Bericht vom Thementag „Wirtschaft“

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Wirtschaft

Dies­mal habe ich mich einen Tag lang über die Wirt­schafts­la­ge und die Her­aus­for­de­run­gen von Unter­neh­men in der Regi­on Stutt­gart schlau gemacht.

Der Tag begann mit einem Gespräch bei der IHK in Böb­lin­gen. In Beglei­tung von Mit­glie­dern des grü­nen Kreis­vor­stands dis­ku­tier­ten wir vor allem über Ver­kehrs­the­men. Mei­ne The­se, dass der Erhalt der Straßen‑, Schie­nen- und Was­ser­weg­einfra­struk­tur dras­tisch unter­fi­nan­ziert ist und daher weni­ger in Neu­bau flie­ßen muss, wur­de nicht wider­spro­chen. Sei­tens der IHK wur­de jedoch auf die Not­wen­dig­keit des Aus­baus der A 81 auf drei Spu­ren und die Her­stel­lung eines Lärm­de­ckels hin­ge­wie­sen. Völ­li­ge Einig­keit bestand dar­in, dass hier ankom­men­de Flücht­lin­gen schnel­ler Deutsch­kur­se ange­bo­ten und der Zugang zu Aus­bil­dung und Arbeit erleich­tert wer­den muss.

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Prak­ti­scher wur­de es dann bei der Betriebs­be­sich­ti­gung von Mack & Schnei­der. Das Fami­li­en­un­ter­neh­men ist in der Metall- und Kunst­stoff­ver­ar­bei­tung (Spritz­gieß­ver­fah­ren) tätig und beschäf­tigt 100 Mit­ar­bei­te­rIn­nen, 80 davon am Fir­men­sitz in Fil­der­stadt. Ent­wi­ckelt und her­ge­stellt wer­den eine brei­te Pro­dukt­pa­let­te vom Was­ser­ven­til für den Auto­mo­bil- und Hei­zungs­bau über Motor­hau­ben­ent­rie­ge­lungs­grif­fe bis hin zum Kunst­stoff­griff für Küchen­mes­ser. Dabei ist die Fir­ma inno­va­tiv, was die zahl­rei­chen Paten­te bele­gen. Das Unter­neh­men hat 2014 eine neue Pro­duk­ti­ons­hal­le und in den letz­ten Jah­ren zahl­rei­che hoch­mo­der­ne Maschi­nen in Betrieb genom­men. Dadurch konn­te die Über­schuss­pro­duk­ti­on sowie der Ener­gie­auf­wand deut­lich ver­rin­gert wer­den. Fach­kräf­te­man­gel ist nach Aus­sa­gen der Geschäfts­füh­rer kein gro­ßes Pro­blem, da mit eige­nen Aus­zu­bil­den­den der Per­so­nal­be­darf gedeckt wer­den kann.

Wei­ter ging es zur Hand­werks­kam­mer der Regi­on Stutt­gart, die mit 30.000 Mit­glieds­be­trie­ben, die rund 180.000 Men­schen beschäf­ti­gen, eine der größ­ten von ins­ge­samt 53 in Deutsch­land ist. Nach Ein­schät­zung des Haupt­ge­schäfts­füh­rers hat sich die Libe­ra­li­sie­rung des Vor­be­halts­be­reichs für die Meis­ter­prü­fung nicht bewährt. Es hät­te nur weni­ge Neu­grün­dun­gen gege­ben und vie­le der neu­en Betrie­be hät­ten schnell wie­der auf­ge­ge­ben. Als nega­tiv habe ich dadurch auch die Ent­wick­lung von Schein­selbst­stän­dig­keit und die nach­las­sen­de Qua­li­tät erwie­sen. Außer­dem kön­nen die Betrie­be ohne Meis­ter­brief nicht aus­bil­den. 41 von ins­ge­samt 150 Hand­werks­be­ru­fen sind noch zulas­sungs­pflich­tig. Bei­spie­le sind die Beru­fe Mau­rer, Zim­me­rer und Maler, da sie ent­we­der beson­ders gefahr­ge­neigt sind und/oder eine beson­de­re Aus­bil­dungs­leis­tung erbrin­gen. Über­wie­gend posi­tiv für das Hand­werk bewer­tet der Geschäfts­füh­rer die Ener­gie­wen­de, die sei­ner Bran­che neue Auf­ga­ben gebracht hat. Auch der „frucht­ba­re Dia­log“ mit Grün-Rot im Land wird her­vor­ge­ho­ben. Als eine der größ­ten Her­aus­for­de­run­gen fürs Hand­werk gilt die Fach­kräf­te­si­che­rung. Die HWK for­dert einen Para­dig­men­wech­sel im Aus­län­der­recht, um die Poten­tia­le der Flücht­lin­ge bes­ser nut­zen zu kön­nen.

Sei­nen Abschluss fand mein The­men­tag weni­ge Häu­ser wei­ter bei der IHK Regi­on Stutt­gart. Mit dem Haupt­ge­schäfts­füh­rer und dem für Ver­kehrs­the­men zustän­di­gen Fach­re­fe­ren­ten dis­ku­tier­te ich zunächst Aspek­te des Infra­struk­tur­di­lem­mas. Kon­sens bestand dar­in, dass der Erhalt Vor­rang vor Neu­bau haben muss und inner­halb des Neu­baus kon­se­quent nach fach­li­chen Kri­te­ri­en prio­ri­siert wer­den muss. Für die Prio­ri­sie­rung von Stra­ßen­bau­pro­jek­ten erhielt das Land ein Lob. Auch in Sachen ÖPP bestand Einig­keit. Die IHK hält die­ses Instru­ment für zu teu­er und ver­weist auf nega­ti­ve Erfah­run­gen am Alb­auf­stieg. Viel­mehr setzt die Kam­mer auf die Aus­wei­tung der Nut­zer­fi­nan­zie­rung, kon­kret die Ein­füh­rung einer PKW-Maut (aber nicht wie die der­zeit dis­ku­tier­te). Bei TTIP gab es in Sachen Schieds­ge­rich­te unter­schied­li­che Auf­fas­sun­gen, die sich aus Sicht der IHK posi­tiv aus­ge­stal­ten las­sen. Schieds­ge­rich­te sei­en u. a. des­halb wich­tig, weil die ordent­li­chen Gerich­te in den US-Staa­ten bekannt sei­en für ihre Unbe­re­chen­bar­keit. Letzt­lich aber sei­en die Anglei­chung von (tech­ni­schen) Stan­dards und der Abbau von Zöl­len die wich­tigs­ten Ele­men­te des geplan­ten Frei­han­dels­ab­kom­mens. Hier­ge­gen besteht unse­rer­seits kein Ein­wand.

Mein Fazit: Die Dif­fe­ren­zen zwi­schen Vor­stel­lun­gen der Wirt­schaft und grü­ner Poli­tik sind deut­lich gerin­ger als immer wie­der ver­mu­tet wird. Im Umgang mit Flücht­lin­gen und bei eini­gen ver­kehrs­po­li­ti­schen Grund­sät­zen lie­gen kei­ne Wel­ten zwi­schen Wirt­schaft und Grü­nen.