O1.06.2019
Zu Besuch in Berufsschulklassen
Je eine Doppelstunde durfte ich mit angehenden Altenpflege- und Erziehungs-Fachkräften diskutieren. Dabei trat so mancher Unmut über die Arbeitsbedingungen zutage.
In der Pflegeklasse – zwei Drittel Frauen – wurde schnell klar, woran es nahezu in allen Praxisstellen mangelt: An Fachkräften. Mir wurde von geteilten Diensten als Normalfall und vielen Tagen Dienst ohne freie Tage sowie hoher Arbeitsbelastung durch unzureichende Personalschlüssel berichtet. Wichtig seien eine Fünf-Tage-Woche, mehr Personal, ein besseres Berufsimage sowie höhere Löhne. Ich erläuterte die Pläne der Grünen im Bundestag, 25.000 zusätzliche Stellen in der Altenpflege zu schaffen. Wie später auch in der Klasse der angehenden Erzieherinnen und Erzieher wies ich aber auch darauf hin wie wichtig es ist, dass sich die Beschäftigten besser organisieren, um gegenüber der Politik und den Arbeitgebern geschlossener und „mit mehr Macht“ auftreten zu können.
Die Erzieher*innen absolvieren eine „PIA“-Ausbildung, also die praxisintegrierte Ausbildungsform. Diese wurde von der früheren grün-roten Landesregierung eingeführt, um die Ausbildung durch eine verlässliche Entlohnung attraktiver zu machen. Die Anzahl der Auszubildenden ist nicht zuletzt dadurch gestiegen, auch mehr Männer finden seither ihren Weg in den Erzieherberuf. Alle angehenden Erzieher*innen, darunter zwei Männer, absolvieren den praktischen Teil ihrer Ausbildung in einer Kita. Auch von ihnen berichten zumindest einige von Personalmangel. Auch die Belastungen durch hohe Lärmpegel und das Arbeiten auf den Knien werden hervorgehoben. Etwa ein Drittel antworte auf meine Nachfrage, nach der Ausbildung ein Studium, überwiegend der Sozialpädagogik, anschließen zu wollen.
Die Gespräche in den beiden Berufsschulklassen, die übrigens gleich am Morgen nach dem Wahlsonntag stattfanden, gaben mir einmal mehr praktische Einblicke in wichtige Berufsfelder, die einer Aufwertung bedürfen.