Man kennt grüne Wellen für den Autoverkehr: Wer sich mit dem Wagen an die zulässige Geschwindigkeit hält, wird nicht durch rote Ampeln ausgebremst. Man kennt grüne Wellen auch aus dem Busverkehr: Nähert sich ein Linienbus einer Ampel, schaltet diese auf Grün. Für den Radverkehr kennt man vergleichbares – zumindest bei uns in Deutschland – noch nicht. Das könnte sich bald ändern.
Die Firma Siemens hat eine App entwickelt, die für den Radverehr die perfekte grüne Welle organisieren soll. Wer ein Smartphone mitführt, auf dem die App installiert ist, löst etwa 60 Meter vor der nächsten Ampel ein Signal aus und bekommt freie Fahrt. In zwei Mittelgroßen Städten, darunter Bamberg, soll die App ab Spätsommer für (zunächst) drei Monate getestet werden.
Ich habe dem Projektleiter für die Entwicklung der Siemens-App, David Borst, einige Fragen gestellt:
Herr Borst, grüne Wellen für den motorisierten Individualverkehr, grüne Wellen für den Linienbusverkehr und nun auch noch für den Radverkehr. Bricht da nicht alles zusammen?
Zuerst vielen Dank für die Möglichkeit Ihnen SiBike genauer vorzustellen. Nein, der Verkehr wird nicht komplett zusammenbrechen. Natürlich verschieben sich die Prioritäten im Straßenverkehr und wenn ein Teilnehmer etwas priorisiert wird, verliert ein anderer an Priorität. Daher denken wir bei der Anwendung zuerst an die strategischen Fahrradnetze einer Stadt, wo eine Priorisierung von Fahrradfahrern besonders sinnvoll ist. Wenn eine solche Strecke definiert ist, setzten sich unsere Verkehrsingenieure intensiv mit dem Verkehr auseinander, um einen möglichst reibungslosen Verkehrsfluss zu gewährleisten.
Wie wollen Sie verhindern, dass Autofahrer die App nutzen, um sich freie Fahrt zu verschaffen?
Wir haben eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 25 km/h. Wenn ein Verkehrsteilnehmer schneller fährt wird er nicht priorisiert.
Wie entscheidet die App oder die Signalsteuerung bei zwei „feindlichen“ Verkehren, welcher Radfahrende zuerst Grün bekommt?
Momentan ist erstmals eine Grüne Welle zeitabhängig stadteinwärts (morgens) bzw. stadtauswärts (abends) auf den strategischen Routen geplant. Daher wird der „feindliche“ bzw. querende Verkehr von der App nicht berücksichtigt.
Sie empfehlen Ihre App für Städte einer Größenordnung von 50.000 bis 100.000 Einwohnern. Weshalb sollen Radfahrende nicht auch in kleineren oder größeren Städten in den Genuss der grünen Welle kommen können?
Wir empfehlen die App für jede Stadt, die den Fahrradverkehr aktiv unterstützen möchte. Je nach Stadt würden andere Anwendungsfälle interessant werden, generell ist das Thema aber sicherlich für jede Stadt interessant.
In Bamberg soll Ihre App ab Spätsommer für drei Monate erprobt werden. Wie definieren Sie eine erfolgreiche Testphase?
Wir werden mit der TU München als Partner eine neutrale Beurteilung der Auswirkungen auf die verschiedenen Verkehrsteilnehmer vornehmen. Wenn diese Untersuchungen positiv ausfallen, würden wir das als Erfolgreich definieren.