Klimaschutzgesetz muss überarbeitet werden
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz als „wegweisend“ oder gar „historisch“ zu bezeichnen ist sicherlich nicht übertrieben. Es zeigt der Politik ihre weit über die jeweils laufende Legislaturperiode hinaus reichende Verantwortung für kommende Generationen auf.
Das höchste Gericht hat das Klimaschutzgesetz von CDU/CSU und SPD scharf und unzweideutig kritisiert (siehe Erläuterung des Urteils unten). Die Politik muss, so meine Interpretation, nun nicht nur neue Ziele setzen, sondern auch konkrete Maßnahmen aufzeigen, mit denen sie die Klimaziele erreichen möchte. Die Zeit oftmals folgenloser, leerer Bekenntnisse ist vorbei.
Es geht um den schnelleren Ausbau der Erneuerbaren Energien und den früheren Kohleausstieg. Es geht um den Ausbau von Bus- und Bahn-Angeboten und eine klimapolitische Bremse beim Straßenaus- und ‑neubau sowie eine allgemeine Geschwindigkeitsbeschränkung auf Autobahnen. Es geht um eine Landwirtschaftspolitik, mit der Tierbestände reduziert und stärker im Einklang mit der Natur gewirtschaftet wird.
Bis zur Bundestagswahl kommt der Deutsche Bundestag noch zu vier Sitzungswochen zusammen. Die Zeit muss genutzt werden um zu zeigen, dass der Auftrag des Verfassungsgerichts verstanden wurde – und die Interessen der jungen Generation vertreten werden.
Zum Hintergrund: Das Bundesverfassungsgericht hatte gestern den Klagen von neun jungen Menschen gegen das Klimaschutzgesetz der großen Koalition von 2019 teilweise Recht gegeben. Bemängelt wurde, dass die Politik den Weg zu einer CO2-neutralen Wirtschaft nur bis zum Jahr 2030 festgelegt hat. Die ergriffenen Regelungen verschöben die Entlastung bei den Emissionen auf die Zeit nach 2030, die Pariser Klimaziele seien so nicht zu erreichen. Die Politik hat nun bis Ende 2022 Zeit, das Gesetz zu überarbeiten.
Es dürfe nicht einer Generation zugestanden werden, große Teile des verbleibenden CO2-Budgets „unter vergleichsweise milder Reduktionslast“ zu verbrauchen, wenn im Gegenzug der nächsten Generation „umfassende Freiheitseinbußen“ zugemutet werden, urteilte das Verfassungsgericht. Konkret muss nun für alle Jahre bis 2050 festgelegt werden, wie viel Treibhausgas noch ausgestoßen werden darf, um bis 2050 Klimaneutralität (Klimavertrag von Paris) zu erreichen.