Die Ausbaustrecke Kehl – Appenweier

Hinweis: Dieser Beitrag ist schon älter und wurde möglicherweise noch nicht in das neue Format umgewandelt.

01.07.2019

Oder: der Fortschritt beim Bahnausbau ist eine Schnecke

Die Situa­ti­on in Appen­wei­er inklu­si­ve des mög­li­chen Tras­sen­ver­laufs einer aus­ge­bau­ten Appen­wei­er Kur­ve habe ich mir vor Ort ange­schaut. Dar­aus und aus den Gesprä­chen vor Ort ist eine par­la­men­ta­ri­sche Anfra­ge an die Bun­des­re­gie­rung ent­stan­den.Die Eisen­bahn­stre­cke KehlAppen­wei­er ist das Bin­de­glied zwi­schen der Hoch­ge­schwin­dig­keits­stre­cke Paris – Straß­burg (LGV Est euro­pé­en­ne) und der Ausbaustrecke/Neubaustrecke Karls­ru­he – Basel. Die Stre­cke zählt damit auch zum Trans­eu­ro­päi­schen Ver­kehrs­netz im Rhein-Donau-Kor­ri­dor. Bereits 1992 unter­zeich­ne­ten Frank­reich und Deutsch­land den „Ver­trag von La Rochel­le“ der zur Ver­bes­se­rung des Schie­nen­ver­kehrs zwi­schen bei­den Staa­ten den Neu- und Aus­bau einer Hoch­ge­schwin­dig­keits­ver­bin­dung Paris – Ost­frank­reich – Süd­west­deutsch­land (POS Süd) vor­sah. Mehr als Vier­tel­jahr­hun­dert sind seit­dem ver­gan­gen. Heu­te dau­ert eine Bahn­fahrt von Straß­burg nach Paris nur noch eine Stun­de und 45 Minu­ten, was einer Hal­bie­rung der Fahr­zeit ent­spricht. Die deut­lich kür­ze­ren Fahr­zei­ten von Deutsch­land nach Frank­reich gehen weit über­wie­gend auf Inves­ti­tio­nen Frank­reichs in den Bau neu­er Schnell­fahr­stre­cken zurück. Wäh­rend Frank­reich also sei­nen Ver­pflich­tun­gen nach­kam und die ins­ge­samt 406 Kilo­me­ter lan­ge Hoch­ge­schwin­dig­keits­stre­cke Paris – Straß­burg in zwei Abschnit­ten 2007 und 2016 in Betrieb nahm, hinkt der eigent­lich unspek­ta­ku­lä­re Aus­bau auf deut­scher Sei­te hin­ter­her.

Bis auf die 2010 eröff­ne­te neue Rhein­brü­cke bei Kehl pas­sier­te bis heu­te fak­tisch nichts bei der Aus­bau­stre­cke Kehl – Appen­wei­er.

Der Bund hat die ABS KehlAppen­wei­er im Novem­ber 2018 vom Poten­ti­el­len in den Vor­dring­li­chen Bedarf des Schie­nen­we­ge­aus­bau­ge­set­zes (Bun­des­ver­kehrs­we­ge­plan) her­auf­ge­stuft. Die Ver­bin­dungs­kur­ve nach Nor­den (Rela­ti­on Straß­burg – Karls­ru­heFrank­furt am Main) wird neu errich­tet und soll künf­tig mit einer Höchst­ge­schwin­dig­keit von 180 km/h befahr­bar sein. Die Fahr­zeit­ver­kür­zung für den Fern­ver­kehr wür­de maxi­mal zwei Minu­ten betra­gen. Trotz Ein­fä­de­lung in die Schnell­fahr­stre­cke Karls­ru­he – Basel ist auch der Neu­bau wei­ter­hin nur niveau­gleich und ein­glei­sig vor­ge­se­hen. Damit sind betrieb­li­che Kon­flik­te vor­her­seh­bar.

Die zwi­schen­zeit­li­che Inak­ti­vi­tät bei Pla­nung und Bau führt nun dazu, dass erst 2028 für den letz­ten Plan­fest­stel­lungs­ab­schnitt das Bau­recht erwar­tet wird. Die Bau­ar­bei­ten an der Aus­bau­stre­cke wer­den dann wohl frü­hes­tens Anfang der 2030er-Jah­re abge­schlos­sen wer­den. Damit steht der schlep­pen­de Ver­lauf des Bahn­pro­jekts sinn­bild­lich für die Bahn­po­li­tik unter drei CSU-Ver­kehrs­mi­nis­tern: Wir haben in Deutsch­land min­des­tens zehn Jah­re beim Neu- und Aus­bau des Schie­nen­net­zes ver­schla­fen – Prio­ri­tät hat­te vor allem der Bau neu­er Fern­stra­ßen.

Kri­tisch ist wei­ter­hin die nur ein­glei­si­ge und höhen­glei­che Ein­fä­de­lung der Kur­ve Appen­wei­er in die Ober­rhein­stre­cke zu sehen. Bei Fahr­ten in der Rela­ti­on Straß­burg – Karls­ru­he wird durch die­se Lösung immer die Fahr­stra­ße in der Rich­tung Karls­ru­he – Basel gekreuzt, so dass hier kei­ne Zug­fahr­ten statt­fin­den kön­nen. Dadurch wird die Kapa­zi­tät der aus­ge­bau­ten Rhein­tal­bahn unnö­tig ver­min­dert. Die Aus­fä­de­lung einer Haupt­bahn aus einer Haupt­bahn soll­te eigent­lich höhen­frei in Form eines so genann­ten Über­wurfs erfol­gen. Der Aus­bau der Stre­cke KehlAppen­wei­er bie­tet grund­sätz­lich die Chan­ce, das Nadel­öhr der ein­glei­si­gen und höhen­glei­chen Ver­bin­dungs­kur­ve zeit­ge­mäß umzu­bau­en. Jedoch ist im Umfeld der geplan­ten neu­en Appen­wei­er Kur­ve zwi­schen­zeit­lich neue Bebau­ung ent­stan­den, die eine Auf­wei­tung der Kur­ven­ra­di­en für höhe­re Geschwin­dig­kei­ten genau­so erschwert wie eine kom­for­ta­ble höhen­freie Ein­bin­dung in die Ober­rhein­stre­cke.