15.03.2021
Dialog über Abschnitt Karlsruhe – Basel
Der Südabschnitt der Rheintalstrecke bildet den direkten Zulauf für die europäische Nord-Süd-Achse über den Gotthard. Die Bundesrepublik Deutschland verpflichtete sich 1996 in einem Staatsvertrag mit der Schweizer Eidgenossenschaft (Vertrag von Lugano), dazu eine leistungsfähige Zulaufstrecke für die NEAT (Neue Alpentransversale), die Zeitgleich in der Schweiz gebaut wurde, bereitzustellen. Wie steht es um diesen Ausbau? Darüber sprach ich gemeinsam mit meinen Landtagskollegen Thomas Marwein, Thomas Hentschel und Hans-Peter Behrens mit Vertreter*innen der Deutschen Bahn.
Nachdem wir vor wenigen Wochen bereits die Abschnitte Frankfurt – Mannheim und Mannheim – Karlsruhe besprochen hatten (siehe https://www.matthias-gastel.de/bahnausbau-frankfurt-mannheim-karlsruhe/), ging es nun um die Planfeststellungsabschnitte zwischen Karlsruhe und Basel.
In der bereits erwähnten Übereinkunft zwischen Deutschland und der Schweiz wurden ein viergleisiger Ausbau der gesamten Strecke zwischen Karlsruhe und Basel, sowie eine Beschleunigung der Streckengeschwindigkeit für den Fernverkehr auf 250km/h zur Verkürzung der Fahrzeit um 31 Minuten und Entflechtung der Verkehre zugesichert. Für den Güterverkehr ist eine weiträumige Umfahrung der „Freiburger Bucht“ entlang der A5 vorgesehen. Während die Schweizer Maßnahmen (Gotthard-Basistunnel 2016, Ceneri-Basistunnel 2020, zweite Rheinbrücke in Basel 2012) planmäßig und im Kostenrahmen fertig gestellt wurden, bleibt die Bundesrepublik ihre Verpflichtungen bisher schuldig. Die unzureichenden Zulaufstrecken verhindern, dass die Transversale in vollem Umfang genutzt werden kann.
Als Fertigstellungszeitraum der Gesamtmaßnahmen in Deutschland steht aktuell das Jahr 2041 im Raum.
Aktueller Stand der Bauarbeiten in den einzelnen Planfeststelungsabschnitten
Karlsruhe – Rastatt:
Das PfV ist abgeschlossen, die Trasse entlang der B36 bereits größtenteils angelegt. Mit Fertigstellung des Tunnels Rastatt sollen Schienen und Oberleitung verlegt werden.
Tunnel Rastatt:
Der 4.270m lange Tunnel Rastatt soll natur- und anwohnerschonend das Stadtgebiet von Rastatt unterqueren. Der Tunnel ist im Bau. Nachdem es 2017 zu einem Einsacken[1] der über der östlichen Tunnelröhre verlaufenden Bestandstrecke kam, welche daraufhin knapp zwei Monate voll gesperrt war, musste ein Teil des bereits gegrabenen Tunnels wieder mit Beton verfüllt werden, um die Tragfähigkeit der darüberliegenden Strecke zu gewährleisten. Die Bahn musste umplanen. Die Tunnel sollen nun nacheinander statt gleichzeitig gegraben werden. Zuerst soll die Weströhre bergmännisch fertig gegraben werden, auf deren Rohbau anschließend die Bestehende Rheintalbahn verlagert werden soll. Anschließend soll die Oströhre in offener Bauweise fertiggestellt werden, wenn der Füllbeton und die einbetonierte (dadurch defekte) Tunnelbohrmaschine herausgeholt wurden. Ein Entsprechender Planänderungsantrag wurde Ende Januar vom EBA (in Rekordzeit) genehmigt. Aktuell stellt sich die Situation wie folgt dar: Bei beiden Tunnelröhren fehlen jeweils noch etwa 200 Meter. Der nördliche Zulauf zu den Tunnelröhren ist nahezu fertiggestellt. Für die südliche Zulaufstrecke wird dies ab 2023 erwartet. Zwischen den Röhren sind acht Querverbindungen als Fluchtwege vorgesehen. Eine Überleitung zwischen den Röhren ist nicht geplant. Auch südlich der Röhren ist keine Weiche zwischen den beiden Gleisen vorgesehen, wäre aber für die betriebliche Flexibilität sinnvoll. Die Bahn verweist auf eine Überleitstelle im Kreuzungsbahnhof Kreuzacker (etwa 4 Kilometer vor dem Nordportal) und im Bahnhof Baden-Baden (etwa 8 Kilometer hinter dem Südportal). Die Gestaltung der Anschlussstelle Rastatt Süd (direkt am Südportal) sei noch nicht endgültig geklärt. Hier könne eine Kreuzungsmöglichkeit in Betracht gezogen werden. Eine Strecke von 15 oder mehr Kilometern ohne Überleitstelle sollte, das ist meine Meinung, vermieden werden. Aktuell werden die ausstehenden Tunnelvortriebe vorbereitet und die Tunnelquerschläge gebaut. Der Rohbau der Weströhre soll bis Anfang 2022 beendet werden, woraufhin die Verschwenkung der Gleise der Rheintalbahn um Ostern kommenden Jahres stattfinden sollen. Die havarierte Oströhre soll bis spätestens 2024 im Rohbau fertiggestellt sein. Die Inbetriebnahme des Tunnels mit den beiden Röhren ist für den Fahrplanwechsel 2026/27 vorgesehen.
