Kunstwerk erinnert an Drama um Stuttgart 21
Im vergangenen Jahr durfte ich den Künstler Peter Lenk in seinem Domizil am Bodensee besuchen. Damals waren seine Pläne für eine Stuttgart 21-Skulptur schon weit gereift. Nun hat er das Kunstwerk fertiggestellt und ich habe es an seinem vorläufigen Standort in Stuttgart betrachten können. Die knapp zehn Meter hohe Skulptur steckt, wie es bei Lenk üblich ist, voller Ereignisse und Details. Auf dem ins Wanken geratenen Turm des Hauptbahnhofes sitzend kämpft Ministerpräsident Kretschmann mit einer ICE-Schlange. Die „Chronik einer Entgleisung“, wie der Künstler sein Denkmal nennt, zeigt Szenen der heftigen Eskalation am „Schwarzen Donnerstag“ vor zehn Jahren. Mit einem gefluteten Tiefbahnhof, in dem fröhlich gebadet wird, dürften so manche Zweifel daran erkennbar werden, dass das Bahnprojekt seinen Bestimmungszweck erfüllen kann.
Was auch immer der Künstler uns damit genau sagen will: Der neue Bahnhof wird gebaut. Über das „Wie“ muss an einigen Stellen noch korrigierend entschieden werden. Über die Pläne aus den 1990er-Jahren ist schlichtweg vielfach die Zeit hinweggegangen. Heute lauten die Ziele „Verdopplung der Fahrgastzahlen“, „Umsetzung des Deutschlandtaktes“ und „Klimaziele auch im Verkehrssektor erreichen“. Dies erfordert einen leistungsfähigeren Hauptbahnhof und Bahnknoten. Die Verantwortung der Entscheidungsträger*innen endete nicht in dem Moment, in dem sie eine Mehrheit für das Bauvorhaben organisiert hatten. Zur Verantwortung gehört die fortlaufende kritische Überprüfung der Pläne – und die Anpassung an teilweise neue Anforderungen dort, wo Veränderungen noch möglich sind.
Dazu fallen mir mindestens vier Forderungen ein:
- Bau einer Ergänzungsstation am Stuttgarter Hauptbahnhof: Eine solche ist erforderlich, um die notwendigen Kapazitäten für die Weiterentwicklung des Bahnverkehrs zu schaffen. Davon würde direkt der Regional- und S‑Bahn-Verkehr, indirekt auch der Fernverkehr profitieren. Um städtebauliche mit verkehrlichen Interessen bestmöglich verknüpfen zu können, wird diese Station in Tieflage gebaut werden müssen. Wichtig ist, dass der Anschluss auch an die „Panoramabahn“ geschaffen wird. Damit kann dann auch ein Notfallkonzept für die S‑Bahn entwickelt werden.
- Vermeidung der Abkopplung der Gäubahn vom Hauptbahnhof: Der Logik der bisherigen Bauplanung folgend, müssen die Züge der Gäubahn über Jahre hinweg in S‑Vaihingen enden/beginnen. Für Reisende bedeutet dies häufig ein zusätzliches Umsteigen und manchmal auch den Verlust des Anschlusses am Hauptbahnhof. Das muss vermieden werden – und kann mit dem politischen Willen verhindert werden!
- In Sachen Flughafenanbindung der Gäubahn muss endlich Klarheit geschaffen werden! Aus unserer Sicht braucht es diese Anbindung überhaupt nicht, zumal ein Umstieg in Vaihingen auf die/von der S‑Bahn zukünftig Dank des neuen Regionalbahnsteigs problemlos möglich wird. Für den Planfeststellungsabschnitt 1.3b (Flughafenanschluss) ist kein Baurecht absehbar. Nun kam noch die Idee eines „Gäubahntunnels“ hinzu. Es braucht endlich Klarheit.
- Bislang sind Baukosten in Höhe von 4,5 Milliarden Euro klar finanziert. Doch die Baukosten sollen mindestens 8,2 Milliarden Euro betragen. Es braucht Klarheit: Wie viel dürfte das Projekt am Ende kosten und wer trägt die gestiegenen Kosten?