Bundesverkehrswegeplan: Stunde der Wahrheit erst nach den Landtagswahlen

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Typical scene during rush hour. A traffic jam with rows of cars. Shallow depth of field.

10.03.2016 (auf Grund­la­ge einer Pres­se­er­klä­rung)

Unwürdiges Spiel um Bundesverkehrswegeplan – Bundesregierung verschiebt Stunde der Wahrheit auf die Zeit nach der Landtagswahl

Der Bun­des­ver­kehrs­we­ge­plan ist seit einem Jahr über­fäl­lig. Das Bun­des­ver­kehrs­mi­nis­te­ri­um hat erst die Erstel­lung ver­schleppt und jetzt ver­zö­gert es die Ver­öf­fent­li­chung bis nach den drei Land­tags­wah­len am 13. März. In den letz­ten Wochen jedoch haben sich Regie­rungs­ver­tre­ter, allen vor­an Staats­se­kre­tär Nor­bert Barth­le (CDU), über­all dort bei Ver­an­stal­tun­gen bli­cken las­sen, wo vor Ort gewünsch­te Stra­ßen­bau­pro­jek­te in eine hohe Dring­lich­keit ein­ge­stuft wer­den. Wel­che sinn­vol­len Pro­jek­te beim Bund hin­ten hin­un­ter fal­len wer­den, soll erst nach dem Wahl­sonn­tag bekannt wer­den. Bis zur Wahl sol­len also nur noch tat­säch­li­che oder ver­meint­li­che Wohl­ta­ten ver­kün­det wer­den. Erst wenn die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger ihre Kreuz­chen gesetzt haben, wird reich­lich Was­ser in den Wein gegos­sen wer­den.

Der Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Mat­thi­as Gastel (Grü­ne), Mit­glied im Bun­des­tags-Ver­kehrs­aus­schuss, hat aus­ge­wer­tet, was von Regie­rungs­ver­tre­tern des Bun­des bereits ange­deu­tet wur­de – und zu wel­chen Pro­jek­ten lie­ber geschwie­gen wird.

Posi­tiv bewer­tet der Abge­ord­ne­te aus Fil­der­stadt, dass die B 10 zwi­schen Gin­gen Ost und Geis­lin­gen Ost aus Geis­lin­gen her­aus ver­legt wer­den soll. Unter­stüt­zung von grü­ner Sei­te erfährt der Bund auch beim Aus­bau der B 27 zwi­schen Aich und Ech­ter­din­gen: „Das ent­las­tet die Men­schen in den Orts­tei­len, die unter dem Schleich­ver­kehr lei­den müs­sen. Aller­dings soll­te der Bund eine Ein­stu­fung in die höchs­te Kate­go­rie, den Vor­dring­li­chen Bedarf Plus, und nicht nur in den Vor­dring­li­chen Bedarf, vor­neh­men.“ Gut fin­det der Par­la­men­ta­ri­er auch, dass der Alb­auf­stieg der A 8 end­lich aus­ge­baut wer­den soll. Der Alb­auf­stieg der B 312 bei Lich­ten­stein im Land­kreis Reut­lin­gen hin­ge­gen droht im „Wei­te­ren Bedarf“ und damit in einer Art War­te­po­si­ti­on zu ver­har­ren. Für ihn soll ledig­lich ein Pla­nungs­recht geschaf­fen wer­den. Mit einer Finan­zie­rung ist in den nächs­ten 15 Jah­ren – so lan­ge soll der Bun­des­ver­kehrs­we­ge­plan Gül­tig­keit haben – nicht zu rech­nen. Eini­ge Stra­ßen­bau­pro­jek­te sol­len nach dem Wil­len des Bun­des neu in den Bun­des­ver­kehrs­we­ge­plan hin­ein­kom­men, die aus Sicht der Grü­nen mehr Scha­den anrich­ten als dass sie einen Nut­zen ent­fal­ten wür­den. Dazu zählt der Nord­ost­ring um Stutt­gart und eine gro­ße Umfah­rungs­stra­ße bei Bopfin­gen im Ost­alb­kreis (B 29 neu). Der Nord­ost­ring war vom Land nicht ange­mel­det wor­den und eine Umfah­rung im Ost­alb­kreis wur­de vom Land in klei­ner und flä­chen­scho­nen­der Ver­si­on ange­mel­det. Das, was der der Bund nun in den BVWP auf­neh­men möch­te, ent­hält kei­nen Auto­bahn­zu­brin­ger zur A 7. Die­ser ist aus Sicht des Ost­alb­krei­ses jedoch „zwin­gend“. „Ich gehe nicht davon aus, dass die zwei strit­ti­gen Stra­ßen kom­men. Aber dann soll­ten sie bes­ser auch nicht erst in den Plan auf­ge­nom­men wer­den. Bei­de Vor­ha­ben hal­te ich für ver­kehr­lich ent­behr­lich und für öko­lo­gisch unver­träg­lich.“

Sehr zurück­hal­tend sind Regie­rungs­ver­tre­ter des Bun­des in Sachen Schie­nen- und Was­ser­we­ge auf­ge­tre­ten. „Ob der drin­gend not­wen­di­ge und lan­ge gescho­be­ne Aus­bau der Gäu­bahn zwi­schen Horb und Neckar­hau­sen auf zwei Glei­se kom­men wird, steht in den Ster­nen. Und auch zur not­wen­di­gen Elek­tri­fi­zie­rung der Boden­see­gür­tel­bahn zwi­schen Lin­dau, Fried­richs­ha­fen und Radolf­zell war bis­her nichts zu hören. Bei­de Maß­nah­men sind erfor­der­lich, um den Fahr­gäs­ten bes­se­re Ange­bo­te machen zu kön­nen“, so Gastel. Ein auf­fäl­li­ges Schwei­gen im Wal­de ver­nimmt der Abge­ord­ne­te auch in Sachen Aus­bau zur Beschleu­ni­gung der Rems­bahn zwi­schen Stutt­gart und Nürn­berg sowie zum zwei­glei­si­gen Aus­bau der Murr­bahn zwi­schen Back­nang und Schwä­bisch Hall-Hes­sen­tal zur Erhö­hung der Leis­tungs­fä­hig­keit der Stre­cke nach Crails­heim. „Alles, was von der Bun­des­re­gie­rung zu hören ist, ist doch sehr stra­ßen­bau­las­tig. So las­sen sich Mobi­li­täts­pro­ble­me aber nicht lösen. Ich erwar­te vom Bund, dass er sich zum Aus­bau der Schie­nen­we­ge bekennt und für eine schnel­le Umset­zung sorgt.“

Gastel ver­misst auch eine kla­re Aus­sa­ge zu den Neckar­schleu­sen. „Die­se sind rund 80 Jah­re alt und wei­sen für die heu­ti­gen Bin­nen­schif­fe zu kur­ze Schleu­sen­kam­mern auf. Wenn nicht schnell gehan­delt wird, stirbt der Neckar als Was­ser­stra­ße und noch mehr Güter wer­den per Last­wa­gen auf den Stra­ßen beför­dert. Da steht viel auf dem Spiel, wenn der Bund nicht han­delt und eine kla­re Zusa­ge für den Aus­bau der Schleu­sen bis Plochin­gen unter­lässt.“