Bericht zur Drei-Tages-Wanderung

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1. Tag (06. August 2013)

Ein Teil der Grup­pe, dar­un­ter ich sel­ber, kommt mit dem Bus in Nür­tin­gen an, eini­ge ande­re aus Nür­tin­gen zu Fuß. Es ist drü­ckend heiß, die Son­ne am wol­ken­lo­sen Him­mel heizt die Luft auf deut­lich über 30 Grad auf.

Sta­ti­on „Lebens­raum Neckar und Hoch­was­ser­schutz“

Als Gesprächs­part­ner konn­te ich einen erfah­re­nen Natur­schüt­zer aus Nür­tin­gen gewin­nen. Von der Aus­sichts­platt­form an der Allen­stra­ße, die etwas über den Neckar hin­aus­ragt, haben wir einen guten Blick fluss­auf- und abwärts. Unser Haupt­the­ma ist der Hoch­was­ser­schutz. Ich erfah­re, dass die Stadt beim Juni-Hoch­was­ser nur knapp an einer Über­flu­tung von Tei­len der Stadt vor­bei­ge­schrammt ist. Dies bestä­tigt auch ein auf Hoch­was­ser­schutz spe­zia­li­sier­tes Gut­ach­ter­bü­ro. Jede Kom­mu­ne plant für sich, erhöht ihre Dei­che und schiebt das Hoch­was­ser wei­ter. Der Fluss muss sich bei Hoch­was­ser aber in die Brei­te aus­deh­nen kön­nen, wozu es Über­flu­tungs­flä­chen statt neu­er ufer­na­her Bebau­un­gen braucht. Und die Hoch­was­ser­schutz­maß­nah­men müs­sen zwi­schen den Anlie­ger­kom­mu­nen abge­stimmt wer­den. Ich füh­re das Bei­spiel „Hoch­was­ser­zweck­ver­band Körsch“ bei uns auf den Fil­dern an.

Ein zwei­tes The­ma ist die Gewäs­ser­gü­te des Neckars, die offen­bar zu wün­schen übrig lässt. So sind eini­ge Schne­cken, die als Indi­ka­tor für gute Was­ser­qua­li­tät die­nen, seit eini­gen Jah­ren nicht mehr nach­ge­wie­sen wor­den.

Wir lau­fen ein Stück am Neckar ent­lang fluss­auf­wärts zur Ein­mün­dung der Stein­ach und an die­sem Flüss­chen ent­lang auf­wärts. Auch der Stein­ach fehlt der Raum, den sie bräuch­te, um sich nach Stark­re­gen aus­deh­nen zu kön­nen. Wir dis­ku­tie­ren über die Kli­ma­ver­än­de­rung, die immer häu­fi­ger für extre­me Wet­ter­la­gen wie Dür­ren und Stark­re­gen sorgt.

Die Redak­teu­rin einer Kreis­zei­tung ist mit dabei und berich­tet eini­ge Tage spä­ter über die Gesprä­che an den Nür­tin­ger Gewäs­sern und mei­ne Wan­de­rung im All­ge­mei­nen.

Besuch beim Wohn­pro­jekt „Woh­nen in Reu­dern“

In sen­gen­der Hit­ze lau­fen wir den stei­len Berg zum Säer hin­auf nach Nür­tin­gen-Reu­dern. Wäh­rend­des­sen zieht sich Him­mel zu und es beginnt zu blit­zen und zu don­nern. Mit den ers­ten Regen­trop­fen kom­men wir an der Sta­ti­on an.

