Die IAA 2015 – Was war und was bleibt

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E-Auto 930.09.2015

219 Neu­hei­ten, aber nichts wirk­lich Neu­es und vor allem kei­ne gro­ßen Fort­schrit­te. So lie­ßen es Auto­mo­bil­fach­leu­te im Vor­feld der IAA über das Mes­se­spek­ta­kel ver­laut­ba­ren. Und, in der Tat: Es wur­den vor allem noch mehr SUVs vor­ge­führt und über das auto­no­me Fah­ren spe­ku­liert. Bezahl­ba­re, spar­sa­me Autos mit inno­va­ti­ver Tech­nik waren eben­so Man­gel­wa­re wie zukunfts­fä­hi­ge Mobi­li­täts­kon­zep­te.

 

 

Foto: Nicht viel Neu­es gab es in Sachen E‑Mobilität zu sehen. Der E‑Smart wird aktu­ell über­haupt nicht mehr pro­du­ziert.

 

Das autonome Fahren in der Diskussion

Ein The­ma, das im Vor­feld wie auch wäh­rend der IAA einen brei­ten Raum ein­nahm, war das „auto­no­me Fah­ren“. Ob es ein Hype ist, wie Por­sche-Chef Mül­ler beton­te (und in sei­ner neu­en Rol­le als VW-Boss sicher­lich nicht wie­der­ho­len wird)? Aus­zu­ge­hen ist davon nicht. Dar­in schei­nen sich Pres­se und Fach­leu­te weit­ge­hend einig zu sein. Soft­ware-Unter­neh­men wie Goog­le kön­nen mit ver­tret­ba­rem Auf­wand Mobi­li­täts­diens­te anbie­ten, da sie über die Kar­ten ver­fü­gen und die Wege und Wün­sche ihrer Kun­den ken­nen. Eine immer wie­der gestell­te Fra­ge: Wer­den (deut­sche) Auto­bau­er zu aus­tausch­ba­ren Hard­ware-Lie­fe­ran­ten? Oder zuge­spitzt for­mu­liert: Wird vor­ne auf dem Auto der Zukunft der Stern oder der Apfel pran­gen? Mit Sicher­heit wird sich das klas­si­sche Ver­hält­nis zwi­schen Zulie­fe­rer hier und Her­stel­ler dort immer mehr auf­lö­sen. Denn Soft­ware­fir­men tre­ten selbst­be­wusst als min­des­tens gleich­be­rech­ti­ge Part­ner auf. Dafür gibt es meh­re­re gute Grün­de. Einer davon: Autos zu bau­en ist ein­fa­cher als es uns die Auto­mo­bil­kon­zer­ne bis­her immer glau­ben las­sen woll­ten. Die Markt­zu­tritts­bar­rie­ren sind nicht so hoch. Sie­he neue Her­stel­ler wie Tes­la. Die Han­dy-Bran­che hat gar gezeigt, dass Soft­ware die Hard­ware über­trump­fen kann. Da kann man VDA-Prä­si­dent Wiss­mann nicht wider­spre­chen, wenn er sagt: „Die Schnel­len besie­gen die Lang­sa­men, nicht die Gro­ßen die Klei­nen.“ Und die finan­zi­el­len Mit­tel von Goog­le und Apple sind enorm, muss auch BMW ein­räu­men.

Wie ver­än­dert sich die Mobi­li­tät durch das auto­no­me Fah­ren?

Die Anzahl und Hef­tig­keit von Ver­kehrs­un­fäl­len wird sich ver­rin­gern, da mensch­li­ches Ver­sa­gen die Haupt­un­fall­ur­sa­che dar­stellt und Tech­nik weni­ger feh­ler­an­fäl­lig ist. Außer­dem erhöht sich die Auf­nah­me­fä­hig­keit der Stra­ßen dank des gleich­mä­ßi­ge­ren Ver­kehrs­flus­ses. Mit dem eines Tages selbst­fah­ren­den Auto ent­steht neben dem Zuhau­se und dem Büro ein drit­ter Raum zum Arbei­ten, Kom­mu­ni­zie­ren und Ent­span­nen. „Wir ste­hen vor der Neu­erfin­dung des Auto­mo­bils“, sagt Daim­ler-Chef Zet­sche. Wenn all das Geschil­der­te eines Tages Rea­li­tät wird, ist das mit der „Neu­erfin­dung des Autos“ sicher nicht über­trie­ben. Die span­nen­de Fra­ge ist dann, WO die Auto­mo­bil­ge­schich­te neu geschrie­ben wird – in Deutsch­land oder in den USA.

Die­ser Bei­trag ent­stand durch eine Zusam­men­stel­lung ver­schie­de­ner Inter­views und Exper­ten­ein­schät­zun­gen.

