Dampf machen für Züge ohne Diesel!

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16.09.2018 (Pres­se­er­klä­rung zur Inno­Trans 2018)

Die Züge gewöhnen sich das Dieseln ab

Die Höl­len­tal­bahn (Schwarz­wald) wird gera­de elek­tri­fi­ziert.

Die Eisen­bahn­fach­mes­se Inno­Trans, die vom 18. bis 21. Sep­tem­ber in Ber­lin statt­fin­det, wirft ihre Schat­ten vor­aus. Drei Fahr­zeug­her­stel­ler war­ten mit einer neu­en Gene­ra­ti­on von Akku­trieb­zü­gen auf. Damit kann der Elek­tri­fi­zie­rung abseits der Haupt­stre­cken fahr­zeug­sei­tig jetzt rich­ti­ger Schub ver­lie­hen wer­den. Dazu erklärt Mat­thi­as Gastel, Spre­cher für Bahn­po­li­tik der Grü­nen-Bun­des­tags­frak­ti­on:

Den Abschied von der Dampf­lok läu­te­te die Bun­des­bahn in den 1960er-Jah­ren mit dem Spruch ‘Unse­re Loks gewöh­nen sich das Rau­chen ab’ ein. Nun­mehr zeich­net sich der nächs­te Trak­ti­ons­wech­sel ab: Mit neu­en Akku­trieb­wa­gen hat es sich auf deut­schen Glei­sen hof­fent­lich bald auch ‘aus­ge­die­selt’. Die von drei nam­haf­ten Her­stel­lern ange­kün­dig­ten bat­te­rie­elek­tri­schen Trieb­zü­ge sind die wich­tigs­te Fahr­zeug­inno­va­ti­on der jün­ge­ren Zeit. Damit kön­nen Die­sel­fahr­zeu­ge künf­tig Schritt für Schritt abge­löst wer­den und auch der Per­so­nen­ver­kehr in den Regio­nal­net­zen abseits der Magis­tra­len elek­trisch betrie­ben wer­den. Der Schie­nen­ver­kehr kann sei­nen Umwelt­vor­teil mit Akku­fahr­zeu­gen wei­ter aus­bau­en.

Mit gleich­zei­ti­gem Bezug des Bahn­stroms aus erneu­er­ba­ren Quel­len wird die Visi­on annä­hernd CO2-frei­er Mobi­li­tät im Per­so­nen­ver­kehr auf der Schie­ne zuerst Rea­li­tät wer­den. Zudem kön­nen Akku­trieb­wa­gen mit Nach­la­dung über die Ober­lei­tung eine bereits bestehen­de Infra­struk­tur mit­nut­zen und müs­sen nur zur Fort­be­we­gung auf Stre­cken ohne Fahr­draht den Akku als Ener­gie­spei­cher bemü­hen. Gera­de hier­für bestehen zahl­rei­che Anwen­dungs­fäl­le in Deutsch­land, wie Stu­di­en immer wie­der auf­ge­zeigt haben.

Für die För­der­po­li­tik des Bun­des bedeu­tet dies zwei­er­lei:

Zum einen muss die Markt­ein­füh­rung alter­na­ti­ver Antriebs- und Lade­tech­nik ergeb­nis­of­fen unter­stützt wer­den. Mit den jetzt vor­ge­stell­ten Akku­trieb­zü­gen tut sich eine wei­te­re alter­na­ti­ve Antriebs­form auf, wohin­ge­gen die Bun­des­re­gie­rung in die­sem Feld bis­lang vor­nehm­lich in Rich­tung Was­ser­stoff-Brenn­stoff­zel­le schau­te. Die beson­de­re Her­vor­he­bung des Brenn­stoff­zel­len-Hybrid-Trieb­wa­gens im Koali­ti­ons­ver­trag von Uni­on und SPD ist eben­so wenig ziel­füh­rend wie der von der Bun­des­re­gie­rung befeu­er­te Hype um eine Son­der­fahrt eines ent­spre­chen­den Brenn­stoff­zel­len­trieb­zugs an die­sem Sonn­tag. Die Mög­lich­kei­ten zur Abkehr von fos­si­len Kraft­stof­fen im Bahn­ver­kehr sind weit­aus grö­ßer als bis­lang von der Bun­des­re­gie­rung erkannt.

Zum ande­ren ersetzt die Ein­füh­rung bat­te­rie­elek­tri­scher und ande­rer inno­va­ti­ver Fahr­zeu­ge auch nicht die klas­si­sche Stre­cken­elek­tri­fi­zie­rung mit Ober­lei­tung. Allein die Anfor­de­run­gen des Güter­ver­kehrs oder eine höhe­re Stre­cken­aus­las­tung kön­nen unver­än­dert Inves­ti­tio­nen in eine Infra­struk­tur aus Stahl­mas­ten und Ober­lei­tun­gen recht­fer­ti­gen. Ob die Elek­tri­fi­zie­rung fahr­zeug­sei­tig oder ‘klas­sisch’ mit Ober­lei­tun­gen Sinn macht, hängt vom Ein­zel­fall ab. Dass die Bun­des­re­gie­rung für das mit viel Wort­ge­klin­gel ange­kün­dig­te Elek­tri­fi­zie­rungs­pro­gramm nur fünf Mil­lio­nen Euro im Ent­wurf des Bun­des­haus­halts 2019 ein­ge­stellt hat, ist ange­sichts des Bedarfs schlicht­weg ein Witz. Wir müs­sen den Zügen das Die­seln abge­wöh­nen. Dafür muss die Poli­tik jetzt Dampf machen.