Barrierefreiheit kommt nur langsam voran

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02.05.2020

Bund hat kein Ziel für barrierefreie Bahnhöfe

„Bar­rie­re­frei­heit“ – für man­che „nice to have“, für immer mehr Men­schen jedoch ist das die zwin­gen­de Vor­aus­set­zung für Mobi­li­tät und damit für Teil­ha­be.

Wer kennt das nicht: Vie­le Kof­fer dabei, doch am Bahn­hof ist der Auf­zug defekt. Ärger­lich. Für die­je­ni­gen, die im Roll­stuhl sit­zen ist das mehr als ärger­lich. Womög­lich endet die Rei­se, bevor sie rich­tig begon­nen hat. Mit einer Klei­nen Anfra­ge an die Bun­des­re­gie­rung haben wir ein­mal mehr die Fort­schrit­te bei der Bar­rie­re­frei­heit abge­fragt. Kon­kret ging es um die phy­sisch bar­rie­re­frei­en Zugän­ge von Bahn­stei­gen und Zügen.

Im Ver­ant­wor­tungs­be­reich der Deut­schen Bahn – und damit des Bun­des – befin­den sich 9.234 akti­ve Bahn­stei­ge. Davon sind 7.712 (ent­spricht 84 Pro­zent) stu­fen­frei erreich­bar. Die meis­ten davon sind höhen­gleich erreich­bar, gefolgt von den­je­ni­gen, die mit Auf­zü­gen ver­se­hen sind. Deren Ver­füg­bar­keit liegt bei 97 bis 98 Pro­zent. Das dürf­te vie­le wun­dern, da sub­jek­tiv eine ande­re Wahr­neh­mung vor­herr­schen dürf­te. Fakt ist jeden­falls auch, dass Repa­ra­tu­ren bis­wei­len sehr lan­ge dau­ern. Etwa vier Pro­zent der Aus­fäl­le hiel­ten län­ger als 14 Tage an. Auch, wenn die Ver­füg­bar­keit der Auf­zü­ge rein sta­tis­tisch hoch ist, müss­ten wei­te­re Ver­bes­se­run­gen mög­lich sein. Dar­auf deu­tet hin, dass Mate­ri­al­er­mü­dun­gen und Mate­ri­al­feh­ler zu den häu­figs­ten Stö­rungs­ur­sa­chen zäh­len. Es gibt also noch Luft nach oben durch die Stär­kung von prä­ven­ti­ver Instand­hal­tung.

Nur an knapp 400 der ins­ge­samt 5.400 Bahn­hö­fen ste­hen per­so­nen­be­dien­te Hub­lif­te und mobi­le Ram­pen zur Ver­fü­gung, um Men­schen im Roll­stuhl in die Züge und aus den Zügen her­aus hel­fen zu kön­nen. Damit bleibt das Hin­ein- und Her­aus­kom­men die größ­te Behin­de­rung für Men­schen, die auf phy­si­sche Bar­rie­re­frei­heit ange­wie­sen sind. Im Regio­nal­ver­kehr von DB Regio ver­fü­gen inzwi­schen rund 90 Pro­zent der Fahr­zeu­ge über fahr­zeug­ge­bun­de­ne Ein-/Aus­stieghil­fen. Häu­fig müs­sen die­se zum Ein­satz kom­men, weil Bahn­steig­hö­hen und Fuß­bo­den­hö­hen der Züge nicht über­ein­stim­men. In Deutsch­land hat sich his­to­risch ein Bahn­netz mit unter­schied­li­chen Bahn­steig­hö­hen (55/76/96 Zen­ti­me­ter) ent­wi­ckelt. Das ist zuge­ge­be­ner Wei­se nur sehr schwer auf­zu­lö­sen.

Viel­fach wäre aber klar, was die geeig­ne­te Bahn­steig­hö­he wäre – und es tut sich doch nichts. Für die stu­fen­freie Erreich­bar­keit der Bahn­stei­ge gilt das noch viel mehr. Aber an gut 1.000 von ins­ge­samt 9.000 Bahn­stei­gen gibt es noch kei­ner­lei Akti­vi­tät zur stu­fen­frei­en Erreich­bar­keit! Noch schlim­mer: Es gibt über­haupt kein zeit­li­ches Ziel für die (weit­ge­hend) voll­stän­di­ge Bar­rie­re­frei­heit bei der Bahn. Die Bun­des­re­gie­rung hat den Län­dern und Kom­mu­nen schon vor Jah­ren vor­ge­schrie­ben, bis wann sie Bus- und Stra­ßen­bahn­hal­te­stel­len bar­rie­re­frei umge­baut haben müs­sen. Doch dort, wo sie sel­ber Ver­ant­wor­tung trägt, setzt sie sich noch nicht ein­mal ein Ziel.