Ein (Rück)Blick auf den Bahnverkehr Tübingen-Stuttgart
Das Land Baden-Württemberg hat den regionalen Bahnverkehr massiv ausgebaut. Heute fahren rund 20 Prozent mehr Züge als vor 10 Jahren. Die Anbieterlandschaft ist bunter geworden. So fahren beispielsweise auf der Strecke zwischen Tübingen und Stuttgart, die durch meinen Wahlkreis führt, die Deutsche Bahn (DB Regio) und Abellio. Abellio wird sich aufgrund wirtschaftlicher Probleme aus dem Markt zurückziehen. Ich sage „leider“, denn ich habe mit Abellio genauso eng und gut zusammen gearbeitet wie mit der DB. Der Wettbewerb hat sich insgesamt bewährt. Zugleich haben sich Grenzen gezeigt und Aufgabenträger sehen, worauf bei zukünftigen Ausschreibungen zu achten ist.[1] Für mich als Wahlkreisabgeordneter war und ist es so: Ich bekam früher viele Fahrgast-Beschwerden, als die DB auf der genannten Strecke noch alleine unterwegs war und ich bekomme diese Beschwerden nach wie vor, seit zwei Unternehmen unterwegs sind. Dass „früher alles besser“ war, wie einige im Rückblick meinen, lässt sich nicht belegen (worauf auch die Grafik nicht hindeutet). Die Pünktlichkeitswerte waren und sind bei keinem Unternehmen zufriedenstellend. Dies zeigt: Zu oft sind die Verkehrsunternehmen von Störungen an den Fahrzeugen und an der Infrastruktur sowie unzureichenden Kapazitäten der Strecken betroffen. Denn während die Bahnangebote in den letzten Jahren stark angewachsen sind, ist die Infrastruktur nicht mitgewachsen. Wir benötigen dringend den Ausbau der Strecke, um mehr Zuverlässigkeit zu bieten und Weiterentwicklungen der Angebote im Interesse der Fahrgäste ermöglichen zu können.
[1] Im Positionspapier von Dezember 2020 schrieb die Bundestagsfraktion der Grünen zu diesem Thema (stark gekürzt): Wir Grüne im Bundestag verstehen uns als Garanten eines guten und attraktiven Schienenpersonennahverkehrs und wollen an dem Besteller-Ersteller-Prinzip mit Ausschreibungen festhalten. Allerdings muss die aktuell ausgeübte Praxis evaluiert und weiterentwickelt werden. Insbesondere benötigt es eine Reform der in manchen Bundesländern zu kleinen Aufgabenträger. (..) Zudem müssen bei den Anschaffungen die gesamten Life-Cycle-Costs der Fahrzeuge berücksichtigt werden. (..) Der Wettbewerb hat zu einer Reduzierung der Kosten pro Zugkilometer geführt. Dieser Preiskampf darf jedoch nicht auf dem Rücken der Beschäftigten erfolgen. Daher ist für uns die Tarifbindung in den Ausschreibungen eine zwingende Voraussetzung, wie es bei den letzten Ausschreibungen inzwischen zurecht Standard ist. Vor einer Vergabe ist die wirtschaftliche Auskömmlichkeit der Angebote intensiv zu prüfen. Weder auf Ebene der Länder noch auf Ebene des Bundes dürfen Ausschreibungsmodelle zu Lasten der Beschäftigten ausgestaltet werden. (..) Auch “bahnbetriebliche” Kriterien sollten beachtet werden. Hierzu gehören technische Ausstattungsmerkmale, mit denen sich Fahrpläne bestmöglich einhalten lassen wie die automatische Fahr- und Bremssteuerung, um die zulässige Maximalgeschwindigkeit optimal ausfahren zu können oder auch Türen in ausreichender Anzahl und Breite für einen zügigen Fahrgastwechsel und kurze Standzeiten in den Stationen. (..) Bei den Ausschreibungen von Verkehrsleistungen wollen wir neben dem Preis auch Qualitätsaspekte als Vergabekriterien einführen. So können auch innovative Angebote besser berücksichtigt werden. Hierzu gehören beispielsweise Vorgaben für personelle Reserven und verbindliche Bereitschaftsdienste für einen verlässlichen Betrieb. (..) Zudem müssen die Vertragsstrafen für Verspätungen verursachergerecht ausgelegt werden.