Die Bahn, eine saubere Sache

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02.06.2020

Ideen zur Minimierung des Infektionsrisikos

Als Inten­siv­nut­zer des DB-Fern­ver­kehrs habe ich mir eini­ge Gedan­ken gemacht, wie das Infek­ti­ons­ri­si­ko in den Zügen wei­ter mini­miert und den Fahr­gäs­ten so viel Sicher­heit gege­ben wer­den kann, dass sie die Bahn mehr denn je ohne Sor­ge um eine Infek­ti­on nut­zen kön­nen.

Mich errei­chen zuneh­mend Schrei­ben von Fahr­gäs­ten, die von über­füll­ten Zügen berich­ten. „Über­füllt“ kann in Zei­ten der Coro­na­pan­de­mie zwei­er­lei bedeu­ten: Die Züge sind so voll, dass nicht alle Rei­sen­den einen Sitz­platz fin­den. Das ist zwin­gend zu ver­mei­den. „Über­füllt“ kann aber auch bedeu­ten, dass zwar Plät­ze frei sind, jedoch kein aus­rei­chen­der Abstand zu ande­ren Rei­sen­den gewähr­leis­tet wer­den kann. Das soll­te zumin­dest auf län­ge­ren Stre­cken­ab­schnit­ten best­mög­lich ver­mie­den wer­den.

Da in den Feri­en­wo­chen um Pfings­ten und dann auch im Som­mer mit stei­gen­den Fahr­gast­zah­len zu rech­nen ist, muss sich die DB die­ser The­ma­tik stel­len. Dazu mei­ne Gedan­ken:

Dass die Züge häu­fi­ger gerei­nigt und klas­si­sche Kon­takt­flä­chen regel­mä­ßig – auch wäh­rend der Fahrt – des­in­fi­ziert wer­den, wird von der DB nach deren eige­nen Aus­sa­gen bereits prak­ti­ziert. Das Haupt­ri­si­ko liegt aber “in der Luft”. Die Lüf­tung stellt, so die DB, kein Risi­ko dar. Dies soll­te vom Bahn­un­ter­neh­men klar nach­ge­wie­sen wer­den.

Ein Pro­blem ist, dass das Buchungs­sys­tem kei­ne Abstän­de ermög­licht. Dass frem­de Per­so­nen durch das Buchungs­sys­tem unmit­tel­bar neben­ein­an­der plat­ziert wer­den muss so schnell wie mög­lich durch eine Ände­rung der Soft­ware ver­mie­den wer­den. Eine gene­rel­le Reser­vie­rungs­pflicht leh­nen wir ab, da sie die Fle­xi­bi­li­tät der Rei­sen­den mas­siv ein­schränkt und der freie Zugang zu den Zügen ein Qua­li­täts­merk­mal dar­stellt. Eine Reser­vie­rungs­pflicht, die auf die Haupt­rei­se­sai­son und erfah­rungs­ge­mäß stark nach­ge­frag­te Tage und Zei­ten wäh­rend der Pan­de­mie beschränkt ist, kann aber Sinn machen – wenn das Reser­vie­rungs­sys­tem Plät­ze mit Abstand zuein­an­der ver­gibt. Es braucht in jedem Fall ein intel­li­gen­tes Reser­vie­rungs­sys­tem. Soll­te sich ein sol­ches nicht kurz­fris­tig umset­zen las­sen, so sol­len Reser­vie­run­gen – mit Aus­nah­men von Fami­li­en – aus­schließ­lich auf Fens­ter­plät­zen vor­ge­nom­men wer­den.

Die Mas­ken­pflicht ist, da sich Abstän­de nicht immer ein­hal­ten las­sen, sicher eine rich­ti­ge Maß­nah­me. Ver­mie­den wer­den muss aber, dass die Züge zu stark gefüllt wer­den.

Eine gewis­se Ent­span­nung kann manch­mal dadurch erreicht wer­den, dass bei stark gefüll­ten Wagen der 2. Klas­se und vie­len frei­en Plät­zen in der 1. Klas­se für eini­ge Fahr­gäs­te die 1. Klas­se frei­ge­ge­ben wird. Noch wich­ti­ger ist, dass kurz­fris­tig sen­si­bler als sonst auf anzu­neh­men­de Über­fül­lun­gen reagiert und mehr Züge ein­ge­setzt wer­den. Inwie­fern das mög­lich ist, hängt aber von der Ver­füg­bar­keit der Fahr­zeu­ge[1] und des Per­so­nals ab. Außer­dem soll­te mit Spar­prei­sen zurück­hal­tend umgan­gen wer­den, um nicht zusätz­li­che Fahr­gäs­te in bereits abseh­bar gut gefüll­te Züge zu locken. Die Deut­sche Bahn soll­te den Ver­kauf von Spar­prei­sen auf schwach aus­ge­las­te­te Züge (<25 Pro­zent) beschrän­ken.

Zu prü­fen ist, ob ein­zel­ne Wagen aus­schließ­lich Rei­sen­den aus den „Risi­ko­grup­pen“ zur Ver­fü­gung gestellt wer­den. In die­sen Wagen besteht dann Reser­vie­rungs­pflicht und es wird ledig­lich ein Vier­tel der Sitz­plät­ze ver­ge­ben. So kön­nen sich die Rei­sen­den mit aus­rei­chend Abstand zuein­an­der Sitz­plät­ze wäh­len.

Für Aus­las­tun­gen, die unter­halb des Vor­kri­sen­ni­veaus lie­gen, muss der Bund den Eisen­bahn­ver­kehrs­un­ter­neh­men (also nicht aus­schließ­lich der DB) einen Aus­gleich zah­len.

Sinn­voll wäre, wenn in allen WC, auch denen mit Warm­luft­trock­nern, Ein­weg-Papier­hand­tü­cher zur Ver­fü­gung gestellt wer­den wür­den. Damit kön­nen nach dem Trock­nen der Hän­de auch Tür­grif­fe kon­takt­frei betä­tigt wer­den. Müll­ei­mer in den Toi­let­ten und den Ein­gangs­be­rei­chen soll­ten kon­takt­arm, bei­spiels­wei­se per Fuß­pe­dal, bedien­bar sein. Die Müll­ei­mer an den Sitz­plät­zen soll­ten abge­schafft und durch Müll­tü­ten, die beim Per­so­nal erhält­lich sind und von den Rei­sen­den gleich nach dem Aus­stieg auf dem Bahn­steig zu ent­sor­gen sind, ersetzt wer­den. So wird ver­hin­dert, dass infek­tiö­ses Mate­ri­al am Sitz­platz ver­bleibt.

Im Rah­men eines „Kon­junk­tur­pro­gramm Per­so­nen­bahn­hö­fe“ soll­ten mög­lichst berüh­rungs­freie Zugän­ge zu den Bahn­hö­fen geschaf­fen und Des­in­fek­ti­ons­säu­len instal­liert wer­den.

Die­ses Papier ist als Dis­kus­si­ons­grund­la­ge zu ver­ste­hen. Wir brau­chen wei­te­re Maß­nah­men zur Ver­bes­se­rung der tat­säch­li­chen und der gefühl­ten Hygie­ne in den Zügen, um das Infek­ti­ons­ri­si­ko noch bes­ser zu mini­mie­ren und wie­der mehr Fahr­gäs­te für die Bahn zu gewin­nen.

[1] Die Ver­füg­bar­keit hängt unter ande­rem davon ab, wie lan­ge die Züge in den Werk­stät­ten ste­hen. Die Ver­weil­dau­er ist von Jahr zu Jahr gestie­gen.