„Woh­nen in Reu­dern“ ist ein im Jahr 2004 ent­stan­de­nes alter­na­ti­ves Wohn­pro­jekt. Ein Ver­ein hat ein ehe­ma­li­ges Bank­ge­bäu­de mit­samt frü­he­rer Mol­ke­rei gekauft. Neun Woh­nun­gen plus meh­re­rer Gemein­schafts­räu­me (Küche mit Ess­be­reich, Kel­ler) wur­den aus­ge­baut. Aktu­ell wird das Gebäu­de von neun Erwach­se­nen und vier Kin­dern bewohnt. Neue Mitbewohner/innen woh­nen die ers­ten sechs Mona­te zur Pro­be. Dann ent­schei­det das Ple­num, bestehend aus allen Bewohner/innen, im Kon­sens­prin­zip, ob dar­aus ein Dau­er­wohn­ver­hält­nis wer­den kann. Hier­in liegt ein wich­ti­ger Unter­schied zu den meis­ten Model­len des Mehr­ge­ne­ra­tio­nen­woh­nens. Jeder Bewoh­ner zahlt eine Ein­la­ge, die zur Til­gung der Kre­di­te genutzt wird.

Eine Ent­schei­dung für das Wohn­pro­jekt soll­te eine mit­tel- bis lang­fris­ti­ge sein.

Besich­ti­gung einer Klein­was­ser­kraft­an­la­ge in Det­tin­gen unter Teck

Wir haben Glück: Kaum ist unse­re Besich­ti­gung des Wohn­pro­jek­tes zu Ende, hat es auf­ge­hört zu reg­nen. Der Weg nach Det­tin­gen zieht sich über vom Regen auf­ge­weich­te Wald­we­ge an den Bür­ger­seen und ent­lang dem Segel­flug­platz Hahn­wei­de lan­ge hin. Dafür ist die Luft ange­nehm abge­kühlt. Durch die Streu­obst­wie­sen hin­durch kom­men wir nach Det­tin­gen.

Der Betrei­ber der Klein­was­ser­kraft­an­la­ge hat­te gar nicht mehr an unse­ren Ter­min gedacht, war aber zum Glück zuhau­se. Er prä­sen­tier­te uns im Erd­ge­schoss sei­nes Hau­ses die bei­den Kraft­werks­tur­bi­nen aus den Jah­ren 1948 bzw. 1988, die brav vor sich hin sur­ren. Sie haben eine Leis­tung von 40 und 65 kW. Bis 1947 ver­rich­te­te anstatt der Tur­bi­ne noch ein Was­ser­rad aus Holz sei­ne Arbeit in der dama­li­gen Getrei­de­müh­le. Heu­te wird der Strom, den die bei­den Tur­bi­nen mit der Kraft des Was­sers aus einem Sei­ten­ka­nal der Lau­ter und einer Fall­hö­he von 5,60 Meter erzeu­gen, für die haus­ei­ge­ne Schnaps­bren­ne­rei ver­wen­det und der Rest wird für 7,60 Cent pro Kilo­watt­stun­de ins Strom­netz der EnBW ein­ge­speist. Jähr­lich wer­den 300.000 kWh Strom pro­du­ziert – die Jah­res­er­trä­ge sind rela­tiv kon­stant, zwi­schen den Mona­ten gibt es jedoch erheb­li­che Schwan­kungs­brei­ten. Pro­ble­me für die Fische sieht der Betrei­ber, der neben­bei Hob­by­ang­ler ist, nicht. Denn sei­ner Erfah­rung nach dre­hen die meis­ten Fische instink­tiv vor dem gro­ßen Rechen ab und schwim­men zurück. Die Hoch­was­ser und die vie­len Weh­re ent­lang der Lau­ter stel­len aus sei­ner Sicht die grö­ße­ren Pro­ble­me für die Fische dar.

Mit einem Bir­nen­schnäps­le aus der Bren­ne­rei endet der inter­es­san­te Besuch an der Klein­was­ser­kraft­an­la­ge – übri­gens nur einer von meh­re­ren und einst sehr vie­len an der Lau­ter.

