Bund verkompliziert Mobilität von Menschen im Rollstuhl

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rollstuhl-befestigung-im-bus02.11.2016

Brächte die Normierung von Rollstühlen die Lösung?

Im Kraft­fahr­zeug – im Auto und im Bus, der im Fern­ver­kehr unter­wegs ist – gilt die Anschnall­pflicht. Die­se gilt auch für Men­schen, die im Roll­stuhl sit­zend beför­dert wer­den. Seit kur­zem müs­sen nicht ange­schnall­te Rollstuhlfahrer*innen mit einem Buß­geld rech­nen. Dies wirft zen­tra­le Fra­gen auf.

Denn zunächst ein­mal muss der Roll­stuhl am Fahr­zeug und dann die Per­son sel­ber gesi­chert wer­den. Doch die wenigs­ten Roll­stüh­le ver­fü­gen über sog. „Kraft­kno­ten“, sind also sta­bil genug gebaut, um bei einer Voll­brem­sung der dar­in sit­zen­den Per­son aus­rei­chend Sicher­heit bie­ten zu kön­nen. Das Bun­des­ver­kehrs­mi­nis­te­ri­um hat auf eine Anfra­ge von mir hin ein­ge­räumt, dass die betrof­fe­nen Men­schen mit Behin­de­rung unter Umstän­den selbst für die Nach­rüst­kos­ten an den Roll­stüh­len auf­kom­men müs­sen. Denn die gesetz­li­chen Kran­ken­kas­sen sei­en „im Rah­men der medi­zi­ni­schen Reha­bi­li­ta­ti­on nur dafür zustän­dig, dem Ver­si­cher­ten die Erschlie­ßung des Nah­be­reichs der Woh­nung zu ermög­li­chen.“ Als Aus­nah­me­fäl­le, so die Bun­des­re­gie­rung wei­ter, „sind durch die Recht­spre­chung des Bun­des­so­zi­al­ge­richts inso­weit ledig­lich der Trans­port von Schü­lern zur Erfül­lung der Schul­pflicht und der Besuch von medi­zi­ni­schen Ver­sor­gungs­ein­rich­tun­gen für beson­de­re, im Nah­be­reich der Woh­nung regel­mä­ßig nicht ver­füg­ba­re medi­zi­ni­sche Ver­sor­gun­gen aner­kannt.“

Das Pro­blem wird am Bei­spiel der Fern­bus­se beson­ders deut­lich: Neue Fern­bus­se und in weni­gen Jah­ren alle Fern­bus­se müs­sen über min­des­tens zwei Roll­stuhl­plät­ze ver­fü­gen. Die Bus­fah­rer haben für die Sicher­heit aller Fahr­gäs­te, auch der im Roll­stuhl sit­zen­den, zu sor­gen. Doch sie kön­nen kaum beur­tei­len, wel­che Roll­stüh­le über Kraft­kno­ten ver­fü­gen und am Fahr­zeug gesi­chert wer­den kön­nen. Das­sel­be gilt auch für Bür­ger­bus­se. Hier steu­ern meist Ehren­amt­li­che über­wie­gend mobi­li­täts­ein­ge­schränk­te Per­so­nen. Eine Zumu­tung für Rei­sen­de mit Behin­de­rung und die Fahrer*innen zugleich!

Über unse­re Euro­pa­frak­ti­on klä­re ich gegen­wär­tig, ob eine euro­pa­wei­te Nor­mie­rung von Roll­stüh­len mög­lich ist und wei­ter­hel­fen kann. Dann soll­ten ent­spre­chend gebau­te Roll­stüh­le mit den gefor­der­ten Kraft­kno­ten aber auch der Regel­fall wer­den und ent­spre­chend gekenn­zeich­net wer­den.