Hamburg bringt gute Voraussetzungen für einen starken Radverkehr mit: Es ist eben, es gibt Platz und die Radverkehrsplanung beginnt nicht am Nullpunkt. Aber die vorhandene Infrastruktur ist nicht dazu geeignet, dem Radverkehr einen kräftigen Schub zu verleihen.
Wenn man Hamburg per Rad erkundet, kann man seine Erlebnisse als sehr widersprüchlich empfinden. Der Radverkehr ist allgegenwärtig. Und auch eine Radinfrastruktur ist vorhanden. Sie stammt aber weitgehend aus einer Zeit, als der Radverkehr dem Kraftfahrzeugverkehr keinen Platz und keine Vorfahrt wegnehmen durfte und als Rad- und Fußverkehr als eine Einheit betrachtet wurde, die höchstens durch die Farbe des Belages voneinander getrennt wurde. So kommt es ständig zu Konflikten zwischen Radfahrenden und FußgängerInnen. Alleine am Tag meiner Exkursion habe ich zweimal erlebt, wie sich Fußgänger über Radfahrer beschwert haben, obwohl sich diese nach der Logig der Verkehrsplanung korrekt verhalten haben. Auf Wachstum ist diese Radverkehrsinfrastruktur jedenfalls nicht ausgerichtet. Sie ist zu schmal, weist Kurven aus, die nur in Schritttempo zu bewältigen sind und an vielen Stellen bröckelt sie. Viele Wege enden abrupt. Wo ein Radverkehrskonzept nicht vorhanden oder nicht ausreichend den Bedürfnissen entspricht, schafft sich der Radverkehr seine eigenen „Konzepte“. Aufgefallen ist mir beispielsweise, dass Radwege, die dafür weder gedacht noch geeignet sind, häufig im Zweirichtungsverkehr befahren werden. Was ist zu tun? Ich kann mir vorstellen, dass der Radverkehr gut gefördert wird, wenn er ausreichend breite Trassen auf den Fahrbahnen zugestanden bekommt und an Ampeln bevorrechtigt wird. Mancherorts kann auch eine bessere Wegweisung für Ortsunkundige hilfreich sein. Auch für Radschnellwege dürfte das Potential vorhanden sein.
Koalitionsvertrag „Hamburg wird Fahrradstadt“
Der rot-grüne Koalitionsvertrag gilt mit seinen fahrradpolitischen Aussagen als ambitioniert. Der Radverkehr soll zu einem Investitionsschwerpunkt werden, um „den Radverkehrsanteil in den zwanziger Jahren auf 25 Prozent zu steigern.“ Er umfasst folgende Maßnahmen (hier deutlich gekürzt): Sanierung des Radwegenetzes, anlegen von Radfahrstreifen und Schutzstreifen (wobei nicht mehr benötigte Radwege zugunsten der Fußwege zurückgebaut werden sollen), an bedeutenden Knotenpunkten sollen ausreichend große Aufstellflächen für Fahrräder eingerichtet werden, vermehrt soll es Fahrradstraßen geben, in jedem Bezirk ist eine Route für einen Radschnellweg vorgesehen, die Radwegebenutzungspflicht wird eingeschränkt, Umsetzung Bike+Ride-Konzept, Kampagne für besseres Fahrradklima usw.