Wir che­cken im Hotel ein und las­sen den ers­ten Tag beim Ita­lie­ner aus­klin­gen …

2. Tag (07. August 2013)

In der Nacht und am Mor­gen hat es gereg­net und aus den Nach­rich­ten erfah­ren wir von teil­wei­se hef­ti­gen Hagel­un­wet­tern auf der Alb. Just in dem Moment, in dem wir mit unse­ren Ruck­sä­cken bepackt das Hotel ver­las­sen, hört es auf zu reg­nen. Wir ver­las­sen Det­tin­gen ent­lang der Lau­ter und wan­dern nach Owen, wo wir uns bei einem Land­wirt mit fri­schen Zwetsch­gen ein­de­cken und den Weg hin­auf auf die Schwä­bi­sche Alb erklä­ren las­sen. Der zunächst lang­sam und dann immer stär­ker anstei­gen­de Weg führt uns auf die 721 Meter hohe Bass­gei­ge. Es ist schwül und drü­ckend, dafür aber dank des Wal­des schat­tig. Der Aus­blick, den wir vom Beur­e­ner Fels aus genie­ßen kön­nen, ent­schä­digt für alles. Wir kön­nen trotz Dunst bis zum Stutt­gar­ter Fern­seh­turm bli­cken. Unter uns liegt Beu­ren, vor­ne erbli­cken wir die Hoch­häu­ser von Nür­tin­gen-Roß­dorf und wir sehen hin­über zur Burg Hohen­neuf­fen. Der Wind ist ange­nehm. Nach einem klei­nen Ves­per geht es wei­ter ent­lang des Alb­traufs in Rich­tung Erken­b­rechts­wei­ler.

Durch den Hei­den­gra­ben hin­durch, mit dem sich die eins­ti­ge kel­ti­sche Sied­lung gegen ihre Fein­de sicher­te, erreich­ten wir Erken­b­rechts­wei­ler und wan­der­ten durch die Neu­bau­ge­bie­te hin­durch in Rich­tung Wan­der­park­platz Hohen­neuf­fen, wo uns der Natur­schutz­wart des Schwä­bi­schen Alb­ver­eins emp­fing.

Vulkankrater/Naturdenkmal „Mol­ach“ in Erken­b­rechts­wei­ler

Von dort aus ist es zur Mol­ach nicht mehr weit. Die Mol­ach ist ein Bio­top in einem ehe­ma­li­gen Vul­kan­schlot. Die trich­ter­för­mi­ge Mul­de am Alb­trauf ent­stand vor 15 Mil­lio­nen Jah­ren durch vul­ka­ni­sche Tätig­keit. In der Mit­te der heu­ti­gen Wie­sen hat sich ein Tüm­pel aus­ge­bil­det, der sich allei­ne durch Regen speist und vom Unter­grund, was­ser­hal­ten­dem Vul­kan­tuff, gehal­ten wird. Der Natur­schüt­zer erläu­ter­te uns die Flo­ra und Fau­na im und um das Feucht­bio­top her­um, vor allem die reich­hal­ti­ge Vogel­welt. Übri­gens kommt auch die­ses Bio­top nicht ohne mensch­li­che Pfle­ge aus. Wür­den nicht immer wie­der Hecken und Bäu­me ent­fernt wer­den, wür­de es eines Tages zuwach­sen, ver­schlam­men und schließ­lich aus­trock­nen.

Wan­de­rung auf den Hohen­neuf­fen

Unser Weg führ­te uns dann wei­ter zum Hohen­neuf­fen, der größ­ten Burg­rui­ne Süd­deutsch­lands und auch eine der schöns­ten. Die Rui­ne liegt mar­kant auf einem her­vor­sprin­gen­den Weiß­ju­ra-Kalk­fel­sen am Steil­ab­fall der Schwä­bi­schen Alb.

