07.02.2020
Bei “Thurbo” über grenzüberschreitenden Schienenverkehr gesprochen
In Kreuzlingen traf ich mich mit den beiden Mitgliedern der Thurbo-Geschäftsführung, Werner Fritschi (stv. Geschäftsführer, Bereichsleiter Markt) und Dr. Patrick Frank ( Leiter Geschäftsentwicklung), zum Gespräch.
Thurbo (Thurgau Bodensee) ist ein Unternehmen der Schweizer Bundesbahnen (SBB) mit insgesamt 470 Beschäftigten. Der Kanton Thurgau hält 10% der Aktien. Thurbo ist in der Ostschweiz mit einem Einzugsgebiet von 1,1 Millionen Menschen (u. a. in den Kantonen St. Gallen, Zürich und Schaffhausen) aktiv und hat seinen Hauptsitz in Kreuzlingen, das direkt an Konstanz und damit Deutschland angrenzt. Der Regionalverkehr wird von den Kantonen nach Vorgaben des Bundes bestellt.
Thurbo organisiert den Regionalverkehr nach eigenen Angaben deutlich preiswerter als andere Bahnunternehmen. Unterwegs sind die Züge von Thurbo ausschließlich in der Schweiz (Ausnahme: Es wird auch „hinüber“ nach Konstanz gefahren), so zwischen Kreuzlingen und Rorschach, also entlang des südlichen Bodenseeufers. Gefahren wird mit kurzen, leichten, modularen Zugeinheiten des Herstellers Stadler. Da die Kunden im Durchschnitt nur 15 bis 30 Minuten im Thurbo-Zug fahren, werden Stehplätze in den Spitzenzeiten bewusst nicht vermieden. Niedrige Betriebskosten ermöglichen auch in ländlichen Regionen und außerhalb der nachfragestarken Tageszeiten einen Halbstundentakt.
Zur Infrastruktur: Diese ist in der Schweiz mit ETCS ausgestattet. Thurbo fährt jedoch ohne ETCS. Derzeit wird in der Schweiz das „Angebotsnetz 2035“ erarbeitet. Dieser Prozess entspricht der Erstellung des Zielfahrplans 2030 in Deutschland für den Deutschlandtakt. Beide Male ist das Schweizer Unternehmen SMA tätig. Um die Vertaktung an den Knotenbahnhöfen weiter zu verbessern sind auch in der Schweiz noch zahlreiche infrastrukturelle Maßnahmen erforderlich.
Wir haben noch einige weitere Themen angesprochen.
Schienenersatzverkehr: Da in der Schweiz viel gebaut wird, müssen Fahrgäste immer wieder mal mit dem Bus statt dem Zug befördert werden. Anders als bei uns in Deutschland wird der Schienenersatzverkehr nicht vom Eisenbahnverkehrsunternehmen finanziert, sondern vom Infrastrukturbetreiber. Dies wird als vorteilhaft betrachtet, weil dann die Bedürfnisse von Reisenden des Fern- und des Regionalverkehrs und verschiedener Bahnunternehmen gleichermaßen berücksichtigt werden. Das sollte auch für Deutschland erwogen werden.
Barrierefreiheit: Die Schweiz setzt schon lange auf Rampen statt auf störanfällige Aufzüge. Die Rampen aus Platzgründen sind häufig steiler, als sie in Deutschland vorgeschrieben sind und verfügen über keine ebenen „Plattformen“.
Ein weiteres Thema war der grenzüberschreitende Schienenverkehr. Seit etwa fünf Jahren endet die Schwarzwaldbahn (ein Angebot der Deutschen Bahn) in Konstanz. Zuvor fuhr sie bis nach Kreuzlingen. Der Grund war, dass auf Schweizer Seite die Trassenkapazitäten nicht ausreichten, um dieses Angebot fortzuführen. Es fahren dennoch fünf Züge pro Stunde über die Grenze – jedoch nur noch ab/bis Konstanz. Vier davon von/nach Kreuzlingen, einer von/nach Kreuzlingen Hafen.