Ideen zur Minimierung des Infektionsrisikos
Als Intensivnutzer des DB-Fernverkehrs habe ich mir einige Gedanken gemacht, wie das Infektionsrisiko in den Zügen weiter minimiert und den Fahrgästen so viel Sicherheit gegeben werden kann, dass sie die Bahn mehr denn je ohne Sorge um eine Infektion nutzen können.
Mich erreichen zunehmend Schreiben von Fahrgästen, die von überfüllten Zügen berichten. „Überfüllt“ kann in Zeiten der Coronapandemie zweierlei bedeuten: Die Züge sind so voll, dass nicht alle Reisenden einen Sitzplatz finden. Das ist zwingend zu vermeiden. „Überfüllt“ kann aber auch bedeuten, dass zwar Plätze frei sind, jedoch kein ausreichender Abstand zu anderen Reisenden gewährleistet werden kann. Das sollte zumindest auf längeren Streckenabschnitten bestmöglich vermieden werden.
Da in den Ferienwochen um Pfingsten und dann auch im Sommer mit steigenden Fahrgastzahlen zu rechnen ist, muss sich die DB dieser Thematik stellen. Dazu meine Gedanken:
Dass die Züge häufiger gereinigt und klassische Kontaktflächen regelmäßig – auch während der Fahrt – desinfiziert werden, wird von der DB nach deren eigenen Aussagen bereits praktiziert. Das Hauptrisiko liegt aber “in der Luft”. Die Lüftung stellt, so die DB, kein Risiko dar. Dies sollte vom Bahnunternehmen klar nachgewiesen werden.
Ein Problem ist, dass das Buchungssystem keine Abstände ermöglicht. Dass fremde Personen durch das Buchungssystem unmittelbar nebeneinander platziert werden muss so schnell wie möglich durch eine Änderung der Software vermieden werden. Eine generelle Reservierungspflicht lehnen wir ab, da sie die Flexibilität der Reisenden massiv einschränkt und der freie Zugang zu den Zügen ein Qualitätsmerkmal darstellt. Eine Reservierungspflicht, die auf die Hauptreisesaison und erfahrungsgemäß stark nachgefragte Tage und Zeiten während der Pandemie beschränkt ist, kann aber Sinn machen – wenn das Reservierungssystem Plätze mit Abstand zueinander vergibt. Es braucht in jedem Fall ein intelligentes Reservierungssystem. Sollte sich ein solches nicht kurzfristig umsetzen lassen, so sollen Reservierungen – mit Ausnahmen von Familien – ausschließlich auf Fensterplätzen vorgenommen werden.
Die Maskenpflicht ist, da sich Abstände nicht immer einhalten lassen, sicher eine richtige Maßnahme. Vermieden werden muss aber, dass die Züge zu stark gefüllt werden.
Eine gewisse Entspannung kann manchmal dadurch erreicht werden, dass bei stark gefüllten Wagen der 2. Klasse und vielen freien Plätzen in der 1. Klasse für einige Fahrgäste die 1. Klasse freigegeben wird. Noch wichtiger ist, dass kurzfristig sensibler als sonst auf anzunehmende Überfüllungen reagiert und mehr Züge eingesetzt werden. Inwiefern das möglich ist, hängt aber von der Verfügbarkeit der Fahrzeuge[1] und des Personals ab. Außerdem sollte mit Sparpreisen zurückhaltend umgangen werden, um nicht zusätzliche Fahrgäste in bereits absehbar gut gefüllte Züge zu locken. Die Deutsche Bahn sollte den Verkauf von Sparpreisen auf schwach ausgelastete Züge (<25 Prozent) beschränken.
Zu prüfen ist, ob einzelne Wagen ausschließlich Reisenden aus den „Risikogruppen“ zur Verfügung gestellt werden. In diesen Wagen besteht dann Reservierungspflicht und es wird lediglich ein Viertel der Sitzplätze vergeben. So können sich die Reisenden mit ausreichend Abstand zueinander Sitzplätze wählen.
Für Auslastungen, die unterhalb des Vorkrisenniveaus liegen, muss der Bund den Eisenbahnverkehrsunternehmen (also nicht ausschließlich der DB) einen Ausgleich zahlen.
Sinnvoll wäre, wenn in allen WC, auch denen mit Warmlufttrocknern, Einweg-Papierhandtücher zur Verfügung gestellt werden würden. Damit können nach dem Trocknen der Hände auch Türgriffe kontaktfrei betätigt werden. Mülleimer in den Toiletten und den Eingangsbereichen sollten kontaktarm, beispielsweise per Fußpedal, bedienbar sein. Die Mülleimer an den Sitzplätzen sollten abgeschafft und durch Mülltüten, die beim Personal erhältlich sind und von den Reisenden gleich nach dem Ausstieg auf dem Bahnsteig zu entsorgen sind, ersetzt werden. So wird verhindert, dass infektiöses Material am Sitzplatz verbleibt.
Im Rahmen eines „Konjunkturprogramm Personenbahnhöfe“ sollten möglichst berührungsfreie Zugänge zu den Bahnhöfen geschaffen und Desinfektionssäulen installiert werden.
Dieses Papier ist als Diskussionsgrundlage zu verstehen. Wir brauchen weitere Maßnahmen zur Verbesserung der tatsächlichen und der gefühlten Hygiene in den Zügen, um das Infektionsrisiko noch besser zu minimieren und wieder mehr Fahrgäste für die Bahn zu gewinnen.
[1] Die Verfügbarkeit hängt unter anderem davon ab, wie lange die Züge in den Werkstätten stehen. Die Verweildauer ist von Jahr zu Jahr gestiegen.