Die ers­te urkund­li­che Erwäh­nung stammt aus dem Jahr 1198. Im Jahr 1948 tra­fen sich hier die Minis­ter­prä­si­den­ten der drei süd­west­deut­schen Län­der Süd­ba­den, Würt­tem­berg-Hohen­zol­lern und Würt­tem­berg-Baden zu Gesprä­chen über einen Zusam­men­schluss zu einem ein­heit­li­chen Süd­west­staat. Das Bun­des­land Baden-Würt­tem­berg, das 1952 gebil­det wur­de, nahm hier sei­nen Anfang.

Nach einer Pau­se und einer Stär­kung auf dem Hohen­neuf­fen stie­gen wir nach Neuf­fen hin­ab, quar­tier­ten uns im Hotel ein und lie­ßen auch die­sen Abend bei einem Ita­lie­ner aus­klin­gen.

3. Tag (08. August 2013)

Von Neuf­fen führ­te uns die Rou­te ins nahe gele­ge­ne Beu­ren, vor­bei an den berühm­ten Ther­men.

Besich­ti­gung Bür­ger-Solar­an­la­ge

Ein sehr enga­gier­ter, selbst­stän­di­ger Solar­händ­ler und Kli­ma­schutz­ma­na­ger zeig­te uns die Pho­to­vol­ta­ik­an­la­ge auf dem Dach der Grund­schu­le. Sie hat eine Leis­tung von 30 Kil­lo­watt­peak und wur­de 2010 errich­tet. 25 Beur­e­ner Bür­ger finan­zier­ten die Anla­ge mit Ein­la­gen ab 100 Euro.

Besich­ti­gung solar­be­heiz­tes Mehr­fa­mi­li­en­haus

Unser Weg führ­te uns dann wei­ter zu Euro­pas ers­tem und bis­lang ein­zi­gem zu hun­dert Pro­zent solar­be­heiz­tem Mehr­fa­mi­li­en­haus. 2011 fer­tig gestellt, beher­bergt es auf 335 Qua­drat­me­tern Wohn­flä­che drei Wohn­ein­hei­ten. Die Süd­sei­te des Daches ist mit einer solar­ther­mi­schen Anla­ge bestückt, die Nord­sei­te mit Pho­to­vol­ta­ik. Das Warm­was­ser wird in einem rie­si­gen, 100.000 Liter fas­sen­den und dick iso­lier­ten Tank gespei­chert. Auch im lan­gen und har­ten Win­ter 2012/2013 ließ sich das Haus pro­blem­los solar behei­zen und mit Warm­was­ser ver­sor­gen. Wei­te­re High­lights: Die Außen­wän­de sind 30 cm dick mit Natur­ma­te­ria­li­en (vor allem Hanf) gedämmt, die Außen­fas­sa­de besteht aus unbe­han­del­tem Lär­chen­holz. Für die Toi­let­ten­spü­lung wird Regen­was­ser genutzt. Ein inter­es­san­tes Gebäu­de, dem vie­le Nach­ah­mer gewünscht wer­den kön­nen und für das ich mich ger­ne im Gäs­te­buch ein­trug!

Ent­lang des Beur­e­ner Boden­lehr­pfa­des und mit Blick auf das Frei­licht­mu­se­um wan­der­ten wir wei­ter über die Fel­der und vor­bei an den Wein­ber­gen nach Lin­sen­ho­fen und von dort ent­lang der Glei­se der Täles­bahn nach Fri­cken­hau­sen. Der Weg nach Nür­tin­gen zog sich an der stark befah­re­nen Stra­ße in die Län­ge. Mit dem Bus ging es dann zurück auf die Fil­der.

Drei ereig­nis­rei­che Tage mit vie­len Erleb­nis­sen, Gesprä­chen und neu­en Erfah­run­gen und außer­dem über 40 Kilo­me­tern in den Bei­nen lie­gen hin­ter mir und mei­nen Beglei­tern. Die ers­ten drei Tage machen Lust auf die zwei­te Drei-Tages-Wan­de­rung, dies­mal im Raum Kirch­heim unter Teck.Erste Wanderung