Nicht schneller nach Nürnberg
Die Murrbahn, die von Waiblingen nach Schwäbisch Hall-Hessental führt, wird nun doch nicht ausgebaut. Weder soll die Eingleisigkeit ab Backnang beseitigt werden, noch ist ein Ausbau für den Einsatz von Neigetechnikzügen oder für ein schnelleres Vorankommen konventioneller Züge vorgesehen. Lediglich einige winzige Ausbauten sind geplant. Reisende kommen so nicht schneller nach Nürnberg und den dortigen Anschlüssen nach Berlin und München.
Eine erneute Anfrage der Grünen zeigt: Das Interesse der Bundesregierung an dieser Strecke ist kaum größer null. Eine zuvor beantwortete Anfrage ergab bereits, dass sich der Bund von den Neigetechnik-Plänen verabschiedet hat. Nun wollten wir wissen, was stattdessen geplant ist. Das Ergebnis ist ernüchternd: Es sind keine baulichen Veränderungen vorgesehen, um die Fahrgäste schneller nach Nürnberg zu bringen. Zwei Minuten Reisezeitverkürzung sollen sich durch eine Verkürzung der Standzeit in Ansbach sowie den Entfall des Halts in Roßtal ergeben. Eine Verkürzung der Fahrzeit auf unter zwei Stunden auf der Relation Stuttgart – Nürnberg (heute 2:10 Stunden) sei durch bauliche Veränderungen „nicht wirtschaftlich umsetzbar“, schreibt die Bundesregierung. Daher seien, anders als in früheren Plänen für die Umsetzung des Deutschlandtaktes, keine Geschwindigkeitserhöhungen mehr vorgesehen. Heute kann auf der Strecke zwischen Waiblingen und Hessental eine Maximalgeschwindigkeit von 130 Stundenkilometer gefahren werden. Auf dem daran anschließenden Abschnitt sind 160 Stundenkilometer möglich.
Nun sind nur noch winzige, wenngleich sinnvolle und längst überfällige Ausbaumaßnahmen vorgesehen: Die Gleise an den Bahnhöfen in Oppenweiler, Sulzbach (Murr) und Fichtenberg sollen so umgebaut werden, dass gleichzeitige Einfahrten möglich werden. Derzeit muss bei gleichzeitiger Ankunft von zwei Zügen, die aus unterschiedlichen Richtungen kommen, immer einer warten, bis der andere im Bahnhof zum Stehen gekommen ist. Zwischen Aalen und Crailsheim sollen vergleichbare Umbauten lediglich in Ellwangen unternommen werden, obwohl auch in Jagstzell und Jagstheim zwei Züge nicht zeitgleich in die Stationen einfahren können. Wann die Maßnahmen realisiert werden sollen ist laut Bundesregierung offen.
Der Ausbau auf zwei Gleise zwischen Backnang und Schwäbisch Hall lehnt der Bund ab. Die Eingleisigkeit sei „ausreichend“. Im Zielfahrplan für den Deutschlandtakt sei zwischen Öhringen und Schwäbisch Hall-Hessental eine Elektrifizierung vorgesehen. Jedoch: Darum müsse sich das Land kümmern, so der Bund.
Das Fazit ist ernüchternd: Die Bundesregierung hat die Murrbahn faktisch aufgegeben. Es soll nur gemacht werden, was sich nicht vermeiden lässt. Dabei versteckt sich die Bundesregierung hinter dem Land. Für den Fernverkehr ist jedoch alleine der Bund zuständig. Eine deutliche Fahrzeitverkürzung von Stuttgart auf die Anschlüsse ab Nürnberg wäre jedoch notwendig und eine Sache des Fernverkehrs. Wozu hat der Bund denn für viele Milliarden eine Neubaustrecke von Nürnberg nach Berlin und München gebaut, wenn Reisende aus dem Westen nicht deutlich schneller dorthin kommen?