Bahnfahren im Corona-Zeitalter

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09.01.2021

Auswertung meines Bahntagebuchs

Seit Ende 2013 doku­men­tie­re ich jede mei­ner Fahr­ten mit Fern­ver­kehrs­zü­gen. So kann ich Ein­bli­cke als Fahr­gast ein klei­nes Stück­chen objek­ti­vie­ren und mei­ne Erfah­run­gen in die poli­ti­sche Arbeit ein­flie­ßen las­sen.

War ich im Jahr 2019 noch mit 149 Fern­zü­gen unter­wegs, waren es im ver­gan­ge­nen Jahr „nur“ noch 81 Fahr­ten. Coro­na hat­te zu einer Absa­ge vie­ler Ter­mi­ne geführt, zu denen ich sonst mit der Bahn gereist wäre. 2020 waren es aber nicht ledig­lich weni­ger Fahr­ten, sie ver­lie­fen auch anders. So lag der Anteil pünkt­li­cher Züge mit 80 Pro­zent deut­lich höher als in den Vor­jah­ren. Die­ser Trend zu weni­ger Ver­spä­tun­gen war aller­dings schon vor den Fahr­gast­ein­brü­chen durch Coro­na zu spü­ren. Nach der weni­ger stren­gen DB-Sta­tis­tik wer­den im Jahr 2020 (bis ein­schließ­lich Novem­ber 2020) 81,7 Pro­zent der Fern­zü­ge pünkt­lich (oder unter sechs Minu­ten ver­spä­tet) gewe­sen sein – dies ist eine deut­li­che Ver­bes­se­rung gegen­über dem Vor­jahr, als der Pünkt­lich­keits­wert noch bei 75,9 Pro­zent gele­gen hat­te. Hier las­sen sich die DB-Wer­te able­sen: https://www.deutschebahn.com/de/konzern/konzernprofil/zahlen_fakten/puenktlichkeitswerte-1187696

Die durch­schnitt­li­che Ver­spä­tung der unpünkt­li­chen Züge stieg bei mei­nen Fahr­ten hin­ge­gen auf 33 Minu­ten. Dies hat­te mit eini­gen sehr hef­ti­gen Ver­spä­tun­gen von 130 und 90 Minu­ten zu tun. Den­noch konn­ten mit 95% mehr Anschluss­zü­ge erreicht wer­den als in den Vor­jah­ren (Aber Ach­tung: In 2020 weni­ge Fall­zah­len). Die Fra­gen der Pünkt­lich­keit und noch mehr die der Anschlüs­se dürf­ten aus Fahr­gast­sicht (außer­halb von Pan­de­mie­zei­ten) die mit gro­ßem Abstand gra­vie­rends­ten Pro­ble­me der Bahn sein und beein­träch­ti­gen nach wie vor erheb­lich das Image der Bahn.

WLAN in den ICE-Zügen stand deut­lich häu­fi­ger als in den Vor­jah­ren stö­rungs­frei zur Ver­fü­gung. Es war deut­lich zu spü­ren: Bei weni­ger Fahr­gäs­ten, die sich das WLAN tei­len, funk­tio­niert die­ses erheb­lich bes­ser. Da wir wie­der auf stei­gen­de Fahr­gast­zah­len set­zen besteht hier nach wie vor Hand­lungs­be­darf.

Ärger­lich bleibt, dass das Reser­vie­rungs­sys­tem nur bei etwa 80 Pro­zent der Fahr­ten funk­tio­nier­te. Gera­de in Pan­de­mie­zei­ten, in denen „Abstand hal­ten“ das Gebot der Stun­de ist, ist dies nicht zu akzep­tie­ren. Seit die Mas­ken­pflicht gilt, wird die­se nach mei­nen Beob­ach­tun­gen über­wie­gend (>90%) ein­ge­hal­ten. Mit­rei­sen­de, die in mei­ner Nähe saßen und ihre Mas­ke nicht oder nicht rich­tig tru­gen, habe ich ange­spro­chen. Dabei habe ich nur ein- bis zwei­mal eine „blö­de Reak­ti­on“ erhal­ten. Belas­tend war, dass über Mona­te die Neu­bau­stre­cke Stutt­gart-Mann­heim gesperrt war und der Umweg 45 Minu­ten mehr Zeit gekos­tet hat.

Blick nach vor­ne: Es braucht eine Stra­te­gie, mit der sich nach der Pan­de­mie Kun­den zurück- und neu gewin­nen las­sen. Ohne mas­si­ve Ver­la­ge­run­gen von Rei­sen­den­strö­men auf die Bahn las­sen sich Kli­ma­zie­le nicht errei­chen.