30.07.2018
Im Vor-Ort-Gespräch mit der DB
182 Kilometer lang ist die Ausbaustrecke der Rheintalbahn zwischen Karlsruhe und Basel. Einige Teilprojekte sind bereits realisiert, andere befinden sich in der Umsetzung und einige noch in einer frühen Planungsphase.
Ziel ist es, die Kapazitäten für den Schienengüterverkehr deutlich zu erhöhen, die Fahrtzeiten für den Fernverkehr zu verkürzen und bessere Angebote des Nahverkehrs umsetzen zu können. Dazu ist ein drittes und viertes Gleis vorgesehen. Die Rheintalbahn ist der wichtigste nördliche Zulauf zur Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) mit ihren zentralen Projekten Gotthard- und Lötschberg-Basistunnel (beide sind fertiggestellt; im Süden fehlt noch der im Bau befindliche Ceneri-Basitunnel). Da die Planungen heftig umstritten waren, wurde vor Jahren ein Projektbeirat eingesetzt, der 2013 bzw. 2015 Empfehlungen für die Trassenführung und den über den gesetzlichen Standard hinausgehenden Lärmschutz aussprach. Der Bundestag unterstützt diese Forderungen, die nun Grundlage für die weiteren Planungen darstellen.
Mit meinen beiden Landtagskollegen Thomas Marwein (Offenburg) und Thomas Hentschel (Rastatt) habe ich mich mit Vertretern der Deutschen Bahn (DB) im Rastatter Baubüro getroffen, um über die aktuellen Planungsstände zu sprechen. Unsere Gesprächsgegenstände waren der Offenburger Güterzugtunnel und der Rastatter Tunnel, an dem sich vor knapp einem Jahr ein folgenschweres Unglück ereignete, in dessen Folge die hochbelastete Rheintalbahn völlig unvorbereitet wochenlang gesperrt werden musste.
Im Bauabschnitt 7 geht es um den Tunnel Offenburg und die autobahnparallele Neubaustrecke bis Kenzingen. Der Tunnel wird auf eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h ausgerichtet, die Neubaustrecke (die für den Güterverkehr und als Ausweichstrecke für den Fernverkehr gebaut wird) auf Tempo 160 km/h. Nach Fertigstellung der neuen Trasse soll die Bestandsstrecke auf Tempo 250 km/h ertüchtigt werden, um Anschlüsse in den Knotenbahnhöfen (vor allem Karlsruhe, Freiburg und Basel) realisieren zu können. Abschnittsweise muss die Bestandsstrecke auf vier Gleise ausgebaut werden, um Überholungen möglich zu machen. Die Neubauten sollen bis 2035 fertiggestellt werden. Daran anschließend kann mit der Ertüchtigung bzw. dem Ausbau der Bestandsstrecke begonnen werden, deren Fertigstellung für das Jahr 2041 vorgesehen ist.