Rastatt Süd – Offenburg:
Zwischen Rastatt und Offenburg sollen zwei zusätzlich Gleise die hier bereits ausreichend trassierte Bestandstrecke ergänzen. Die Bauarbeiten in diesem Abschnitt sind abgeschlossen und die Strecke ist seit 2004 in Betrieb.
Tunnel Offenburg:
Das Stadtgebiet soll durch einen 11 Kilometer langen, zweiröhrigen Tunnel unterquert werden. Das südliche Tunnelportal liegt unmittelbar im Südkopf des Bahnhofs Offenburg. Die Vorplanungen sind abgeschlossen. Im vergangenen Jahr führte die Bahn die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung durch, um die Betroffenheiten der Anwohner abzuschätzen. Rund 3.000 Bürger*innen nutzen das Angebot. Aus Sicht der Deutschen Bahn war viel Zustimmung zu spüren. Die Planfeststellungsunterlagen sollen noch im laufenden Jahr eingereicht werden. Die Anhörung könnte im ersten Halbjahr 2022 erfolgen. Der Baubeginn könnte dann in drei bis vier Jahren und die Fertigstellung 2035 erfolgen.
Offenburg Süd – Riegel:
In diesem Abschnitt ist man immer noch in der Vorplanung. Nach langer Kontroverse über Betroffenheiten und Finanzierung sollen für zusätzlichen Gleise in diesem Abschnitt eine neue Trasse deutlich westlich von der Bestandsstrecke entlang der A5 gebaut werden. Die Vertreter*innen verwiesen mit ihrer Antwort auf unsere Frage, weshalb dies so langsam voran geht, auf sehr viele Brückenbauwerke, die sehr planungsintensiv seien. Noch in diesem Jahr soll der Prozess der Öffentlichkeitsarbeit beginnen, um in den nächsten Jahren ins Planfeststellungsverfahren einzusteigen.
Riegel – Müllheim (NBS):
Bei Riegel treffen sich die Strecken wieder, gehen jedoch nach einem Verknüpfungspunkt gleich wieder auseinander. Es ist eine NBS für Güterzüge entlang der A5 als großräumige Umfahrung für Freiburg geplant. Die Planfeststellungsverfahren in diesen Bereichen sind eingeleitet. Die ersten Planfeststellungsbeschlüsse werden in diesem und im nächsten Jahr erwartet.
Riegel – Müllheim (bestehende Rheintalstrecke, etwa in der Mitte dieses Abschnittes liegt Freiburg):
Der gesamte Personenverkehr soll zur Bedienung des Freiburger Hauptbahnhofs nach wie vor die Bestandstrecke nutzen. Diese soll für 200 Stundenkilometer ertüchtigt werden. Der Abschnitt befindet sich noch in der Vorplanung. Möglicherweise umfangreichstes Bauwerk wird der Batzenbergtunnel, der die enge S‑Kurve südlich von Freiburg unterqueren und so eine schneller durchgehende Streckengeschwindigkeit ermöglichen soll. Für das Tunnelbauwerk finden zurzeit Probebohrungen statt, um einen Trassenverlauf zu bestimmen.
Müllheim – Basel:
In Müllheim kommen die Strecken wieder zusammen und werden parallel geführt. Der Abschnitt bis zum Nordportal des Katzenbergtunnels ist zurzeit im Bau. Der 9.385 Meter lange Katzenbergtunnel zur Umfahrung der kurvigen Bergstrecke am Isteiner Klotz ist seit 2012 in Betrieb. Am Abschnitt vom Südportal des Tunnels bis zur Staatsgrenze wird zurzeit gebaut. Der Bau ist bereits weit fortgeschritten. Bis alle Maßnahmen abgeschlossen sind, soll es noch bis zur Mitte des Jahrzehnts dauern.
Staatsgrenze – Basel Bad. Bf.
Die 3,1km auf Schweizer Gebiet unterliegen dem schweizer Planungsrecht. Der Bau findet im städtischen Gebiet statt. Für die Querung des Flusses Wiese haben DB und der Kanton Basel Stadt einen Gestaltungswettbewerb durchgeführt. Die Plangenehmigung ist mittlerweile abgeschlossen und der Bau soll noch in diesem Jahr beginnen.
Plangleiche Übergänge
Die Vertreter*innen der Deutschen Bahn bestätigten unsere Feststellung, dass es in Rastatt und südlich des Katzenbergtunnels plangleiche Übergänge gibt. Dies bedeutet, dass bei Gleiswechseln andere Gleise gequert werden müssen, die dafür gesperrt werden müssen. Die Streckenkapazität wird dadurch eingeschränkt. Aus Sicht der DB seien die Einschränkungen jedoch vertretbar.
Deutschlandtakt
Die mit den Ausbauten ermöglichten Geschwindigkeiten bzw. Fahrzeiten ermöglichen, so die DB auf meine Nachfrage, in Karlsruhe, Freiburg und Basel das Erreichen der Anschlüsse zu den geplanten Knotenzeiten.
[1] Der DB war es wichtig, in unserem Gespräch darauf hinzuweisen, dass im Vorfeld deutlich mehr Probebohrungen durchgeführt worden seien (nämlich alle 25 Meter) als dies vorgeschrieben gewesen sei (alle 200 Meter).
Auf meine Anfrage hatte die Bundesregierung mitgeteilt, dass die Oströhre in Rastatt-Niederbühl (hier war es zum Unglück gekommen) die Vereisung des Umfeldes zur Stabilisierung und damit zur Sicherheit aktuell noch weiterläuft.