Nach wie vor schwierige Zeiten für Schienen-Güterverkehr
So wird das weiter nichts mit „Mehr Güter auf die Schiene: Die notwendigen Trassenkapazitäten kommen nicht zustande, weil die Deutsche Bahn (DB) die verfügbaren Mittel nicht vollständig abruft. Zugleich sinkt die Anzahl der Gleisanschlüsse von Industriebetrieben weiter.
Verkehrsminister Scheuer brüstet sich mit “Mittelhochlauf” für die Schiene. Die Fakten: Gestiegen sind die Mittel für den Erhalt der Infrastruktur. Die Mittel für Aus- und Neubau stagnieren auf viel zu geringem Niveau. In die Straßen des Bundes fließt doppelt so viel Geld. Obwohl die Investitionen in das Bahnnetz auf niedrigem Niveau von nur 1,5 Milliarden Euro jährlich verharren, hat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer bzw. die Deutsche Bahn die Mittel für den Ausbau des Schienennetzes auch im Jahr 2020 nicht verbauen können. 116 Millionen Euro konnten so nicht für bessere Verbindungen und mehr Kapazität eingesetzt werden. In den meisten Vorjahren war das bereits ähnlich. Die Ausgabereste belaufen sich auf inzwischen insgesamt 839 Millionen Euro. Bei zentralen Projekten für den Kapazitätszuwachs im Netz konnten im Planungsprozess zudem wichtige Meilensteine nicht termingerecht erreicht werden. Hier muss schnell nachgesteuert werden, damit die Planungen Fahrt aufnehmen und es zu keinen weiteren Verzögerungen kommt.
Leidtragende des gebremsten Bahnausbaus sind einmal mehr Fahrgäste und Güterkunden, die vergebens auf bessere Verbindungen, mehr Kapazität und Verlässlichkeit des Betriebs warten. Wenn die Planungskapazitäten für den Bahnausbau und die Mittel für den Aus- und Neubau nicht zügig aufgestockt werden, droht der Bahnausbau zu einer unendlichen Geschichte zu werden. Denn allein das Projektportfolio der in Planung befindlichen Vorhaben beläuft sich auf mehr als 60 Milliarden Euro. Bei dem jetzigen Mitteleinsatz würde es mehr als 40 Jahre dauern, bis alle Vorhaben in Betrieb gehen könnten. Schon jetzt ist absehbar, dass wir die Mittel für den Netzausbau bis Mitte der 20er-Jahre von derzeit kümmerlichen 1,5 Milliarden auf mindestens 3 Milliarden Euro jährlich anheben müssen. Bis Ende der 20er-Jahre muss der Bund über einen Fonds eine ordentliche Schippe drauflegen.
Anzahl der Gleisanschlüsse sinkt weiter
Gleisanschlüsse sind wichtige Zugangsstellen zum Schienengüterverkehr und damit ein wichtiger Baustein, wenn es darum geht, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern. Seit der Bahnreform 1994 hat die Deutsche Bahn rund 80 Prozent der Gleisanschlüsse aufgegeben. Auch in der letzten Dekade konnte die Trendumkehr nicht erreicht werden, so dass die Zahl der aktiven Gleisanschlüsse weiter leicht rückläufig war und sich die Tendenz nach unten zuletzt sogar noch verstärkt hat. Die Anzahl der aktiven Gleisanschlüsse hat sich von 2374 (im Jahr 2012) auf 2307 im Jahr 2020 verringert. Die Bilanz bei der Förderung neuer oder reaktivierter Gleisanschlüsse fällt enttäuschend aus: Ganze 31 neue und gerade einmal 28 reaktivierte Gleisanschlüsse verzeichnet der Bund in den zurückliegenden 11 Jahren. Diese lächerlich niedrigen Zahlen passen zu der auch sonst mageren verkehrspolitischen Bilanz von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. Wie seine Amtsvorgänger war die Forderung nach ‚mehr Verkehr auf die Schiene‘ nicht mehr als eine hohle Politphrase für Sonntagsreden. Wenn ein Unternehmen heute Fördermittel zum Bau eines Gleisanschlusses beantragen will, muss es einen wahren Papierkrieg antreten. Die Förderung muss endlich radikal vereinfacht werden und außerdem muss in Gewerbegebieten mit transportintensiven Unternehmen ein Gleisanschluss so selbstverständlich werden wie die Straßenanbindung. Gleisanschlüsse müssen als Teil der öffentlichen Infrastruktur angesehen werden und stärker als bisher gefördert werden.