Der Bauabschnitt 1 umfasst vor allem den Tunnel Rastatt. Am 12.08.2017 war es zu Verschiebungen von Elementen der Tunnelverkleidung und daraus folgendem Wasser- und Materialeinbruch gekommen. Dadurch senkten sich die darüber verlaufenden Gleise. Die im Tunnel bechäftigten Arbeiter konnten rechtzeitig den Gefahrenbereich verlassen, die Rheintalbahn wurde bis zum 01.10.2017 gesperrt, ohne dass es ausreichend Alternativstrecken gegeben hätte. Der Tunnel, es hatten gerade einmal 54 Meter oder fünf Arbeitstage bis zum Tunneldurchbruch gefehlt, wurde auf einer Länge von 150 Metern mit Beton verfüllt, um ein weiteres Nachrutschen zu verhindern und die Gleise der Rheintalbahn wieder herstellen zu können. Diese wurden auf einer riesigen Betonplatte über dem Tunnel neu aufgebaut. Aktuell wird der Verfüllbeton mithilfe eines Baggers mit Meiselaufsatz herausgebrochen. Dann muss die ebenfalls einbetonierte Tunnelbohrmaschine herausgeholt werden, damit um den Jahreswechsel herum mit den eigentlichen Tunnelbauarbeiten fortgefahren werden kann. Die Tübbinge (Betonfertigteile zur Wandverschalung) scheinen, mit Ausnahme im 10 Meter langen eigentlichen Havariebereich (dort wird nicht mehr mit Tübbingen gearbeitet, sondern betoniert), keinen größeren Schaden genommen zu haben und können weiterverwendet werden. Die Unfallursache ist noch nicht eindeutig geklärt. Zur Klärung laufen derzeit Probebohrungen, um mehr über den Untergrund zu erfahren. Im Sommer 2019 (und damit deutlich später als zunächst angestrebt) wird der Abschluss der juristischen und technischen Schlichtung erwartet. Mit dem Weiterbau der (unbeschädigten) westlichen Tunnelröhre wird so lange gewartet. Die Inbetriebnahme des Rastatter Tunnels ist für Dezember 2024, zwei Jahre später als noch vor dem Baustellenunglück geplant, vorgesehen.
Vom Fußgängersteg aus haben wir uns die Tunnelbaustelle und die Havariestelle angeschaut. Wir bekamen die Unglückstelle sowie die massive Betonplatte, auf der die Gleise wieder aufgebaut wurden, von oben gezeigt und sahen die erwähnten Probebohrungen.
Die Neubau- wie auch die ertüchtigte Bestandsstrecke sollen mit der Leit- und Steuerungstechnik ETCS sowie zusätzlich der konventionellen Technik ausgestattet werden. Die Neubaustrecke soll so gebaut werden, dass sie von längeren Güterzügen befahren werden kann. Die Bestandsstrecke hingegen soll nicht für 740- Meter-Züge ertüchtigt werden.
Auf zwei Streitpunkte möchte ich noch eingehen:
Die Bundesregierung hat vor wenigen Wochen ihre neuen Zugzahlprognosen für das Jahr 2030 vorgelegt. Demnach werden im Jahr 2030 weniger Güterzüge auf der Rheintalbahn erwartet als noch für das Jahr 2025. Da aber bislang die Prognose für 2025 maßgeblich für die Dimensionierung des Lärmschutzes entlang der Strecke war, besteht nun bei den Kommunen und Bürgerinitiativen die Befürchtung, dass der Lärmschutz abgespeckt werden könnte. Die Bundesregierung hält sich trotz mehrfacher, hartnäckiger Nachfragen bedeckt. Für die Deutsche Bahn drängt die Zeit, da sie planen muss und der Lärmschutz eine wichtige Planungsgrundlage darstellt. Wir Grüne werden darauf drängen, dass die Prognose 2025 maßgeblich bleibt und ein guter Lärmschutz realisiert wird.
Ein weiterer Streitpunkt ist die barrierefreie Sanierung einiger Bahnstationen entlang der Strecke. Im Dossier der DB, das auf der Projektseite der Bahn zu finden ist, heißt es: „Im Rahmen des Projektes modernisiert die Bahn insgesamt zwölf Bahnhöfe und Haltepunkte. Die Bahnsteige erhalten eine einheitliche Nutzlänge von 210 Metern bei einer Bahnsteighöhe von 55 Zentimetern über Schienenoberkante.“ Inzwischen hat der Bund aber angeordnet, Bahnsteige auf 76 Zentimeter auszubauen. Dies ist das Maß für die Züge des Fernverkehrs. An vielen Stationen halten aber ausschließlich Züge des Regionalverkehrs, deren Türhöhen bei 55 Zentimeter liegen. Ein Beispiel hierfür ist Rastatt. Höhere Bahnsteige würden die Barrierefreiheit nicht fördern, sondern neue Barrieren darstellen. Auch hier braucht es dringend eine praxistaugliche Klärung, um keine weiteren Verzögerungen zu verursachen.