Bundesrat gegen Motorradlärm

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11.06.2020, ergänzt am 13.06.2020

Heftige Diskussion entbrannt

Gera­de läuft eine Peti­ti­on gegen eine Bun­des­rats­in­itia­ti­ve zur Begren­zung des Motor­rad­lärms. Vie­le Lärm­be­trof­fe­ne, so im Schwarz­wald oder auf der Schwä­bi­schen Alb, dürf­ten sich dar­über freu­en und auf den Erfolg des Vor­sto­ßes hof­fen.

Im Ein­zel­nen sieht die Initia­ti­ve vor:

- Die Begren­zung der zuläs­si­gen Geräusch­emis­sio­nen aller neu zuge­las­se­nen Motor­rä­der auf maxi­mal 80 dB(A)

- Här­te­re Stra­fen für das Tunen von Motor­rä­dern

- Die Poli­zei soll bei erheb­li­chen Ver­stö­ßen die ent­spre­chen­den Motor­rä­der sofort beschlag­nah­men dür­fen

- Initia­ti­ven, die sich für einen lei­se­ren Motor­rad­ver­kehr ein­set­zen, sol­len unter­stützt wer­den

- An Sonn- und Fei­er­ta­gen sol­len zeit­lich beschränk­te Ver­kehrs­ver­bo­te für Motor­rä­der ermög­licht wer­den. Davon aus­ge­nom­men sein sol­len Motor­rä­der mit alter­na­ti­ven Antriebs­tech­ni­ken.

Gegen die Fahr­ver­bo­te rich­tet sich eine Peti­ti­on. Vom Initia­tor wur­de ich um eine Stel­lung­nah­me gebe­ten. Die­se gefällt nun nicht allen, wie eine leb­haf­te Dis­kus­si­on auf Face­book zeigt. Damit kann ich aber gut leben. Hier mei­ne Ant­wort:

„Es gibt eine hohe Anzahl von Beschwer­den von Bür­ge­rin­nen und Bür­gern über den Motor­rad­lärm. Ich kom­me aus Baden-Würt­tem­berg. Dort gibt es zahl­rei­che Regio­nen, die gera­de an Wochen­en­den und Fei­er­ta­gen von sehr vie­len Motor­rad­fah­ren­den auf­ge­sucht wer­den. Dazu zäh­len der Schwarz­wald, die Schwä­bi­sche Alb und eini­ge Fluss­tä­ler. Zu mei­nem Wahl­kreis gehört ein Teil des Alb­traufs. All das sind Tou­ris­mus­re­gio­nen, in denen Men­schen Ruhe und Ent­span­nung suchen. All das sind aber auch Regio­nen, in denen Men­schen woh­nen, die ihre Frei­zeit im Gar­ten oder auf dem Bal­kon ver­brin­gen wol­len. Das sind berech­tig­te Inter­es­sen, die immer wie­der durch lau­tes Motor­rad­fah­ren gestört wer­den. Der Motor­rad­lärm ist kei­ne Baga­tel­le und nicht zu akzep­tie­ren, zumal Motor­rä­der kaum einen Bei­trag zur not­wen­di­gen Mobi­li­tät leis­ten, son­dern über­wie­gend ein Hob­by dar­stel­len. Der Spaß des einen darf nicht zur Last des ande­ren gehen. Daher hal­te ich es für vor­dring­lich, dass die Lärm­grenz­wer­te von Motor­rä­dern – eben­so von Autos – deut­lich ver­schärft wer­den und Aus­puff­klap­pen, mit denen der Lärm nega­tiv beein­flusst wer­den kann, wirk­sam ver­bo­ten wer­den. Letzt­lich las­sen sich aber auch Fahr­ver­bo­te an Orten, an denen der Lärm eine beson­de­re Belas­tung für die Bevöl­ke­rung dar­stellt und ande­re Maß­nah­men nicht die gewünsch­te Wir­kung erzielt haben, nicht ver­mei­den. Ich möch­te den Län­dern und Kom­mu­nen hier­für grö­ße­re Hand­lungs­spiel­räu­me ein­räu­men.“

Ich hät­te natür­lich noch mehr schrei­ben kön­nen. So hät­te ich auf die Mög­lich­keit ver­wei­sen kön­nen, mit lei­sen E‑Motorrädern zu fah­ren. Ich hät­te auch mehr über beson­ders lär­men­de Autos schrei­ben kön­nen, die wir auch auf dem Schirm haben, das war jedoch nicht die Fra­ge. Und ja: Die Mehr­heit der Motor­rad­fah­ren­den fährt weder mit mani­pu­lier­ten Fahr­zeu­gen noch fah­ren die­se (bewusst) “laut”.

