Auswertung meines Bahntagebuchs
Seit Ende 2013 dokumentiere ich jede meiner Fahrten mit Fernverkehrszügen. So kann ich Einblicke als Fahrgast ein kleines Stückchen objektivieren und meine Erfahrungen in die politische Arbeit einfließen lassen.
War ich im Jahr 2019 noch mit 149 Fernzügen unterwegs, waren es im vergangenen Jahr „nur“ noch 81 Fahrten. Corona hatte zu einer Absage vieler Termine geführt, zu denen ich sonst mit der Bahn gereist wäre. 2020 waren es aber nicht lediglich weniger Fahrten, sie verliefen auch anders. So lag der Anteil pünktlicher Züge mit 80 Prozent deutlich höher als in den Vorjahren. Dieser Trend zu weniger Verspätungen war allerdings schon vor den Fahrgasteinbrüchen durch Corona zu spüren. Nach der weniger strengen DB-Statistik werden im Jahr 2020 (bis einschließlich November 2020) 81,7 Prozent der Fernzüge pünktlich (oder unter sechs Minuten verspätet) gewesen sein – dies ist eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Vorjahr, als der Pünktlichkeitswert noch bei 75,9 Prozent gelegen hatte. Hier lassen sich die DB-Werte ablesen: https://www.deutschebahn.com/de/konzern/konzernprofil/zahlen_fakten/puenktlichkeitswerte-1187696
Die durchschnittliche Verspätung der unpünktlichen Züge stieg bei meinen Fahrten hingegen auf 33 Minuten. Dies hatte mit einigen sehr heftigen Verspätungen von 130 und 90 Minuten zu tun. Dennoch konnten mit 95% mehr Anschlusszüge erreicht werden als in den Vorjahren (Aber Achtung: In 2020 wenige Fallzahlen). Die Fragen der Pünktlichkeit und noch mehr die der Anschlüsse dürften aus Fahrgastsicht (außerhalb von Pandemiezeiten) die mit großem Abstand gravierendsten Probleme der Bahn sein und beeinträchtigen nach wie vor erheblich das Image der Bahn.
WLAN in den ICE-Zügen stand deutlich häufiger als in den Vorjahren störungsfrei zur Verfügung. Es war deutlich zu spüren: Bei weniger Fahrgästen, die sich das WLAN teilen, funktioniert dieses erheblich besser. Da wir wieder auf steigende Fahrgastzahlen setzen besteht hier nach wie vor Handlungsbedarf.
Ärgerlich bleibt, dass das Reservierungssystem nur bei etwa 80 Prozent der Fahrten funktionierte. Gerade in Pandemiezeiten, in denen „Abstand halten“ das Gebot der Stunde ist, ist dies nicht zu akzeptieren. Seit die Maskenpflicht gilt, wird diese nach meinen Beobachtungen überwiegend (>90%) eingehalten. Mitreisende, die in meiner Nähe saßen und ihre Maske nicht oder nicht richtig trugen, habe ich angesprochen. Dabei habe ich nur ein- bis zweimal eine „blöde Reaktion“ erhalten. Belastend war, dass über Monate die Neubaustrecke Stuttgart-Mannheim gesperrt war und der Umweg 45 Minuten mehr Zeit gekostet hat.
Blick nach vorne: Es braucht eine Strategie, mit der sich nach der Pandemie Kunden zurück- und neu gewinnen lassen. Ohne massive Verlagerungen von Reisendenströmen auf die Bahn lassen sich Klimaziele nicht erreichen.