Bahnstrecke Freiburg – Colmar: Aktueller Sachstand

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04.12.2020

Reaktivierung nahm erste Hürden

Es klingt merk­wür­dig, aber es ist so: Auch 75 Jah­re nach dem Ende des Zwei­ten Welt­krie­ges gibt es noch immer damals zer­stör­te Bahn­stre­cken, die nicht wie­der auf­ge­baut wur­den. Eine davon ist die Stre­cke zwi­schen Frei­burg und Col­mar.

Ende des Zwei­ten Welt­krie­ges wur­de die Rhein­brü­cke bei Brei­sach zer­stört. Die heu­ti­ge Stra­ßen­brü­cke wur­de auf den Fun­da­men­ten der dama­li­gen Eisen­bahn­brü­cke erbaut. Eine durch­ge­hen­de, grenz­über­schrei­ten­de Bahn­ver­bin­dung gibt es hin­ge­gen seit­her nicht mehr. Auf deut­scher Sei­te befin­det sich ein ein­glei­si­ger Ast, der heu­te Teil der Breis­gau-S-Bahn ist. Auf fran­zö­si­scher Sei­te wird die alte, eben­falls ein­glei­si­ge Bahn­stre­cke noch für den Güter­ver­kehr genutzt. Es fehlt die Brü­cke mit den Anschlüs­sen auf bei­den Sei­ten, ins­ge­samt zwei Kilo­me­ter. Der Abschnitt zwi­schen Brei­sach und dem Rhein ist ent­wid­met, so dass es sich recht­lich um einen geplan­ten Neu­bau han­delt. Seit eini­gen Jah­ren gibt es schon Bestre­bun­gen, die Stre­cke wie­der her­zu­stel­len und auf­zu­wer­ten. Es han­delt sich um ein wich­ti­ges struk­tur­po­li­ti­sches Pro­jekt, zumal auf fran­zö­si­scher Sei­te das Atom­kraft­werk Fes­sen­heim vom Netz gehen und statt­des­sen alter­na­ti­ves Gewer­be ange­sie­delt wer­den soll. Dar­über hin­aus ist es ein Pro­jekt mit hoher Sym­bol­kraft der deutsch-fran­zö­si­schen Freund­schaft. Eine ers­te Mach­bar­keits­stu­die wur­de im Früh­jahr 2019 erfolg­ver­spre­chend abge­schlos­sen. Im Herbst 2019, nach einem klei­nen poli­ti­schen Hin und Her, wur­de die Fort­set­zung der Pla­nun­gen beschlos­sen. Im Juli 2020 wur­de die Finan­zie­rungs­ver­ein­ba­rung für die Leis­tungs­pha­se 1 und 2 geschlos­sen. Im Novem­ber 2020 stell­te das Land Baden-Würt­tem­berg sei­ne Unter­su­chung für die Reak­ti­vie­rung still­ge­leg­ter Bahn­stre­cken vor, in der Frei­burg – Col­mar ein „sehr hohes Fahr­gast­po­ten­ti­al“ beschie­den wur­de.

Ich habe mit Vertreter*innen der Deut­schen Bahn gespro­chen, um mich auf den aktu­el­len Sach­stand brin­gen zu las­sen. Der­zeit sind die Ver­ant­wort­li­chen auf deut­scher und die fran­zö­si­scher Sei­te dabei, ein Fahr­plan­kon­zept zu erstel­len. Vor­stell­bar ist, dass ein Zug pro Stun­de und Rich­tung zwi­schen Col­mar und Frei­burg fah­ren wird und ein wei­te­rer zwi­schen Col­mar und Brei­sach mit der Opti­on des dor­ti­gen Umstiegs in die S‑Bahn nach Frei­burg und dar­über hin­aus. Der dar­aus resul­tie­ren­de Halb­stun­den­takt zwi­schen Col­mar und Brei­sach schafft eine attrak­ti­ve bila­te­ra­le Zug­ver­bin­dung. Wenn die Fahr­plan­stu­die steht, geht es an die Stre­cken­pla­nung. Ziel ist, dass die Bahn die Stre­cke höchs­tens in der Zeit zurück­legt, in der die Distanz mit dem Auto zurück­ge­legt wer­den kann (45 Minu­ten). Ver­mut­lich muss die Stre­cke dafür mit 80 Stun­den­ki­lo­me­ter befahr­bar sein, wofür der fran­zö­si­sche Bestand bereits aus­ge­legt ist. Die Rhein­brü­cke wird durch den fran­zö­si­schen Bahn­kon­zern SNCF geplant und deren Bau ver­mut­lich durch die EU mit­fi­nan­ziert. Die Brü­cke ist das mit Abstand anspruchs­volls­te Ele­ment der Stre­cke. Dar­an wird sich der Zeit­plan bis zur Inbe­trieb­nah­me der durch­ge­hen­den Ver­bin­dung, deren Finan­zie­rung noch nicht sicher­ge­stellt ist, ori­en­tie­ren. Mit gro­ßem Opti­mis­mus ist nach Klä­rung der offe­nen Fra­gen eine Inbe­trieb­nah­me im Jahr 2028 denk­bar, sonst eher 2030.

Zu klä­ren ist in die­sem Zusam­men­hang auch, ob eine Kapa­zi­täts­er­hö­hung zwi­schen Brei­sach und Frei­burg erfor­der­lich ist. Nicht unwahr­schein­lich ist, dass zwei­glei­si­ge Stre­cken­ab­schnit­te geschaf­fen wer­den müs­sen.