Besuch in einer Flüchtlingsunterkunft

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Flüchtlingszelt21.08.2016

Von den Bemühungen, aus schwierigen Rahmenbedingungen das Beste zu machen

In den letz­ten zwei Jah­ren war ich sicher­lich zwei Dut­zend Male in Flücht­lings­un­ter­künf­ten, um mit Geflüch­te­ten, ehren­amt­li­chen Hel­fe­rin­nen und Hel­fern und Mit­ar­bei­tern der Secu­ri­ty über die Situa­ti­on zu spre­chen. Dabei neh­me ich immer wie­der wich­ti­ge Infor­ma­tio­nen mit, die ich in Dis­kus­sio­nen mit Bür­ge­rin­nen und Bür­gern gut ein­set­zen kann.

Eini­ge Unter­künf­te habe ich schon zwei- oder drei­mal besucht und kann dann Ver­än­de­run­gen in der Bele­gung, beim ehren­amt­li­chen Enga­ge­ment und der haupt­amt­li­chen Betreu­ung fest­stel­len. Bei den lan­gen War­te­zei­ten auf die Antrag­stel­lung für die Ertei­lung des Asyl­rechts hin­ge­gen lässt sich lei­der kei­ne Ver­än­de­rung fest­stel­len.

In der Unter­kunft in Fil­der­stadt-Plat­ten­hardt war ich nun zum drit­ten Mal. Neu war für mich aber der Besuch im Zelt, nach­dem die Sport­hal­le geräumt wer­den muss­te. Dort leben der­zeit Men­schen aus 13 Natio­nen, vie­le davon aus Indi­en, Soma­lia und dem Irak. Als die Geflüch­te­ten erfuh­ren, wer zu Besuch gekom­men war, wur­de ich rasch umla­gert. „Wann fin­det mei­ne Anhö­rung statt?“ und „Wann wird über mei­nen Antrag ent­schie­den?“ waren häu­fig gestell­te Fra­gen. Dar­auf konn­te ich kei­ne Ant­wor­ten geben. Auch die Fra­ge, wes­halb alles so lan­ge dau­ert, war nicht ganz ein­fach, geschwie­ge denn zufrie­den­stel­lend zu beant­wor­ten. Eini­ge der Geflüch­te­ten zeig­ten mir ihre „Zim­mer“. Die­se sind nach oben offe­ne Ver­schlä­ge inner­halb des Zel­tes, jeder für vier Per­so­nen. Aus­ge­stat­tet sind die­se mit Dop­pel­stock­bet­ten, Tisch, Stüh­len, Spind und Kühl­schrank. Es ist dar­in eng. Ein Geflüch­te­ter beklagt sich über den nächt­li­chen Lärm. Eini­ge der momen­tan rund 80 männ­li­chen Bewoh­ner im Zelt, das für bis zu 100 Men­schen aus­ge­rich­tet ist, gäben vor 1 oder 2 Uhr in der Nacht kei­ne Ruhe. Dies habe auch damit zu tun, dass vie­le der Geflüch­te­ten ger­ne arbei­ten wür­den, dies aber ent­we­der (noch) nicht arbei­ten dürf­ten oder sie kei­ne Stel­le fän­den, weil ihre Deutsch­kennt­nis­se dafür nicht aus­reich­ten. Die Deutsch-Kur­se bei der VHS, so klagt ein ande­rer, wür­den erst nach lan­gem War­ten zuge­sagt.

Im Gespräch mit Ehren­amt­li­chen ver­voll­stän­digt sich das Bild. Mit der Secu­ri­ty habe man lan­ge sehr gute Erfah­run­gen gemacht (was ich aus mei­nen bei­den ers­ten Besu­chen, damals noch in der Hal­le, abso­lut bestä­ti­gen kann). Doch seit eini­gen Wochen gebe es häu­fi­ge Per­so­nal­wech­sel und den Ein­satz von Sub­un­ter­neh­men, wodurch kei­ne Bezie­hun­gen mehr bestün­den und das Durch­set­zen von Abspra­chen erschwert sei. Hin­zu kom­me der gro­ße Wech­sel in der Bele­gung der Unter­kunft, die belie­big erschei­ne. Im Übri­gen kämen die Deutsch-Kur­se „wegen des BAMF“ nicht in die Gän­ge. Dies füh­re ins­ge­samt dazu, dass das „Frust­po­ten­ti­al“ stei­ge. Posi­tiv sei, dass sich die Stim­mung an der benach­bar­ten Grund­schu­le gegen­über der Flücht­lings­un­ter­kunft ent­spannt habe. Anfangs hat­ten Eltern die Kin­der für die Wege auf dem Schul­ge­län­de, ins­be­son­de­re zum Schwimm­bad, das sich direkt neben der Unter­kunft befin­det, beglei­tet. Dies sei inzwi­schen nicht mehr der Fall.

Ein Mann der Secu­ri­ty berich­tet mir, er sei vol­ler Vor­be­hal­te gegen­über Frem­den in den Ein­satz im Flücht­lings­heim gestar­tet. Nun kön­ne er fest­stel­len, dass sich sei­ne Ein­stel­lung gegen­über den Geflüch­te­ten völ­lig zum Posi­ti­ven ver­än­dert habe: „Das sind ganz nor­ma­le Men­schen“. Er ken­ne auch ande­re Unter­künf­te und hal­te die hier für eine ruhi­ge, ange­neh­me Ein­rich­tung.

Beim Rund­gang durch die Anla­gen fällt mir auf, dass sowohl die Küchen (die Män­ner kochen sel­ber) als auch die Bäder sehr sau­ber sind.

Wir kom­men auch am Con­tai­ner­raum der AWO vor­bei, die für die Sozi­al­be­treu­ung in allen Flücht­lings­un­ter­künf­ten im Land­kreis ver­ant­wort­lich ist. Drei­mal pro Woche ist jemand von der AWO für jeweils zwei bis drei Stun­den zu fest­ge­leg­ten Sprech­zei­ten vor Ort. Das Land­rats­amt bie­tet zwei­mal wöchent­lich je eine Sprech­stun­de an. Und eben­falls ein­mal pro Woche kommt ein Arzt mit einer mobi­len Pra­xis, orga­ni­siert von den Mal­te­sern.

Von den Ehren­amt­li­chen wer­de ich noch auf eini­ge Defi­zi­te hin­ge­wie­sen: Das Zelt wird im Win­ter auf Ölba­sis beheizt und im Som­mer belüf­tet, was wenig effi­zi­ent sei. Außer­dem gebe es noch immer kein WLAN, obwohl dies schon lan­ge auf Kreis­ebe­ne ein The­ma sei. Dies­be­züg­lich war ich schon vor Mona­ten vor­stel­lig gewor­den, was ich nun wie­der­ho­len wer­de.

An die­ser Stel­le dan­ke ich den Ehren­amt­li­chen noch­mal sehr herz­lich für ihr aus­dau­ern­des Enga­ge­ment!