferkettengesetz. Der Verein verspricht sich davon die Stärkung von Menschenrechten und fürchtet eine Aufweichung. Wir stehen als Grüne zu strengen Vorgaben, sehen uns aber immer wieder dem Bürokratievorwurf ausgesetzt. Bevor wir die Wanderung fortsetzten, warfen wir noch einen Blick ins gerade einmal 10 Quadratmeter große Lädle und dessen Sortiment. Kaffee und Tee gehören mit Honig und Süßwaren zu den am häufigsten verkauften Produkten.
Steil den Berg hinauf fanden wir unser nächstes Ziel, das Heizungsbau-Unternehmen Lindheimer. Dort konnten wir mit dem Chef und seinem Sohn, der gerade seine Ausbildung abgeschlossen hatte und die die dritte und vierte Generation abbilden, sprechen. Wir sprachen über die Wärmepumpe und deren oftmals unterschätzte Möglichkeiten. Auch hier, wie zuvor schon in anderen Fachbetrieben, wurde einmal mehr erklärt, dass diese sich auch für Altbauten und Mehrfamilienhäuser anbietet und keinesfalls eine umfassende Wärmedämmung voraussetzt. Vielmehr müsse die Heizung und die Dämmung als Ganzes erfasst werden und geprüft werden, ob eine höhere Leistung der Wärmepumpe oder die Investition in eine Wärmedämmung wirtschaftlicher ist. Der Betrieb hat nach eigenen Worten schon seit einem Jahr keine Öl- oder Gasheizung mehr verbaut. Da sieben der 22 Mitarbeitenden Azubis sind, war ich sehr froh, mit zwei Auszubildenden sprechen zu können. Wir sprachen über die Anforderungen des Berufs und die Berufsschule. Ich konnte mir eines der Gesellenstücke anschauen.
Ein vielleicht etwas seltsames Bild gaben meine Begleiter*innen und ich an einer Station des Zweiten Tages ab: In Wanderkleidung informierten wir uns im Waldfreibad in Schönaich über die Technik im Hintergrund, Schwimmkurse und gesellschaftliche Entwicklungen. Das Bad wurde bereits 1927 erbaut und war das erste im Landkreis Böblingen. Es wird durch Quellwasser gespeist. Die Liegewiesen befinden sich auf drei Ebenen am Hang, wodurch die soziale Kontrolle erschwert wird. Konflikte gebe es jedoch keine, wurde uns vom Bademeister und ehrenamtlichen Mitgliedern des Fördervereins berichtet, die Teile der Badeaufsichten übernehmen. Da es weder eine Rutsche noch einen Sprungturm gibt, kommen überwiegend Familien mit jüngeren Kindern (es gibt ein schönes Planschbecken) und ältere Menschen ins Bad. An Spitzentagen besuchen bis zu 1.000 Badegäste das idyllisch gelegene Freibad.
In Leinfelden-Echterdingen hatten wir gleich drei Stationen.
Die Eselsmühle in Musberg ist eine gute kulinarische Adresse in einer Naturoase. Vor wenigen Jahren war eines der Gebäude einem furchtbaren Brand zum Opfer gefallen. Inzwischen klafft an dessen Stelle eine Baugrube. Alles ist, nach der Klärung komplizierter bau- und naturschutzrechtlicher Fragen, vorbereitet für einen Neubau mit Laden, Gastronomie und Wohnraum. Wann das neue Gebäude stehen wird, ist noch offen. Es soll dem früheren Haus sehr ähnlich sehen. Mit der Eigentümerfamilie sprachen wir über die Gastronomie, die zugehörige Bäckerei und die Tiere auf dem Gelände, zu denen die namensgebenden Esel gehören. Bis 2008 war die Mühle noch in Betrieb.
Weiter ging es nach Echterdingen. Dort wurden wir auf der Jugendfarm erwartet. In den Ferien sind über den Tag verteilt je rund 120 Kinder auf dem Platz. Um uns herum fand eine Wasserschlacht statt. Die Leiterin und ein Vorstandsmitglied des Fördervereins gaben uns, bisweilen assistiert durch das ein oder andere Kind, einen Überblick: Sechs Hauptamtliche teilen sich rund fünf Stellen, ergänzt durch einen Auszubildenden und einen jungen Menschen im freiwilligen sozialen Jahr. Während der Schulzeit gibt es ein Kernzeitenangebot mit Hausaufgabenbetreuung und Mittagessen. Wir schauten uns die Räumlichkeiten und den Platz inklusive der Tiere (Pferd, Ponys, Schafe, Ziegen und Kaninchen) an.
Wir liefen zurück nach Leinfelden zur letzten Station unserer Wanderung: Die Freie Aktive Schule, die von 54 Kindern der Grund- und Werkrealschule besucht wird. Die Schule ist genehmigt, aber nicht anerkannt und arbeitet teilweise nach Montessori-Prinzipien. Den Kindern werden Freiheiten gelassen, was sie wann lernen. Dafür stehen kleine Lerngruppen bereit. Noten gibt es keine. Die Lehrkräfte sind meist Grund- und Hauptschullehrer*innen, unterstützt durch Lernbegleiter. Die Eltern bezahlen Schulgeld und bringen sich beispielsweise beim Putzen und Sanieren der Räume ein. Das Einzugsgebiet der Schule ist weit größer als das der staatlichen Schulen.
Fazit: Etwa 35 Kilometer war ich unterwegs, konnte viel sehen, entdecken und während des Laufens und an den Stationen viele wertvolle Gespräche führen. Davon kann ich wieder einige Eindrücke mit in meine politische Arbeit nehmen.
Im vergangenen Jahr war ich in Filderstadt, Wolfschlugen, Neckartenzlingen und Nürtingen unterwegs. Hier der Bericht: https://www.matthias-gastel.de/drei-tage-zu-fuss-durch-den-landkreis/