Bundesregierung gibt die Murrbahn weitgehend auf

Hinweis: Dieser Beitrag ist schon älter und wurde möglicherweise noch nicht in das neue Format umgewandelt.

01.03.2021

Nicht schneller nach Nürnberg

Die Murr­bahn, die von Waib­lin­gen nach Schwä­bisch Hall-Hes­sen­tal führt, wird nun doch nicht aus­ge­baut. Weder soll die Ein­glei­sig­keit ab Back­nang besei­tigt wer­den, noch ist ein Aus­bau für den Ein­satz von Nei­ge­tech­nik­zü­gen oder für ein schnel­le­res Vor­an­kom­men kon­ven­tio­nel­ler Züge vor­ge­se­hen. Ledig­lich eini­ge win­zi­ge Aus­bau­ten sind geplant. Rei­sen­de kom­men so nicht schnel­ler nach Nürn­berg und den dor­ti­gen Anschlüs­sen nach Ber­lin und Mün­chen.

Eine erneu­te Anfra­ge der Grü­nen zeigt: Das Inter­es­se der Bun­des­re­gie­rung an die­ser Stre­cke ist kaum grö­ßer null. Eine zuvor beant­wor­te­te Anfra­ge ergab bereits, dass sich der Bund von den Nei­ge­tech­nik-Plä­nen ver­ab­schie­det hat. Nun woll­ten wir wis­sen, was statt­des­sen geplant ist. Das Ergeb­nis ist ernüch­ternd: Es sind kei­ne bau­li­chen Ver­än­de­run­gen vor­ge­se­hen, um die Fahr­gäs­te schnel­ler nach Nürn­berg zu brin­gen. Zwei Minu­ten Rei­se­zeit­ver­kür­zung sol­len sich durch eine Ver­kür­zung der Stand­zeit in Ans­bach sowie den Ent­fall des Halts in Roß­tal erge­ben. Eine Ver­kür­zung der Fahr­zeit auf unter zwei Stun­den auf der Rela­ti­on Stutt­gart – Nürn­berg (heu­te 2:10 Stun­den) sei durch bau­li­che Ver­än­de­run­gen „nicht wirt­schaft­lich umsetz­bar“, schreibt die Bun­des­re­gie­rung. Daher sei­en, anders als in frü­he­ren Plä­nen für die Umset­zung des Deutsch­land­tak­tes, kei­ne Geschwin­dig­keits­er­hö­hun­gen mehr vor­ge­se­hen. Heu­te kann auf der Stre­cke zwi­schen Waib­lin­gen und Hes­sen­tal eine Maxi­mal­ge­schwin­dig­keit von 130 Stun­den­ki­lo­me­ter gefah­ren wer­den. Auf dem dar­an anschlie­ßen­den Abschnitt sind 160 Stun­den­ki­lo­me­ter mög­lich.

Nun sind nur noch win­zi­ge, wenn­gleich sinn­vol­le und längst über­fäl­li­ge Aus­bau­maß­nah­men vor­ge­se­hen: Die Glei­se an den Bahn­hö­fen in Oppen­wei­ler, Sulz­bach (Murr) und Fich­ten­berg sol­len so umge­baut wer­den, dass gleich­zei­ti­ge Ein­fahr­ten mög­lich wer­den. Der­zeit muss bei gleich­zei­ti­ger Ankunft von zwei Zügen, die aus unter­schied­li­chen Rich­tun­gen kom­men, immer einer war­ten, bis der ande­re im Bahn­hof zum Ste­hen gekom­men ist. Zwi­schen Aalen und Crails­heim sol­len ver­gleich­ba­re Umbau­ten ledig­lich in Ell­wan­gen unter­nom­men wer­den, obwohl auch in Jagst­zell und Jags­t­heim zwei Züge nicht zeit­gleich in die Sta­tio­nen ein­fah­ren kön­nen. Wann die Maß­nah­men rea­li­siert wer­den sol­len ist laut Bun­des­re­gie­rung offen.

Der Aus­bau auf zwei Glei­se zwi­schen Back­nang und Schwä­bisch Hall lehnt der Bund ab. Die Ein­glei­sig­keit sei „aus­rei­chend“. Im Ziel­fahr­plan für den Deutsch­land­takt sei zwi­schen Öhrin­gen und Schwä­bisch Hall-Hes­sen­tal eine Elek­tri­fi­zie­rung vor­ge­se­hen. Jedoch: Dar­um müs­se sich das Land küm­mern, so der Bund.

Das Fazit ist ernüch­ternd: Die Bun­des­re­gie­rung hat die Murr­bahn fak­tisch auf­ge­ge­ben. Es soll nur gemacht wer­den, was sich nicht ver­mei­den lässt. Dabei ver­steckt sich die Bun­des­re­gie­rung hin­ter dem Land. Für den Fern­ver­kehr ist jedoch allei­ne der Bund zustän­dig. Eine deut­li­che Fahr­zeit­ver­kür­zung von Stutt­gart auf die Anschlüs­se ab Nürn­berg wäre jedoch not­wen­dig und eine Sache des Fern­ver­kehrs. Wozu hat der Bund denn für vie­le Mil­li­ar­den eine Neu­bau­stre­cke von Nürn­berg nach Ber­lin und Mün­chen gebaut, wenn Rei­sen­de aus dem Wes­ten nicht deut­lich schnel­ler dort­hin kom­men?