 

Besuch auf der IAA

Ich war gleich zu Beginn der Auto­mo­bil­aus­stel­lung zusam­men mit Cem Özd­emir dort. Wir hat­ten ein gut geplan­tes und streng getak­te­tes Pro­gramm, das bei der Dekra begann. Wir spra­chen dort über das The­ma „Ver­kehrs­si­cher­heit“. Die Dekra for­dert, dass auto­ma­ti­sche Not­brems­sys­te­me, die Men­schen im Gefah­ren­be­reich des Autos sel­ber erken­nen kön­nen und Brems- oder Aus­weich­re­ak­tio­nen aus­lö­sen, Stan­dard wer­den. Die Idee, ein Sen­de­for­mat wie das des frü­he­ren „Der 7. Sinn“ wie­der ein­zu­füh­ren, ist uns Grü­nen nicht fremd. Gemein­sam ist uns auch das Ziel von „Visi­on Zero“, der Visi­on einer Mobi­li­tät ohne Ver­kehrs­to­te. Bei Toyo­ta lie­ßen wir uns den neu­es­ten Pri­us zei­gen und bei Con­ti­nen­tal wur­den uns Rei­fen vor­ge­führt, die beson­ders rei­bungs­arm und damit ener­gie­spa­rend unter­wegs sind sowie sol­che, die aus dem Extrakt von Löwen­zahn­wur­zeln her­ge­stellt wer­den. Bei Por­sche wur­de uns der Pro­to­typ eines Luxus-E-Fahr­zeugs prä­sen­tiert. Daim­ler ließ inner­halb eines abge­sperr­ten Berei­ches ein auto­nom fah­ren­des Auto auf- und abfah­ren. Wir spra­chen die Tat­sa­che an, dass der Kon­zern der­zeit kei­nen E‑Smart anbie­tet und der neue Smart mit Ver­bren­nungs­mo­tor lei­der kei­ner­lei öko­lo­gi­schen Ver­bes­se­run­gen gegen­über sei­nes Vor­gän­gers auf­weist. Die Ent­wick­lung der Bat­te­rie­tech­nik, den Auf­bau einer gro­ßen Fabrik für Bat­te­rien, die auch für die Spei­che­rung elek­tri­scher Ener­gie in Pri­vat­haus­hal­ten zum Ein­satz kom­men soll, um damit die Ener­gie­wen­de zu unter­stüt­zen, dis­ku­tier­ten wir bei Tes­la. Der Besuch ende­te mit Pro­be­sit­zen in einem der Autos aus Cali­for­ni­en.

 

Der VW-Skandal und der Skandal um das ganz legale Tricksen

„Autos dür­fen nicht mehr stin­ken …“, so lau­te­te einst einer von vie­len Visio­nen im Song „König von Deutsch­land“, gesun­gen von Rio Rei­ser. Wie weit wir davon ent­fernt sind offen­bar­te der VW-Skan­dal. Der VW-Kon­zern hat in einem gro­ßen Teil sei­ner Autos eine Soft­ware ein­ge­setzt, mit deren Hil­fe der Ver­brauch und Schad­stoff­aus­stoß in Test­si­tua­tio­nen redu­ziert wur­de. Außer­halb des Prüf­stan­des wer­den die Grenz­wer­te hin­ge­gen um ein Viel­fa­ches über­schrit­ten. Die­se Abschalt­ein­rich­tung ist ver­bo­ten. In den USA dro­hen saf­ti­ge Geld­bu­ßen und der Auto­bau­er muss die Fahr­zeu­ge umrüs­ten. In Deutsch­land hat das Kraft­fahr­bun­des­amt dem Kon­zern eine Frist bis zum 07. Okto­ber gesetzt. Bis dahin muss VW mit einem Maß­nah­men- und Zeit­plan vor­le­gen, wie er die Die­sel­mo­to­ren auf Ein­hal­tung der Grenz­wer­te trim­men möch­te. Angeb­lich sind in Deutsch­land 2,8 Mil­lio­nen Fahr­zeu­ge betrof­fen. Das, was VW gemacht hat, ist ein­deu­tig ver­bo­ten und es ist schwer vor­stell­bar, dass die Kon­zern­spit­ze nichts davon gewusst hat. Und auch die Bun­des­re­gie­rung muss zumin­dest seit eini­gen Mona­ten davon gewusst haben. Sie gibt sich aber ahnungs­los.

Neben dem VW-Skan­dal gibt es einen zwei­ten Skan­dal: Beim Sprit­ver­brauch und damit auch bei den CO2-Emis­sio­nen dür­fen Test­ver­fah­ren ein­ge­setzt wer­den, die Ergeb­nis­se jen­seits der Rea­li­tät erbrin­gen. So wer­den die Rei­fen bis fast zum Bers­ten auf­ge­pumpt, Außen­spie­gel abge­schraubt und Fugen zuge­klebt. Das ist alles legal. Dem Kun­den wer­den gerin­ge Ver­brauchs­wer­te und damit ent­spre­chend güns­ti­ge Betriebs­kos­ten vor­ge­gau­kelt.

Wir Grü­nen for­dern rea­li­täts­na­he Prüf­ver­fah­ren für Ver­brauch und Schad­stoff­aus­stö­ße sowie eine Offen­si­ve für die Elek­tro­mo­bi­li­tät.