Über die Hälfte der Menschen in Deutschland fühlt sich von Verkehrslärm betroffen. 34 Prozent sehen sich Schienenverkehrslärm ausgesetzt. Dass zu viel und anhaltender Lärm Menschen krank macht ist bewiesen. Dies alleine ist Grund genug, die Anstrengungen zur Lärmreduzierung zu verstärken. Dass „mehr Verkehr auf der Schiene“ nur mit Akzeptanz der Bevölkerung gelingen kann und diese wiederum davon abhängt, ob Belastungen durch Schienenlärm verringert werden können, ist ein weiterer guter Grund.
Die Große Koalition hat in ihrem Koalitionsvertrag versprochen, den Schienenlärm bis zum Jahr 2020 zu halbieren. Ende 2016 soll eine Zwischenbilanz bezogen werden. Dann soll die Hälfte der Güterzüge auf leisere Bremsen („LL-„ oder „K‑Sohlen“) umgerüstet bzw. ausgestattet sein. Mit einer Kleinen Anfrage hat die Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Erfahrung gebracht, wie es derzeit um die Fortschritte in Sachen Lärmschutz auf und an der Schiene steht. Ergebnis in aller Kürze: Ernüchterung! Im März 2014 verfügten lediglich 14% aller Güterwagen über “Flüsterbremsen”, im Dezember 2013 waren es 9,5%. Damit verfehlt die Bundesregierung ihre Lärmschutzziele deutlich. Bei Betrachtung der aktuellen Zahlen ist es grotesk, dass die Bundesregierung ihre Lärmschutzziele immer noch für erreichbar hält. Statt sich stur an utopischen Zielsetzungen zu klammern, sollte die Bundesregierung lieber an konkreten Maßnahmen und Anreizen für eine wirkungsvollere Verringerung des Schienenlärms arbeiten. Weitere Belege für das Scheitern der Lärmschutzpolitik der Bundesregierung sind, dass durch das lärmabhängige Trassenpreissystem 2013 lediglich 40.000 Euro an die Halter leiser Güterwagen ausgezahlt wurden und seit 2010 an den Bundesschienenwegen nur 800 Meter lärmmindernde Gabionenwände errichtet wurden. Die Bundesregierung muss ihre Maßnahmen und die Anreizstrukturen grundsätzlich überarbeiten und den Druck auf die Deutsche Bahn und die anderen Güterwagenhalter erhöhen. Das Trassenpreissystem muss stärker lärmabhängig gespreizt werden und es muss sichergestellt werden, dass die lärmabhängigen Einnahmen auch tatsächlich an die Halter „leiser“ Wagen ausgeschüttet werden. Weitere Forderungen:
- Verlässliche und stetige Erhöhung der Bundesmittel für den Lärmschutz an der Schiene.
- Festlegung einklagbarer Lärmgrenzwerte für Bestandsstrecken und Abschaffung des Schienenbonus auch für Bestandsstrecken.
- Personelle Aufstockung des Personals beim Eisenbahnbundesamt, um die Genehmigung von Lärmschutzmaßnahmen (aber auch anderer baulicher Maßnahmen wie barrierefreie Bahnsteige) zu beschleunigen.
- Schaffung der Rechtsgrundlage für Fahrverbote für nicht auf lärmreduzierende Bremsen umgerüstete Züge ab dem Jahr 2020 (Vorbild Schweiz).
- Auf der Straße sollten durch Lärm verursachte (externe) Kosten im gleichen Maße von den Verursachern getragen werden, wie dies auf der Schiene bereits heute der Fall ist.