Ausbau Schienen-Infrastruktur verzögert sich weiter

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02.05.2018

Bundesverkehrswegeplan: Straßen in Umsetzung, Schiene noch nicht mal bewertet

Der „Bun­des­ver­kehrs­we­ge­plan 2030“ wur­de Anfang August 2016 von der Bun­des­re­gie­rung beschlos­sen. Doch noch immer ist nur ein klei­ner Teil der Schie­nen­pro­jek­te bewer­tet.

Das hät­te sich die Bun­des­re­gie­rung nicht getraut: Einen Bun­des­ver­kehrs­we­ge­plan zu beschlie­ßen, in dem nur ein Bruch­teil der auf­ge­führ­ten Stra­ßen­bau­pro­jek­te in die Kate­go­rien „Vor­dring­li­cher Bedarf“ und „Wei­te­rer Bedarf“ ein­ge­stuft wur­den. Bei der Schie­ne hat sie aber genau dies gemacht. 46 Schie­nen­pro­jek­te wur­den in der neu erfun­de­nen Kate­go­rie „Poten­ti­el­ler Bedarf“ geparkt – und der Groß­teil harrt dort noch immer sei­ner Bewer­tung. Ein­ein­halb Jah­re nach Ver­ab­schie­dung des Pla­nungs­in­stru­ments wur­den gera­de ein­mal fünf Schie­nen­pro­jek­te abschlie­ßend bewer­tet. Dies ant­wor­te­te die Bun­des­re­gie­rung auf eine Anfra­ge unse­rer Frak­ti­on. Dabei han­delt es sich um

  • ABS Wei­mar – Gera – Göß­nitz
  • NBS Dres­den – Prag
  • ABS Nürnberg/Regensburg – Furth i. W. – Gren­ze D/CH
  • ABS Gren­ze NL/D – Kal­den­kir­chen – Rheydt-Oden­kir­chen
  • Pro­gramm zur Ertüch­ti­gung des dt. Schie­nen­net­zes für 740 m lan­ge Güter­zü­ge

Nicht bewer­tet wur­den bis­lang bei­spiels­wei­se der Deutsch­land-Takt und der Aus­bau der Kno­ten Frank­furt, Ham­burg, Han­no­ver, Köln, Mann­heim und Mün­chen sowie die Aus­bau­stre­cke (ABS) Stutt­gart – Backnang/Schwäbisch Gmünd – Aalen – Nürn­berg (Murr­bahn) und die ABS Köln – Aachen.

Auf die Fra­ge, bis wann die ande­ren Vor­ha­ben abschlie­ßend bewer­tet sein sol­len, weicht die Bun­des­re­gie­rung aus und ver­weist auf die Koali­ti­ons­ver­trag. Dort hat­ten Uni­on und SPD fest­ge­hal­ten, dass die Bewer­tung bis zum 3. Quar­tal 2018 abge­schlos­sen sein soll. Grün­de für die mas­si­ven Ver­zö­ge­run­gen woll­te die Bun­des­re­gie­rung uns nicht nen­nen. Auch auf die Fra­ge, ob es eine Ver­öf­fent­li­chung der Aktua­li­sie­rung des Bun­des­schie­nen­we­ge­aus­bau­ge­set­zes[1] geben wird, wenn alle Pro­jek­te bewer­tet wur­den, erhal­ten wir nur eine aus­wei­chen­de Ant­wort: „Der Deut­sche Bun­des­tag wird nach Abschluss der Unter­su­chun­gen über die Ergeb­nis­se unter­rich­tet“.

In mei­ner Ple­nar­re­de am 27. April 2018 habe ich dazu aus­ge­führt (dem Pro­to­koll ent­nom­men):

„Seit 1992 wur­de das Stra­ßen­netz in Deutsch­land um 40 Pro­zent aus­ge­baut. Im glei­chen Zeit­raum wur­de das Schie­nen­netz um 20 Pro­zent geschrumpft. Wenn man in den Bun­des­ver­kehrs­we­ge­plan schaut, dann stellt man fest: Die Stra­ßen­bau­or­gie in Deutsch­land geht wei­ter. Ein­ein­halb Jah­re nach Ver­ab­schie­dung des Bun­des­ver­kehrs­we­ge­plans wer­den über­all in Deutsch­land mun­ter neue Stra­ßen geplant. Von den 46 Schie­nen­pro­jek­ten im Poten­zi­el­len Bedarf des Bun­des­ver­kehrs­we­ge­pla­nes sind bis heu­te, nach ein­ein­halb Jah­ren, gera­de ein­mal fünf Schie­nen­pro­jek­te abschlie­ßend bewer­tet wor­den. Baden-Würt­tem­berg ist ein gutes Bei­spiel für die Total­ver­wei­ge­rung der Bun­des­re­gie­rung in Sachen Aus­bau der Schie­nen­we­ge. Von der Gäu­bahn abge­se­hen sind alle vom Land Baden-Würt­tem­berg beim Bund ange­mel­de­ten Schie­nen­pro­jek­te abge­lehnt wor­den. Kein ein­zi­ges wei­te­res Pro­jekt ist in den Vor­dring­li­chen Bedarf auf­ge­nom­men wor­den. Selbst sol­che Aus­bau­pro­jek­te, die für Umlei­tun­gen bei Sper­rung der Rhein­tal­bahn nütz­lich wären und ange­mel­det wur­den, wur­den abge­lehnt. Wenn in Deutsch­land in Sachen Aus­bau der Schie­nen­we­ge etwas vor­an­ge­hen soll, dann geht es nur dann, wenn die Län­der eige­nes Geld in die Hand neh­men, um Bun­des­schie­nen­we­ge aus­zu­bau­en und zu ertüch­ti­gen. Das nen­ne ich einen wirk­li­chen Skan­dal.“

[1] Alle für wirt­schaft­lich befun­de­nen und dadurch in den „Vor­dring­li­chen Bedarf“ auf­stei­gen­den Schie­nen­pro­jek­te wer­den auto­ma­tisch in das Bun­des­schie­nen­we­ge­aus­bau­ge­setz auf­ge­nom­men. Einer erneu­ten Beschluss­fas­sung durch den Bun­des­tag bedarf es hier­für nicht.