25.03.2020, zuletzt ergänzt am 29.03.2020
Eine Übersicht
Die Corona-Krise stellt eine enorme Herausforderung für unsere Demokratie, unseren Rechtsstaat, unsere Medien und unsere Gesellschaft dar. Eine (unvollständige) Bestandsaufnahme.
Der Rechtsstaat
Um die Ausbreitung von Corona-Viren bestmöglich zu unterbinden, müssen soziale Kontakte massiv verringert werden. Der Staat hatte es zunächst mit Appellen versucht. Diese haben keine ausreichende Beachtung gefunden (Stichwort: „Corona-Partys“). Der Staat, genauer gesagt die Länder, haben daraufhin konkrete Vorgaben erlassen. Diese waren aus meiner Sicht notwendig. Dabei muss aber klar sein, dass Grundrechteinschränkungen die Ultima Ratio darstellen, sehr gut begründet werden müssen und eng befristet sein müssen. Wie lange sie notwendig sind, muss immer wieder überprüft werden. Wichtig ist, sich bewusst zu sein, dass die Einschränkungen von Freiheiten nicht der Machtausweitung der Regierenden dient. Es geht alleine um den Gesundheitsschutz und die Maßnahmen werden – ggf. schrittweise – zurückgenommen, sobald diese zum Schutz der Gesundheit nicht mehr zwingend erforderlich sind.
Information, Desinformation und Populismus
Wir können froh sein, über starke öffentlich-rechtliche Medien zu verfügen. Diese haben mit ihrer sachlichen Berichterstattung und Information ihre Beitragsfinanzierung gut begründet. Es gibt jedoch immer wieder Versuche von interessierten Kreisen, Verunsicherung zu stiften, indem bspw. behauptet wird, das Virus sei bewusst gesteuert worden. Unerträglich sind viele Aussagen, Schuldzuweisungen und Behauptungen aus Reihen der AfD: So behauptete sie beispielsweise in einem Post vom 08.03.2020, die Bundesregierung zeige sich beim Schutz der Bürger „erschreckend untätig“ und handle nur zum eigenen Wohle. Die Mächtigen würden sich schützen, aber die Bürger der Gefahr aussetzen. Ein Bundestagsabgeordneter der AfD (Gottfried Curio) sprach in einem Post am 15.03.2020 davon „Corona-Migranten“ würden nach Deutschland strömen. Krisenzeiten sollten keine Zeiten sein, in denen parteipolitische Süppchen gekocht werden. Lügen und Hetze sollten zu jeder Zeit unterlassen werden.
Das Parlament
„Krisen sind der Zeitpunkt für die Exekutive“ heißt es so schön. Ist nicht falsch, aber nur ein Teil der Wahrheit. Es kommt auch auf arbeits- und handlungsfähige Parlamente an. Heute kam der Bundestag in einer ganz „speziellen“ Form zustande, da auch hier gilt: Abstand halten! Aus jeder Fraktion kam nur ein dafür vorbestimmter Teil der Abgeordneten. Diese saßen dann so, dass jeweils zwei Plätze dazwischen frei blieben. Der Proporz, also die Stärke der Fraktionen, wurde gewahrt. Es war immer wieder zu sehen, wie sich Kolleg*innen gewohnheitsmäßig die Hand geben wollten, diese aber wieder zurückzogen und schnell hinter dem Rücken oder in den Hosentaschen verschwinden ließen. Als der Bundestagspräsident bei der Sitzungseröffnung all denen dankte, die sich in der medizinischen Versorgung und dem Lebensmitteleinzelhandel abrackern, gab es stehenden Applaus. Der Bundesfinanzminister wies darauf hin, dass der Bund eine Nettokreditaufnahme in Höhe von 156 Milliarden Euro für Hilfsprogramme plant, was fast der Hälfte des Jahresetats entspreche. Hinzu kommen Garantien in Höhe von 600 Milliarden Euro. Unsere Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt betonte, dass wir die Maßnahmen unterstützen, jedoch gerne gesehen hätten, dass dem Personal im medizinischen Bereich ein Bonus gezahlt wird.
Ebenfalls am heutigen Tag fand statt der mittwochs üblichen Sitzung des Verkehrsausschusses eine Telefonkonferenz mit dem Bundesverkehrsminister statt. Dabei ging es um die Situation der Logistikbranche und der Sicherstellung von Logistikketten, um ausreichend gefüllte Warenregale in den Supermärkten gewährleisten zu können.
Der Föderalismus
Das Infektionsschutzgesetz ist zwar ein Bundesgesetz, die konkrete Umsetzung obliegt aber den Ländern. Diese haben bestimmte Vorgaben wie das Schließen von Schulen zu unterschiedlichen Zeitpunkten umgesetzt. Ist das ein Nachteil oder ein Problem? Aus meiner Sicht nein. Da sich das Virus in unterschiedlichen Regionen unterschiedlich ausbreitete, ermöglichte diese Struktur angemessene Reaktionen. Teilweise wäre aber ein besser abgestimmtes Verhalten besser gewesen als ein zuvor untereinander nicht kommuniziertes Vorpreschen einzelner Länder. Auf jeden Fall gestärkt werden muss die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene. Dies zeigt sich an den sehr unterschiedlichen Handhabungen an den nationalen Grenzen, wodurch sich Probleme mit dem Warenverkehr und damit den Lieferketten ergeben haben. Wunderbar finde ich, dass Rheinland-Pfalz, das Saarland und Baden-Württemberg Schwerkranke aus dem französischen Grenzgebiet in Kliniken aufgenommen haben und an Beatmungsgeräten um deren Leben kämpfen.
Auch an dieser Stelle: Mein herzlicher Dank an alle, die unter schwersten Bedingungen im Transport- und Logistiksektor, in den Kliniken und im Einzelhandel arbeiten! Denjenigen, die unter Symptomen aufgrund einer Infektion mit dem Coronavirus leiden wünsche ich eine rasche Genesung!
Übrigens: Wir unterstützen die Idee, dass denjenigen, die unter großem Stress und dem Risiko, sich selber anzustecken, Patientinnen und Patienten betreuen, eine Prämie erhalten. Wir hatten diese Idee bereits in die Gespräche mit den Regierungsfraktionen über die Hilfspakete eingebracht. Nun hoffen wir, dass sich noch eine Lösung finden lässt.