Ich erhielt zahl­rei­che Zuschrif­ten und weit über 400 Face­book-Kom­men­ta­re zu mei­nem State­ment, von denen ich hier eini­ge aus­zugs­wei­se wie­der­ge­be, um Argu­men­ta­ti­ons- und Kon­flikt­li­ni­en auf­zu­zei­gen:

„Sie schrie­ben: ‘Der Spaß des einen darf nicht zur Last des ande­ren gehen´. Der Spaß der Men­schen auf der Ter­ras­se geht auch zu Las­ten derer die Motor­rad fah­ren möch­ten.“

„Es ist eine abso­lu­te Frech­heit denen gegen­über, die von Mon­tag – Frei­tag tags­über arbei­ten müs­sen und die somit nur das Wochen­en­de für das Motor­rad fah­ren nut­zen kön­nen, die­ses Ver­bot ein­zu­füh­ren. Sie betrifft die­ses Ver­bot nicht, aber stel­len sie sich mal vor, ihnen wird ver­bo­ten Ein­käu­fe oder sons­ti­ges nicht mehr mit dem Auto erle­di­gen zu dür­fen.“

„Hier wird ein­fach eine Min­der­heit gegen eine Mehr­heit aus­ge­spielt, mehr nicht. Es ist lächer­lich. War­um traut man sich nicht an die Sport­wa­gen oder bes­ser Pseu­do­sport­wa­gen ran, die zum gro­ßen Teil deut­lich lau­ter als Motor­rä­der sind.“

Ich war doch sehr erstaunt, wie vie­le Motor­rad­fah­ren­de höchst ego­is­tisch auf­tre­ten und null Ver­ständ­nis für die­je­ni­gen auf­brin­gen, die sich vom Lärm in ihrer Lebens­qua­li­tät beein­träch­tigt sehen. “Ich darf das”, “der Spaß steht mir zu”, “es ist nicht ver­bo­ten” oder “Rasen­mä­her machen auch Lärm” (Hin­weis M. G.: Ein aus vie­len Grün­den schrä­ger Ver­gleich u. a. des­we­gen, weil Rasen­mä­hen an Sonn- und Fei­er­ta­gen ver­bo­ten ist und vie­ler­orts auch um die Mit­tags­zeit) waren immer wie­der zu lesen. Es gab aber auch vie­le Motor­rad­fah­ren­de, die sich ein­deu­tig ableh­nend gegen­über den schwar­zen Scha­fen” in ihren Rei­hen posi­tio­nie­ren und mehr Poli­zei­kon­trol­len sowie här­te­re Stra­fen für Mani­pu­la­tio­nen an Motor­rä­dern for­dern. Das bewer­te ich aus­drück­lich sehr posi­tiv und hof­fe, dass sol­che kla­ren State­ments die “schwar­zen Scha­fe” in den eige­nen Rei­hen dis­zi­pli­nie­ren. Es gibt aber auch sehr viel Unter­stüt­zung für mein State­ment:

„Ich dan­ke Ihnen herz­lich für Ihr Enga­ge­ment. Es wäre toll, wenn man in der Natur end­lich wie­der Ruhe und Erho­lung fin­den könn­te!“

„Vie­len Dank, dass Sie sich bei dem The­ma enga­gie­ren! Davon pro­fi­tie­ren auch die­je­ni­gen, die in ande­ren Regio­nen unter Motor­rad­lärm lei­den und die von den loka­len Behör­den allei­ne gelas­sen wer­den.“

„Ich bin sel­ber Motor­rad­fah­rer, woh­ne aber auch an einer von Motor­lärm stark belas­te­ten Orts­aus­gangs­stras­se. Was sich da am Wochen­en­de abspielt ist manch­mal nicht zu glau­ben. Ich fin­de es gut wenn der Lärm redu­ziert wird selbst wenn dann Stre­cken gesperrt wer­den.“

Mein Fazit: Bevor Fahr­ver­bo­te umge­setzt wer­den, müs­sen erst ande­re Maß­nah­men für die Ver­rin­ge­rung von Motor­rad­lärm umge­setzt und aus­pro­biert wor­den sein. Lei­der waren man­cher­orts Tem­po­li­mits, Kon­trol­len, Beschil­de­run­gen und ande­re Appel­le aber nicht von Erfolg gekrönt. Daher ist auch der letz­te Punkt in der Bun­des­rats­in­itia­ti­ve, näm­lich das Fahr­ver­bot an Sonn- und Fei­er­ta­gen auf Stre­cken­ab­schnit­te, von denen beson­de­re Lärm­be­las­tun­gen für die Bevöl­ke­rung aus­ge­hen, aus mei­ner Sicht zu unter­stüt­zen. Soll­te allei­ne schon die Dis­kus­si­on hier­über sich auf die­je­ni­gen unter den Motor­rad­fah­ren­den, die unver­nünf­tig unter­wegs sind und auch auf die Motor­rad­in­dus­trie, die ihre Fahr­zeu­ge bewusst mit dem auf Unbe­tei­lig­te viel­fach beläs­ti­gend wir­ken­dem “Sound­de­sign” aus­stat­tet, mäßi­gend wir­ken, so wäre viel erreicht. Ver­bo­te sind ja immer nur dann unver­meid­lich, wenn zu vie­le ohne die not­wen­di­ge Ein­sicht und Ver­nunft unter­wegs sind.